Richard Leuenberger – ein Lottosechser für das Hotel des Jahres

«Die 100 besten Hotels der Schweiz»: Zum zwölften Mal wurde das Schweizer Hotelrating in Buchform präsentiert. Und alle kamen zum Branchenanlass der Superlative ins Zürcher Luxushotel The Dolder Grand, wo die grossen Gewinner gebührend gefeiert wurden. Als Hotel des Jahres wurde «Badrutt’s Palace» geehrt. Managing Director im St. Moritzer Märchenpalast ist Richard Leuenberger. Als exzellenter Gastgeber und Mann von Welt hat er entscheidend dazu beigetragen, dass das «Palace» wieder Weltklasse ist.

Die 70er-Jahre waren wohl die verrücktesten in der Geschichte von «Badrutt’s Palace». Kein Hotel füllte so oft die Seiten der internationalen Klatsch- und Gesellschaftspresse wie diese unglaubliche Mischung aus Märchenschloss und Engadiner Folklore. Nirgendwo wurden List und Lust, Hass und Frust, Leidenschaften und Liebschaften so zügellos ausgelebt wie im «Palace» mit seinen Zinnen und Türmen. Die atemberaubende Halle mit ihrem wahnwitzigen Stilmix war der berühmteste Laufsteg der Welt. Irgendwann in den späten Achtzigern aber blieben die Stars, auch aus biologischen Gründen, plötzlich weg. Und es fehlte Geld für überfällige Investitionen. Sehr viel Geld. Das «Palace» begann gefährlich zu wanken, es verlor ­seinen Nimbus.



Die Notbremse gezogen
Dann zog Hansjürg Badrutt, Halbbruder des 1998 verstorbenen Andrea, in höchster Not die Notbremse. Vor genau zwanzig ­Jahren flehte er den vielfach ausgezeich­neten Starhotelier Hans Wiedemann an, das «Palace» zu retten. Wiedemann hatte ­Tophotels in Asien und Australien geleitet und nach der Rückkehr in die Schweiz auch dem «Montreux Palace» zu neuem Ruhm verholfen. Nun machte er sich in St. Moritz an die Arbeit. Und wie! Mit Be­­geis­terungsfähigkeit, Dynamik und un­­beug­­samem Willen schaffte er das Un­­mög­liche, gewann das Vertrauen von Banken und Gästen zurück und gab dem «Palace» vor allem eines wieder: die Seele.

Der geniale Schachzug
Überglücklich vermachte ihm der 2016 ­verstorbene, kinderlose Hansjürg Badrutt vor fünfzehn Jahren seine Zweidrittelmehrheit an den «Palace»-Aktien zum Null­­tarif. Es war ein Geschenk im Wert von satten 300 Millionen Franken. Und ein genialer Schachzug, weil es dem Palast die Zukunft als Hotel sicherte. Wiedemanns Gattin Martha, schon als Jugendliche ein «Palace»-Fan, hatte als Repräsentantin und Associate Director von Anfang an im Hotel mitgearbeitet. Tochter Rebecca ab­­solvierte die Hotelfachschule Lausanne, hat bereits Erfahrungen in ausländischen Spitzenhäusern gesammelt und ist jetzt Assistentin des Vaters, der sich vor sieben Jahren als Delegierter in den Verwaltungsrat zurückzog.

Leuenbergers Bescheidenheit 
Zu seinem Nachfolger als operativer Chef und Managing Director ernannte Wiedemann Richard Leuenberger, und der erwies sich als Lottosechser. Der 48-Jährige hatte in den USA, Frankreich und Hongkong hauptsächlich für Four Seasons und als Area Director in fast ganz Asien ge­­arbeitet. In drei Ländern hatte er auch Hotels ­er­­öffnet. Von 2008 bis 2011 war er als F&B-Manager bereits einmal im «Badrutt’s Pa­­lace» tätig gewesen und zeigte sich schon damals tief beeindruckt vom Fa­­milien­spirit, dem Engagement der Mit­arbeiter und der unglaublich vielfältigen Klientel. Zu jener Zeit war es zwar bereits sein Ziel, einmal General Manager zu werden, doch dass sein Traum im weltberühmten «Bad­rutt’s Palace» in Erfüllung gehen könnte, ging dem bescheidenen Leuenberger erst viel später auf.



Furioser Start
Seit seinem Amtsantritt vor sieben Jahren konzentriert sich Leuenberger darauf, Wachstum zu generieren und die Servicequalität weiter zu verbessern. Das ist ihm grandios gelungen. In diesem Zeitraum konnte der Gesamtumsatz des Hotels bis zum Geschäftsjahr 2022/23 um fast 47 Prozent auf 71,7 Millionen Franken gesteigert werden; bei sechseinhalb Monaten Öffnungszeit wohlgemerkt. Im vergangenen Winter ging es weiter bergauf. Und es wird noch besser: Auf die kommende Winter­saison hin werden für sechzig Millionen Franken fünfundzwanzig neue Zimmer und Suiten eröffnet, die in Sachen Luxus kaum zu überbieten sind. Designer war der italienische Stararchitekt Antonio ­Citterio. Der neue Trakt ist durch einen Tunnel sowohl mit dem Hauptgebäude als auch mit dem berühmten eigenen Restaurant Chesa Veglia verbunden.

Ohne Investor im Rücken
Insgesamt konnten seit Wiedemanns An­­kunft in St. Moritz vor zwanzig Jahren 215 Millionen Franken ins Hotel investiert werden. Und das, im Unterschied zu allen andern St. Moritzer Luxushäusern, ohne einen Investor im Rücken. 70 investierte Millionen entfielen allein auf die Zeit von Leuenberger. Mit dem Paradiso Mountain Club & Restaurant gehört seit ein paar ­Jahren auch die wohl exklusivste Berghütte Europas zum «Palace». Das Hotelmonument mit seinen insgesamt elf Restaurants ist wieder Weltklasse und wird von «Forbes» regelmässig als einziges ­Skiresort in der Liste der «World 50 Best Hotels» geführt. Leuenberger hat grossen Anteil an dieser Erfolgsgeschichte. «Was wir zurzeit machen, hätte ich mir bei ­meinem Start nicht vorstellen können», sagt er. «Ich bin stolz auf unser Team und dankbar für den Support des Verwaltungsrates, allen voran natürlich von Hans ­Wiedemann.» Präsident des Gremiums ist der renommierte Churer Rechtsanwalt Jürg Domenig, auch er ein Glücksfall.



Die frühe Faszination für Hotels
Richard Leuenberger und seine vier Brüder wurden in Genf geboren und sind im Em­­mental aufgewachsen. Dort waren seine Vorfahren während mehrerer Generationen als Teigwaren- und Senfproduzenten tätig. Der Urgrossvater war massgeblich an der Etablierung der ersten Teigwaren­linien beteiligt. Der Familienbetrieb in Huttwil arbeitete mit grossen Schweizer Unternehmen wie der Migros zusammen, genoss dank seinen innovativen und qua­litativ hochstehenden Produkten einen hervorragenden Namen – und wurde Anfang 2000 verkauft. Klein-Richard war auf den Reisen mit der Familie schon früh fasziniert von der Atmosphäre in den Hotels. Vor allem die unterschiedlichen Menschen, der Stolz und die Leidenschaft, mit der die Leute bei der Sache waren, be­­eindruckten ihn und weckten in ihm den Wunsch, selbst in dieser dynamischen Branche tätig zu werden.

Wichtige Auslandserfahrung
Die Auslandsaufenthalte nach der Hotelfachschule Lausanne waren für ihn von unschätzbarem Wert, weil sie ihm das ­Verständnis für die verschiedenen Kul­turen und Marktdynamiken ermöglich-ten. Als Area Director in Hongkong etwa er­­lebte er die verschiedenen Entwicklungsphasen und Situationen eines Betriebs aus dem Blickwinkel des Betreibers, des Gastes, des Projektleiters und des Eigen­tümers. «Die internationale Perspektive, die Kombination aus kultureller Sensibi­lität und operativer Exzellenz ist entscheidend für die erfolgreiche Führung eines Hotels mit weltweitem Renommée wie das ‹Badrutt’s Palace›», sagt er.



Unaufgeregt und souverän
Während seiner Karriere gab es viele Persönlichkeiten, die ihn beeindruckt, beeinflusst und begleitet haben. Simon Cooper und Horst Schulze etwa bei Ritz Carlton. Oder Isadore Sharp bei Four Seasons. Sie haben ihm nicht zuletzt gezeigt, wie wichtig es ist, in einem People-Business wie der Hotellerie von Werten nicht bloss zu reden, sondern sie auch vorzuleben. Was er von diesen Leuten, aber auch von vielen seiner Mitarbeiter und Vorgesetzten gelernt hat, hat auch seinen eigenen Führungsstil ge­formt und geprägt. Und der kommt an. Unaufgeregt, souverän und überzeugend reisst er die Leute mit. Im Hotel findet sich denn auch niemand, der ein abschätziges Wort über den Chef fallen liesse. Auch nicht hinter vorgehaltener Hand. «Ein Hotel könnte morgen vielleicht ohne ­Ge­­neral Manager auskommen, aber es könnte nicht öffnen ohne einen Portier, ohne einen Frühstückskellner oder eine Büglerin in der Wäscherei», sagt Leuen­berger. Dessen müsse man sich tagtäglich bewusst sein, wenn man Erfolg haben wolle. 



Einfach war es nicht immer
Richard Leuenberger ist seit fünfzehn ­Jahren mit Vanessa verheiratet, die er während seiner Zeit im «Pierre Hotel» in New York kennengelernt hat. Sie stammt ursprünglich aus Puerto Rico, hat einen Hintergrund in der Hotellerie und einen Abschluss an der Cornell University. Heu­­te ist sie als begeisterte Yogalehrerin und Ernährungsberaterin tätig und führt ihr eigenes Unternehmen. Die zwölf­jährige Tochter Penélope wurde in Samedan ge­­boren, der zehnjährige Sohn Robert in Hongkong. Zur Schule gehen beide in St. Moritz.

«Unser Leben auf verschiedenen Konti­nenten mit insgesamt zwölf Umzügen war si­cher nicht einfach», sagt Leuenberger. «Und das Engagement, das in unserer Bran­­che und in einem Haus wie dem ‹Badrutt’s Palace› erst recht erforderlich ist, wäre ohne die Unterstützung meiner Familie nicht möglich.» Wenn er von seiner Familie spricht, durfte einer nicht ­fehlen: der achtjährige Labrador Patron, der Ende Mai verstorben ist. Er war, durch dick und dünn, der treue Begleiter geblieben, der er schon in Hongkong gewesen war.


Esther und Fabian Zurbriggen oder das Märchen vom Saastal

Esther und Fabian Zurbriggen sind die Schweizer Hoteliers des Jahres.
Kaum irgendwo wird den Gästen ein so unverwechselbares, totales Ferienerlebnis geboten wie im «Wellness & Spa Pirmin ­Zurbriggen» in Saas-Almagell. 

Im Hotel mit dem berühmten Namen schreiben Esther und Fabian Zurbriggen seit bald einem Vierteljahrhundert eine tolle Geschichte.



Viele Erfolgsfaktoren
Das Haus ist nicht bloss im Schweizer Hotelrating seit Jahren ganz vorn, es ist auch hinsichtlich Auslastung top. Gründe dafür gibt es viele. Lage, Service, Freundlichkeit und die Professionalität der vierzig hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht zu überbieten. Ein gelungener Wurf war vor zwei Jahren auch die Übernahme des benachbarten Drei-Sterne-Hotels Monte Moro mit seinen legendären Röstis und Cordon Bleus. Und die sechs Loft-Wellnesssuiten auf zwei Etagen mit eigener Sauna und Doppel-Whirlpoolwanne haben sich zu wahren Rennern entwickelt. Die Suiten, die offiziell mit fünf Sternen geschmückt sind, sollten in erster Linie junge Liebespärchen ansprechen, werden jedoch sehr oft von älteren Paaren gebucht. 

Geniale Ergänzung
Und dann sind da natürlich die Gastgeber selbst, die mit Freude und Liebe bei der Sache sind. «Wir wollen dem Gast das totale Ferienerlebnis bieten, nicht mehr und nicht weniger», sagt Fabian Zurbriggen. Spontan fallen ihm dazu die Schlagworte Spass, Sport und Spiel, Erholung, Sonne und Glück ein. Mit seiner Esther ergänzt er sich perfekt. Sie ist verantwortlich für Personalmanagement und Organisatorisches und ist immer morgens für die Gäste da. Ab zwölf Uhr übernimmt Fabian, der sich vor allem um das Marketing und die Gästekontakte kümmert. Zudem hat er eine Menge Talent als Entertainer und unterhält die Gäste mehrmals pro Woche. «Ich organisiere, Esther kon­trolliert», sagt Fabian. «Der Mix aus unseren Ideen, Fähigkeiten und Neigungen macht 90 Prozent unseres Erfolges aus.»



Gastgeber aus Leidenschaft
Ein Vorteil ist auch, dass beide im Gastgewerbe gross geworden sind, das Gen wurde ihnen gewissermassen in die Wiege gelegt. Dass sie einmal die elterlichen Betriebe übernehmen würden, war für sie immer klar. «Es gibt doch nichts Schöneres, als Gäste zu verwöhnen und ihnen die Ferien zu verschönern», sagt Fabian. Esther arbeitete schon früh im elterlichen Hotel Pirmin Zurbriggen mit, Fabians Eltern hatten einst zwischen Saas-Grund und Saas-Almagell ein Restaurant mit ein paar Gästezimmern. Dort lernten sich die beiden auch kennen.

Mit den Loftsuiten, dem Haupthaus und dem «Monte Moro» verfügt das «Pirmin Zurbriggen» heute über Angebote im Drei-, Vier- und Fünf-Sterne-Segment. Dabei soll es bleiben. Weitere Übernahmen sind kein Thema. «Wenn wir zehn Jahre jünger wären, sähe das natürlich anders aus», sagt Fabian. Jetzt aber freuen sie sich darüber, dass sie gesund und glücklich sind und einen wunderbaren Betrieb führen dürfen. Und dass ihr immenser Einsatz ihnen den Titel Hoteliers des Jahres eingebracht hat.

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