Entwicklung mit Fokus auf den Strategy Fit: Im ersten Teil der Serie haben wir die strategische Ausrichtung des Betriebs beleuchtet und die Wahl des passenden Innenarchitekten für das Hotel-Unikat getroffen. Nun geht es um die entscheidende nächste Phase: die Projektentwicklung. Der Fokus liegt darauf, die Strategie gezielt in den Raum zu übersetzen – spürbar, erlebbar und durchdacht. Das Ziel: make it match!
Üblicherweise werden Entwicklungs- und Projektierungsphasen in der Schweiz nach den Empfehlungen des Schweizerischen Ingenieur- und Architekturvereins (sia) und folgenden Prozessschritten durchlaufen:
Im Rahmen eines Wettbewerbs oder im Vorprojekt (erster Schritt der Projektierungsphase) entwickelt der ausgewählte Innenarchitekt ein Designkonzept, das den Charakter des Hotel-Unikats auf Basis der vorgegebenen strategischen Positionierung widerspiegelt. Das Designkonzept beinhaltet Stimmungsbilder (sogenannter «Mood») für das Hotel, erste Grundrisse der Bereiche, die Materialauswahl, geeignete Visualisierungen (z. B. Sketch-Up-Modelle) und Kostenschätzungen. Während dieser Phase wird das Design mit den Vorgaben des Auftraggebers aus dem Design-Brief abgeglichen und auf Abweichungen (z. B. Budget, Strategie) geprüft und entsprechend revidiert, bis dieses zur Weiterbearbeitung freigegeben werden kann.
Erster Schritt: Musterzimmer
Nach Freigabe des Designkonzepts empfiehlt sich, ein Musterzimmer (Mock-up-Room) zu realisieren, um das Endprodukt «live» zu prüfen, bevor die Serienproduktion startet. Die wesentlichen Vorteile eines Musterzimmers sind:
→ Prüfung der Materialisierung auf deren Qualität und Eignung des Designs im Zusammenspiel von Materialien, Texturen, Licht und Farben, Ambiente
→ Test der betrieblichen Funktionalität des Designs und der Haustechnik sowie der Raumaufteilung zur Minimierung von Fehlern in der Serie
→ Prüfung der Zuverlässigkeit potenzieller Partner und der Qualität von «bespoke»-Elementen in diesem Unikat (es gibt kein zweites Zimmer wie das Musterzimmer)
→ Zeit- und Kostenersparnis durch frühe Erkennung potenzieller Probleme für die serielle Abwicklung
Die Impulse aus dem Musterzimmer fliessen in die Freigabe des Konzepts ein. Im Rahmen des Bauprojekts werden alle Grundrisse des Projekts ausgearbeitet, die Materialisierung und Möblierung Raum für Raum mit Details definiert (siehe Beispiel) und durch ein detailliertes Ausbau- und Möblierungsbudget begleitet. Fotorealistische 3D-Ansichten vom Design der anderen Zonen/Bereiche/Zimmer werden erstellt, um beim Auftraggeber die finale Freigabe zu erwirken. In dieser Phase ist die zentrale Frage meist: Liegt das Designkonzept im Budget oder ist es «too nice to have»?
Beispiele für eine Materialisierung
Zweiter Schritt: Design-to-Cost
Wenn Letzteres eintritt, werden entsprechende Design-to-Cost-Prozesse initialisiert – meist parallel zur Eingabe der Baubewilligung bei der Behörde. Alle Planungspartner werden sodann angehalten, Optimierungen einzubringen, um das geforderte Budget zu erreichen. Für die Ausstattung gibt es unendlich viele Möglichkeiten, um die Budgetziele zu erreichen: hochwertige Alternativen zu besseren Preisen suchen, Alternativen zum vorgeschlagenen Design entwickeln, andere Produktlinie wählen etc.
Das Produkt aus der Design Inspiration vom Innenarchitekten für den Pavillon im Sunstar Hotel Pontresina war eine Leuchte mit sechs Leuchtscheiben, die für einen stark höheren Preis als budgetiert gelistet war (siehes Foto Design Inspiration (1/2)). Unser Beispiel zeigt, wie eine Leuchte «bespoke» entwickelt werden kann, um die Designidee des Innenarchitekten umzusetzen und gleichzeitig Kosten zu optimieren.
Dritter Schritt: Endspurt Richtung Umsetzung
Aufgrund der Budgetvorgaben und abweichender Designvorstellung wurde für das Sunstar Hotel Pontresina ein Alternativprodukt mit reduzierter Materialisierung und Handarbeit in der Produktion entwickelt (siehe Foto Design Intent/Spec (4)), das dennoch die Designvision des Innenarchitekten widerspiegelte. Einsparungen wurden durch die Ausführung der Leuchtscheiben mit einem Klebefurnier (anstelle Massivholz) und einer vereinfachten Aufhängung erreicht. Das «bespoke»-Alternativprodukt mit insgesamt neun Leuchtscheiben pro Leuchte erfüllte die optischen und qualitativen Vorgaben des Designs sowie die technischen Anforderungen des Licht- / Elektroplaners (siehe Foto Ausführungszeichnung (3)). Dieser Schritt entlastete das Ausstattungsbudget um rund 50000 CHF unter Einhaltung des gesuchten Gesamteindrucks in der geforderten hochwertigen Ausführungsqualität.
Im letzten Teil unserer Artikelserie in der Ausgabe 02/26 widmen wir uns der Realisierung des Designs. Für uns ist es die «Königsdisziplin» für die effiziente Umsetzung des jeweiligen Hotel-Unikats.
Die Autorin und der Autor
Seit mittlerweile zehn Jahren prägt Damien Rottet (AEHL 2006) mit seinem Team Hospitality-Immobilien in der Schweiz. Labro – new hospitality bringt Innovation und Expertise in die Branche und begleitet EigentümerInnen in der Entwicklung und Realisierung von Projekten – als Sparringpartner, Bauherrenvertreter und Begleiter. Aus dem Marktbedürfnis etablierte er auch die Firma Gastruum, die sich auf die Umsetzung von Umbauten, Innenausbauten und Ausstattungen spezialisiert hat.
Daniela Fölmli (SHL 2018) begleitet bei Labro die Konzept- und Entwicklungsprojekte. Mit mehrjähriger Erfahrung in der Hotellerie, Gastronomie und Projektentwicklung verstärkt sie das Team seit 2022.