Das Hotel Maistra160, mitten im Zentrum von Pontresina, baute der renommierte und mehrfach ausgezeichnete, seit 2023 emeritierte ETH-Professor Gion A Caminada aus Vrin. Für seine ausdrucksstarken Bauten brauche er die Nähe zur Natur, zum Ort, den Materialien und den Dingen. Nur so könne er Häuser bauen, die Teil des Ortes werden und Identität stiften.
Als Bettina und Richard Plattner, Engadiner Hoteliers und Unternehmer, ihr neues Hotel in Pontresina planten, hatten sie eine klare Vision und fanden in Gion A Caminada den kongenialen Partner zur Umsetzung ihrer Vorstellung. Was sie wollten, war nicht weniger als ein Haus, das traditionelle Materialien und Methoden mit zeitgenössischem Design verbindet und so einen Ort schafft, der den Menschen einbezieht, ihm Halt, Orientierung und Mehrwert gibt.
Am Anfang jedes seiner Projekte stehe eine Idee, sagt Caminada, doch die Suche danach sei jedes Mal anders. Er habe keine Methode dazu, es sei die Haltung, die zu starken Ideen führe. Er meint: «Traum, Sehnsucht und Gastfreundschaft sind die inhaltlichen Begriffe der Idee von Maistra160. Es soll ein Haus mit einem Angebot sein, das den Aufenthalt der Gäste bereichert und diesen zum freudigen und unvergesslichen Erlebnis werden lässt. Zudem ist das Hotel Maistra160 mehr als ein dem Tourismus gewidmetes Hotel, es ist auch ein Ort für Begegnung und Kultur für Pontresina.»

Das Hotel mit den separaten Lodges weist 36 Doppelzimmer und elf bewirtschaftete Wohnungen auf. Die Hotel-Lounge mit der Rezeption, das Restaurant mit der Bar sowie die kuratierte Bibliothek bieten den Gästen Raum für Genuss, Entspannung und Inspiration. Die grosszügige Spa-Infrastruktur für Wellness, Fitness und Behandlungen belegt zwei Untergeschosse mit Saunas und Dampfbad, Pool und Ruheraum mit Sonnendeck. Fitness-, Yoga- und Gymnastikraum laden zur körperlichen Ertüchtigung und Kontemplation ein, ebenso wie das Atrium mit offenem Feuer, der Kreuzgang im geöffneten Innenhof und die Dachterrasse im ersten Untergeschoss. Die Tradition, auch der Dorfgemeinschaft eine Heimat zu bieten, wird im neuen Haus weitergeführt, das Restaurant, die Creative Box sowie der Pöstlikeller 2.0 für Events und Après-Ski empfangen Einheimische und Hotelgäste für Freizeit und Events.
Das Hotel Maistra160 mit seinem ursprünglichen, reduzierten Stil richtet sich gewollt an eine neue Generation von Gästen. Gäste, die weder Glamour noch ausgedehntes Partyleben suchen, sondern Erholung und Inspiration im hochalpinen Raum. Das hauseigene Deep Health Programm basiert auf dem wissenschaftlichen Konzept der Mind Body Medicine: Techniken wie Meditation, Yoga und Mindfulness-basierte Stressreduktion stehen dabei im Mittelpunkt. Kurse wie Bündner Kreuzstich auf Hirschleder nähen, Mindful Running, mehrtägige Fotografie-Masterclass-Workshops richten sich auch an die Bewohner Pontresinas und Feriengäste im Ort.

Mit Architektur Orte schaffen
Der moderne Kubus an der Via Maistra 160 wirkt auf den ersten Blick ungewohnt
für ein Hotel, streng, fast abweisend, mit seiner Fassade aus Beton und dem dunkelgrauen Naturstein Gneis aus Bodio Nero. Man muss seiner Aufforderung, Architektur neu zu sehen folgen, einen Moment innehalten, das archaische Bild auf sich wirken lassen. Caminada sucht und liebt neben der reduzierten Formensprache die Materialien des Ortes. Gleichzeitig gelingt es ihm, mit seiner Architektur unverkennbare Objekte zu schaffen.
Die bereits aussen sichtbare Konsequenz in der Gestaltung setzt sich in den Innenräumen fort. Die grosse Halle im Eingangsbereich mit der Rezeption, Restaurant
und Bar ist dreigeteilt und mündet beim rückwärtigen Ausgang in die Bibliothek, eine bequeme Lounge und in ein wunderschönes schlichtes Restaurant-Séparée, dem ganz in Holz gestalteten Arvensaal. Es duftet wunderbar nach Wald und Bäumen. Im beeindruckenden hellen Kreuzgang im Spa-Innenhof gibt eine kreisrunde Öffnung in der sieben Meter breiten Decke den Blick zum Himmel frei. Die mit Arvenholz ausgekleideten Hotelzimmer verfügen alle über eine separate, abtrennbare Nische mit grossen Fenstern und einer bequemen Sitzbank, ein intimer Rückzugsort, der die Tages- und Jahreszeiten intensiv erleben lässt. Die von Martin Leuthold und Bernhard Duss gestalteten Zimmerdecken mit Blumenmotiven erinnern an die Belle Epoque der Hotellerie. Jedem Zimmer teilten die Designer eine unterschiedliche, zum grossen Teil einheimische Garten- oder Wiesenblume zu. Dieses virtuos gemalte Herbarium wurde um das fünf- bis zehnfache skaliert, auf Tapetenvlies gedruckt und von Hand appliziert. In den Badezimmern trifft die jahrhundertealte Tradition des Urushi auf modernes Badezimmerdesign. Salome Lippuner perfektioniert die faszinierende japanische Lack-Kunstform. Die Holzpaneele, welche die Waschbecken einrahmen, werden von der Künstlerin in ihrem Atelier in Trogen in der Urushi-Technik von Hand bestrichen und anschliessend auf traditionelle Weise in einem Klimaschrank getrocknet, um die charakteristische Eleganz und Beständigkeit des Materials zu erreichen. Die Trognerin ist eine der wenigen Europäerinnen, die das Urushi-Handwerk beherrschen.
Caminadas Liebe zum Stein ist omnipräsent, ebenso wie die Sorgfalt der Details und die meisterhaft verarbeiteten Materialien. Der Terrazzo in der Halle wurde von Christian Aubry aus Ilanz mit Steinen aus dem Berninagebiet – dazu gehört auch Jade, ein Halbedelstein – hergestellt. Die in Zusammenarbeit mit Lucrezia Zanetti entwickelten Pigmente für die Wandfarben in den elf Maistra-Lodges stammen von Mineralien vom Ofen- und Albulapass, aus dem Val Varusch und von der Lagalb. Im Spa dominiert der Kamin aus Arzo, dem lavaartig gemaserten Marmor aus dem Mendrisiotto. Der Künstler Reto Müller gestaltete die Oberflächen im Dampfbad mit Schmelzbasalt, der aus vulkanischer Lava durch den Erstarrungsprozess zu Basalt wird und später, in einer neuen Aufbereitung, erneut verflüssigt und in Form gegossen wird.

Gion A Caminada, der seit 2023 emeritierte Professor für Architektur und Entwurf, lehrte seit 1998 an der ETH Zürich. Caminada ist bekannt für seine Arbeiten in und um Vrin. Sein vielleicht bekanntestes Werk ist die Totenstube oder Stiva da morts (Wohnzimmer der Toten), die zwischen 1996 und 2002 neben der Kirche von Vrin entworfen und gebaut wurde. Unter den vielen internationalen Auszeichnungen für sein Werk befinden sich auch der Deutsche Kritikerpreis, der Prix Meret Oppenheim wie der Kulturpreis des Kantons Graubünden.
Bautafel
Bauherrschaft: Bettina und Richard Plattner
Direktion Irene und Walter Müller
Architektur Gion A. Caminada
Planung: ARGE Caminada, Stricker
Florale Deckenmotive: Martin Leuthold und Bernhard Duss
Textilien: Bischof Textil
Möbel: Abitare M. Hürlimann AG, Chur
Bad Laufen, Urushi-Lackarbeiten: Salome Lippuner
Gebäudeautomation: Connected Home Lösung Wiser by Feller
