1. Was ist dir spontan von deiner Asienreise in Erinnerung geblieben?
Besonders eindrücklich war für mich die Gegensätzlichkeit in Japan: Auf der einen Seite schrille Cafés, Neon, Lärm, auf der anderen völlige Ruhe in gepflegten Gärten. Dieses Nebeneinander von Laut und Leise, Chaos und Ordnung funktioniert dort ganz selbstverständlich.
Auch der Ideenreichtum hat mich beeindruckt. In einer Gesellschaft mit starkem Konkurrenzdruck entstehen teils skurrile Konzepte: Tiercafés mit Eulen oder Schweinen, Gruselrestaurants oder Lokale, in denen man den Fisch erst selbst angeln muss. Manche Bars setzen sogar auf gezielte Gespräche mit den Gästen – Socializing als Teil des Services.
«Design allein reicht nicht. Ein Raum
muss auch emotional tragfähig sein.»
2. Ein gastronomisches Erlebnis?
Ein Ramen-Restaurant in Tokio hat mich nachhaltig beeindruckt, nicht wegen des Essens, sondern wegen des Systems dahinter. Versteckt im Keller, lange Warteschlange, dann Bestellung am Automaten.
Der Clou: Man isst allein, in kleinen Boxen, komplett abgeschirmt. Bestellt wird über Zettel, kommuniziert mit kleinen Tafeln. Alles nonverbal. Es war seltsam und faszinierend zugleich. Dieses «meditative Essen» widerspricht völlig unserer Vorstellung von Gastronomie, funktioniert dort aber erstaunlich gut.
3. Ein Ort, der deine Sicht verändert hat?
Ein komplett schwarzes Haus in Osaka. Anfangs war ich begeistert: Schwarz in allen Details, minimalistisch und stilvoll. Aber nach wenigen Tagen spürte ich, wie bedrückend das wirkt. Zu wenig Licht, zu wenig Kontraste. Die Erkenntnis: Design allein reicht nicht. Ein Raum muss auch emotional tragfähig sein. Es braucht Balance zwischen Ästhetik und Behaglichkeit.
Schwarzes Haus in Osaka
4. Gab es etwas, das dich für deine Arbeit inspiriert hat?
Definitiv, besonders in Hongkong. Dort ist eine junge, radikale Barkultur im Entstehen. Die Bar «Penicillin» etwa serviert Cocktails ausschliesslich aus Foodwaste. Das Interieur? Weisse Fliesen, Laboratmosphäre, handbeschriftete Flaschen.
Was zählt, ist die konsequente Umsetzung. Haltung, Konzept und Raumgestaltung greifen ineinander. Und das zeigt: Gute Ideen müssen nicht teuer sein, aber glaubwürdig.

Ivo Christow
Head of Design
krucker.swiss