Australische Premiere im Norden von Genf

«Adina» ist eine Hotelmarke mit australischen Wurzeln – und auf energischem Wachstumskurs. Erfolgsrezept auch in der Rhonestadt: hochwertige Studios und Apartments, kombiniert mit Hotelservice und dezentem Down-Under-Feeling.

Die Nummer 511, ein Studio für zwei Personen: Der Blick geht zum «Marriott» auf der anderen Seite der Hauptstrasse, weiter zum Palexpo, zum Kontrollturm des Genfer Flughafens und zu den bewaldeten Jura-hängen. «Interessante Aussicht», sagt Gabriel Urban. Er führt als General Manager das Adina Hotel im Nor-den von Genf. Wer an der Route de Meyrin 125, im ehe-maligen Niemandsland zwischen Stadtzentrum und Airport, ein seelenloses Studiosilo erwartet, muss diese Vorstellung revidieren.


Das «Adina», lebt – und wie: In der 250 Quadratmeter grossen, gemütlichen Lobby beugen sich am späten Vormittag Geschäftsleute über Laptops, Touristinnen und Touristen planen die nächste Shoppingtour und ermattete Eltern lassen die Kids um die Tische toben. Auch am Frontdesk herrscht reges Kommen und Gehen. Im Fitnessraum des ebenerdigen kleinen Spa schwitzen zwei Männer an den Geräten. Das Frühstücksbüffet ist abgeräumt. Wer Durst hat, bedient sich in einem Selfservice-Kiosk, der selbstredend «Honesty Bar» heisst, und lässt den Kauf aufs Zimmer schreiben. «Eine Gastronomie über das Frühstück hinaus zu betreiben, würde hier keinen Sinn ergeben», sagt Gabriel Urban. Jede Menge Restaurants haben sich in der Gegend angesiedelt; vor kurzem wurde das ben achbarte Shoppingcenter mit einem üppigen Food-Court eröffnet.


Konzept für Europa

Das erste «Adina» der Schweiz entspricht einer ab -gespeckten Variante des ursprünglichen Konzepts. «Im Normalfall bieten wir ein Restaurant und einen Pool in der Wellnnesszone», erklärt Matthias Niemeyer, einer der beiden Geschäftsführer von Adina Hotels Europe. «Adina» gehört, wie sechs andere Marken, zur australischen Hotelgruppe TFE Hotels (Toga Far East Hotels). Einwanderer aus Osteuropa hatten das Unternehmen gegründet. Sie waren in Down Under in der Immobilienbranche tätig und erkannten schon in den 80er-Jahren, dass sich schwierig zu vermietende Wohnobjekte renditebringend zu Serviced Apartments umgestalten liessen. «Das ‹Adina›-Konzept wurde extra für Europa erarbeitet», berichtet Matthias Niemeyer.


Die Aussies wollten die Marke ursprünglich «Medina» taufen, schwenkten dann aber auf «Adina» um, was auf Hebräisch «Die Elegante» bedeutet und recht gut passt. Die Mischung: ein Hotel mit sehr hochwertigen Studios und Apartments, Vollservice auf gutem Vier-Sterne-Niveau. «Diese Kombination ist unser Allein-stellungsmerkmal», ergänzt der Entwicklungschef. 2005 wurde das erste «Adina» in Kopenhagen eröff-net. Ende März 2023 ging in Genf das 18. europäische «Adina» an den Start. Am 1. Juli übernahm man zudem das frühere «Joyn» in Wien. «Adina» ist mit 14 Häusern in deutschen Städten vertreten, von Düsseldorf bis Leipzig. Ausserhalb Europas findet sich die Marke in Singapur, Australien und Neuseeland.


Matthias Niemeyer Geschäftsführer Adina Hotels Europe.







Gabriel Urban

General Manager Hotel Adina Genf.








80 Prozent Jahresauslastung im Visier

Sechs Hotelimmobilien gehören dem Betreiber. Das «Adina Genf» ist ein Pachtbetrieb. Franchisen fehlen, weil die Australier das Produkt und die Wertschöp-fungskette nicht aus der Hand geben wollen. Niemeyer sagt, man strebe eine Jahresauslastung von 80 Prozent an. «Die Rentabilität ist dank des Hotelbetriebes höher als bei herkömmlichen Serviced Apartments.» Die Klientel in Genf: Businessleute und Messebesucher und -aussteller, internationale Touristen, erstaunlich viele Familien, allerdings kaum aus der Deutsch-schweiz. Wer mehr als zwei Wochen bleibt, gilt als Longstay-Gast. Er profitiert von günstigeren Preisen, muss aber damit leben, dass die Unterkunft nur zwei-mal pro Woche gereinigt wird.


Drei Besonderheiten: leger, Platz, Zmorge

Beim ersten «Adina» im französischen Sprachraum fallen drei Dinge auf:


1. Australisches Flair: Ganz schön leger

Das Känguru hoppelt zwar durchs Corporate Design. Doch sind es vor allem die Farbgebung und die pragmatische Einrichtung, die für australisches Flair sorgen: erdige Töne, Braun, Beige, mal ein knalliges Gelb oder Schwarz erinnern an Down Under. In der Lobby hängen auffallend bunte australische Bilder. Wie in einer Outback-Lodge knistert ein (gasbetriebener) Kamin. Die total 140 Studios auf zehn Etagen sind auf jene praktische Art eingerichtet, wie man sie in Australien schätzt. Betont leger ist das Outfit der Angestellten: Die Frontdesk-Crew trägt etwa ein weisses T-Shirt, Jeans und ein graues Sakko.


2. Studios und Apartments: mehr Raum für Gäste

Das Studio ist 28 Quadratmeter gross. Zur Ausstattung gehören unter anderem ein hohes Doppelbett, ein Cosy Corner (runder Tisch mit Sitzecke), das Bad mit geräumiger Duschkabine und die Küchenzeile. Letztere hat es in sich: Neben Induktionsherd, Kühlschrank, Geschirrspüler, Mikrowelle/Backofen wartet auch eine kleine Waschmaschine mit Trocknerfunktion. Das Ein-Zimmer-Apartment mit Wohn-zimmer und abgetrenntem Schlafraum hat 37 Quadratmeter, das Zwei-Zimmer-Apartment, in dem eine fünfköpfige Familie Unterschlupf findet, ist 45 Quadratmeter gross.

3. Gastrokonzept: Frühstück als kulinarischer Höhepunkt

Das Zmorge im «Adina Genf» ist für 25 Franken zu haben. Die Auswahl auf dem Buffet entspricht jener eines herkömmlichen Stadthotels im Vier-Sterne-Segment. Schinken, Charcuterie, Käse, Cerealien, Brote – alles da. Und der Koch, der am Mittag die Mit-arbeitenden verpflegt, liefert nach Wunsch küchen-frische Eierspeisen. Später im Tag reduziert sich das kulinarische Angebot im Genfer «Adina» auf Snacks, ein paar Grundnahrungsmittel für die Küche im Zimmer und Getränke vom Selbstbedienungskiosk. Bemerkenswert: General Manager Gabriel Urban legt Wert auf ein Sortiment an Genfer Wein und Bier.


Badehose obligatorisch

«Adina» ist Teil des völlig neuen Quartier de l’Étang mit 900 Wohnungen, sehr viel Büroflächen und drei Hotels – «Adina», «B&B» und «Intercity». Die Investoren ha ben sich Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben; begrünte Dächer, perfekter ÖV-Anschluss, Minergie-Standard, Heizung und Kühlung der Innen-räume mit Seewasser zeugen davon.


«Adina» führt grundsätzlich keine Riesenhotels. «Höchstens 200 Einheiten», sagt Matthias Niemeyer. Der Betrieb in der Rhonestadt liegt mit 140 Studios und Apartments eher unter dem Durchschnitt und folgt dem Slogan der Marke: Wohnen nach Wunsch. Man verzichtet auf Meetingfacilities, nicht aber auf einen Fitnessraum mit Sauna (Badehose obligatorisch!) und Liegebereich.


Auslagern und ausbauen

Gabriel Urban hat eine zwölfköpfige Crew angeheuert, 58 Prozent der Mitarbeitenden sind Grenzgängerinnen und -gänger aus Frankreich. Die Reinigung – grösster Kostenblock im Budget – wurde an eine externe Firma ausgelagert. Auch weil der Aufwand fürs Putzen im Vergleich zu herkömmlichen Hotelzimmern um 70 Prozent höher ist. «Mehr Fläche und die Küchenzeile», räumt Gabriel Urban ein.

Trotz seines jugendlichen Alters von 37 Jahren hat EHL-Absolvent Urban viel Erfahrung in der Hospita-lity-Branche gesammelt. Zudem hatte er als Service-angestellter im «Baur au Lac» in Zürich einst gut Deutsch gelernt. «Auch dank seiner lokalen Vernetzung ist Gabriel ein Glücksfall für uns», meldet Matthias Niemeyer aus der Adina-Zentrale in Berlin. Bis jetzt hat das Aparthotel im Quartier de l’Étang die Erwartungen übertroffen. Niemeyer sucht Standorte für weitere «Adinas» in der Schweiz. Im Fokus sind die grossen Städte. Niemeyer: «Aber wir würden uns auch an ein Projekt in einer Feriendestination ohne ausgeprägte Saisons wagen.»

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