Bis wann gibt es Frühstück?

Bis wann gibt es Frühstück?

Einen solchen Hotelführer haben Sie noch nie gelesen. Der Knapp Verlag in Olten hat ein Buch der «besonderen Art» – eine Untertreibung – veröffentlicht. Elisabeth Hart und Rhaban Straumann (Theaterduo «Hart auf Hart») präsentieren mit «Bis wann gibt es Frühstück?» eine humorvolle, (wort­)witzige, taschenphilo sophische, manchmal flapsige und gewiss einzigartige Tour de Swiss Historic Hotels.


Zwölf Antworten auf die Titelfrage: Sonn­tags in der Regel von 7 Uhr bis längstens 11.30 Uhr; neben der Unterscheidung zwischen Wochentag und Wochenen­de wird auch differenziert zwischen Sommer und Winter oder dem Abreisetag. Keine Früh­stücksordnung herrscht im Schloss Schadau Hotel Thun. Da gibt es «jederzeit» Frühstück.


Wen interessierts? Wozu, weshalb, warum die Früh­stücksallerweltsfrage? Die Antwort findet sich im letzten Kapitel, sozusagen oder quasi im Anhang von «Bis wann gibt es Frühstück?». Trotzdem ist es ein einzigartiges Buch, der neue Hotel­ Reiseführer über zwölf historische Hotels in der Schweiz. Die Schau­spielerin Eli sabeth Hart und der Kabarettist Rhaban Straumann verstehen ihren Text als «Dialog einer (Schweiz­)Reise». So steht es im Untertitel der beson­deren Tour de Swiss Historic Hotels.


Reise zur Erbschaft

Grosseltern schicken ihre Enkelkinder, Bruder und Schwester, auf eine Schweiz­Reise, auf die Spuren ihrer Hoteltouren in jungen, verliebten Jahren. Bruder (lebt in der Schweiz) und Schwester (lebt in Deutschland), so das Versprechen der Grosseltern, könnten mit der Nachreise­Tour eine «beträchtliche Erbschaft» erlan­gen. «Grossvater und Grossmutter waren Reisende, weder Weltenbummler noch Globetrotter … Ihr Credo war, stets nur so weit zu reisen, dass sie in wenigen Stunden wieder zu Hause sein könnten.» Ihr Zuhause hatte «Harry­Pottereske 39 ½ Quadratmeter im Tief­parterre» (oder Souterrain). Der Enkel meint: «Uns war nie klar, ob unsere Grosseltern stets auf Reisen waren, weil sie so wohnten, oder ob sie so wohnten, um stets reisen zu können.» So das Setting.


Yogamatte statt Kettensäge

Die Reise beginnt. Eine Schnitzeljagd durch zwölf historische Hotels der Schweiz. Nicht nach Bergün, an den Enkel­Erinnerungsort zu Familienskiferien «mit schrecklichen Kajütenbetten», sondern ins Hotel Monte Verità (Ascona) führt die erste Etappe: Der «Berg der Utopien» und das Hotel ein «Sanatorium des Geistes».


Spannend, abgehoben, geistreich, spielerisch, manch­mal witzig und blödelnd, irgendwie unfassbar, über­raschend und deshalb inspirierend sind die Dialoge zwischen Bruder und Schwester, die jeweils in einem Doppelzimmer übernachten. So will es eine Spiel­ regel der grosselterlichen Erbschaftsschnitzeljagd. «Er: Hier möchte ich nicht arbeiten müssen. (…) Sie: Ich schon. Ich könnte mir vorstellen, hier mit der Kettensäge zu arbeiten. – Was ist eigentlich das Gegenteil von aufwühlen? Er: Be ruhigen. Sie: Nein, aktiver, gibt es da nichts Aktiveres? Er: Yoga?»


Von Ascona geht es weiter ins Hotel Villa Carona. «Sie: Ist das ein Familienbetrieb? Er: Nein, das kann nicht sein. Sie: Wieso nicht? Er: Die streiten sich nicht.» Die nächste Etappe führt ins Hotel Krafft nach Basel. Da sind nicht Tinguely, Beyeler oder Vitra angesagt, son­dern: «Er: Rheinschwimmen … Sie: Rausschwimmen.»


Geheimsprache im Schlosshotel

Sprache ist der Spielplatz der beiden Erbschafts­Hotel­reisenden. Auch im Schloss Schadau. «Er: Dieses Knarren macht mich ganz ‹stifusinnig›. Sie: Was? Das knarrt nicht, es tönt. Er: Es stöhnt. Sie: Das Schloss spricht. Er: Geheimsprache vermutlich.» Das Schloss scheint die beiden besonders anzuregen. Sie streiten – Schloss oder Hotel? «Er: Schlosshotel, ab jetzt sagen wir Schlosshotel. Also findest du nicht auch, es ist ein bisschen wie wir. Zusammengewürfelt. (…) Sie: Vielleicht sollten wir mal die Definitionen weglassen. Bruder, Schwester, Schloss, Mutter … Nicht danach schauen, was ist, sondern, was es mit uns macht.»


Und vielleicht ist dieser Vielleicht­Satz der Schwester der Schlüsselsatz des Buchs – des Reisens überhaupt. Auf jeden Fall wummern, wuseln und wippen Bruder und Schwester weiter durch einzigartige his torische Hotels in Pruntrut (Auberge du Mouton), Zürich (Markt gasse Hotel), Guarda (Hotel Meisser), Fex/Sils (Hotel Fex), Davos Platz (Berghotel Schatzalp), Flims Waldhaus (Schweizerhof Flims), Flüeli­Ranft (Jugend­stil­Hotel Paxmontana) und Baden (Hotel Blume).


Bock auf Nostalgie

Es ist ein Experiment, das der Oltener Knapp Verlag mit diesem Reiseführer wagt. Ein Reiseführer, bei dem man sich anfänglich etwas verloren fühlt, wie manch­mal beim Reisen. Aufgefangen, aber nie ganz aufge­hoben wird man mit Wortwitzen («Guide Fischelin» im Hotel Blume) und amüsanter Reise taschen philo­sophie. Und wo bleibt die Erbschaft? Die Enkelkinder finden das Erbe ihrer Gross eltern – kein Geld, kein Gold, sondern die «Leichtigkeit durchs Reisen» und «Bock auf Nostalgie» …

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