Was denken Studierende der SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern zu Hierarchien in Hotels? Sie formulieren für den «Hotelier» Positives oder Problematisches zu Hierarchien und was sie erwarten.
Julia Katharina Zenk, frisch diplomierte Hotelière-Gastronomin HF
Hierarchiefreie Hotels wirken zunächst als innovativer Ansatz, besonders in einer traditionell eher hierarchisch geprägten Branche. Der Gedanke, dass alle gleichberechtigt Entscheidungen treffen können, fördert die Kreativität und stärkt das Engagement. In der Praxis jedoch führt ein Mangel an Struktur erfahrungsgemäss schnell zu Ineffizienz.
Flache Hierarchien bieten hingegen eine gute Balance: Sie öffnen Raum für Eigenverantwortung und innovative Impulse. Die Kunst liegt darin, Hierarchien so flach wie möglich, aber so strukturiert wie nötig zu halten. Gerade in der Luxushotellerie braucht es klare Verantwortlichkeiten, um höchste Standards zu gewährleisten. Titel sollten daher weniger als Statussymbol, sondern als Zeichen echter Expertise und Verantwortung verstanden werden.
Marc Muff, SHL-Student
Ich sehe das Konzept von hierarchiefreien oder flachen Hierarchien positiv, da es die Kommunikation und die Zusammenarbeit fördern kann. Allerdings ist eine gewisse organisatorische Struktur wichtig, um Effizienz zu gewährleisten. Eine ausgewogene Mischung aus Flexibilität und klaren Strukturen ist ideal. Letztendlich sind Fähigkeiten entscheidend für den Erfolg und diese hängen von den Sozial- und Fachkompetenzen ab. Ein gewisser Titel sagt nichts über die Mitarbeitenden aus, die Qualität der Dienstleistung muss immer im Vordergrund stehen.
Jonas Zindel, SHL-Student
Meine Erfahrungen zeigen, dass flache Hierarchien in Hotels möglich sind. Der Umgang unter Mitarbeitenden sollte von gegenseitigem Respekt geprägt sein, der auf Fach- und Sozialkompetenz beruht, nicht auf Titeln. Flache Hierarchien können die Kommunikation verbessern, Entscheidungswege verkürzen und die Mitarbeitermotivation steigern. Die ideale Flachheit der Hierarchien hängt von verschiedenen Faktoren ab. Titel sind in der Hotellerie weniger wichtig als Fachkenntnisse und zwischenmenschliche Fähigkeiten. Eine Kultur der Anerkennung, basierend auf Leistung und Kompetenz, sollte angestrebt werden.
Chiara Bortis, SHL-Studentin
Ich behaupte, dass ein Hotel mit flacheren Hierarchien ein angenehmeres und familiäreres Arbeitsklima für die Mitarbeitenden schafft. Man hat weniger Hemmungen, seine Anliegen anzusprechen, und kann sich mehr in die Arbeit einbringen. Trotzdem sollten Verantwortlichkeiten immer klar geregelt sein. Je weiter sich die Arbeitszweige jedoch stricken, desto flacher darf es sein. Das schafft eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe.
Was ich in der Realität gesehen habe, ist, dass, wenn die Mitarbeitenden wissen, wofür sie verantwortlich sind, es besser funktioniert und sie viel selbstständiger sind. Es steigert auch die Eigenmotivation, wenn man weiss, man darf sich einbringen. All dies funktioniert aber nur mit einem Team, das gewissenhaft arbeitet und Eigeninitiative ergreift. Bezüglich der Titel sage ich: Sie sind schön und gut, nützen einem aber nichts, wenn nichts dahintersteht. Letztendlich geht es um die Erfahrungen, die jemand mitbringt; darum, welche Verantwortlichkeiten er übernimmt und in welchem Masse er sein Wissen weitergeben kann.
Marisol Boersma, SHL-Studentin
Eine Hierarchie ist ein soziales System, das Zivilisationen seit jeher ordnet, organisiert und kontrolliert. Dabei steht der Chef an der Spitze der Pyramide und leitet die Ebenen darunter. Dieses Modell ist noch heute in Gebrauch und beweist, dass es effizient ist. Es legt klare Rollen und Aufgaben für jeden fest, definiert die Entscheidungsbefugnis jeder Person und ermöglicht es, Entscheidungen schnell und klar zu treffen. Diese Methode hat sich in der Hotellerie als effektiv erwiesen, da eine grosse Gruppe von Menschen organisiert auf ein bestimmtes Ziel hinarbeitet.
Allerdings bringt die Hierarchie auch Nachteile. Die Kommunikation kann leiden, wenn Informationen viele Ebenen durchlaufen und dabei Entscheidungen verzögern oder verfälschen. Innovation kann ebenfalls gebremst werden, da die Entscheidungen oft nur von der Spitze ausgehen, was wenig Raum für andere Ideen lässt. Zusammengefasst: Hierarchie ist zwar nützlich für grosse Organisationen, doch sollten Mitarbeitende aktiv in Entscheidungen einbezogen werden. Nur so kann ein respektvolles und integratives Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem jede Abteilung zum Gesamterfolg beiträgt.
Pashaya Faisaikram, SHL-Studentin
Ein Hotel ohne Hierarchie oder mit fla-chen Strukturen kann die Entscheidungsfindung im Gästeservice verbessern und die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden stärken. Eine gewisse Struktur ist nach wie vor unerlässlich, um Konsistenz und Qualität zu garantieren. Holokratische Modelle ermöglichen mehr Autonomie. Die völlige Abschaffung der Hierarchie kann jedoch zu Rollenverwirrung und Problemen bei der Servicequalität führen. In Hotels sind klare Entscheidungskompetenzen und Verantwortungsebenen erforderlich, da bestimmte betriebliche Entscheidungen Fähigkeiten erfordern, die nur durch Erfahrung und Ausbildung erworben werden können.
Die Hierarchien in Hotels sollten anpassungsfähig, aber nicht völlig flach sein. Funktionen mit Gästekontakt profitieren von weniger Hierarchieebenen, die eine schnellere Reaktion und kollaborative Entscheidungsfindung ermöglichen. Wichtige administrative und betriebliche Funktionen, wie Abteilungsleitende, erfordern jedoch Erfahrung und Kontrolle, um Konsistenz und Markenstandards aufrechtzuerhalten. Eine teilweise flache Struktur mit verteilten Entscheidungsbefugnissen für qualifizierte Mitarbeitende bietet neben der Aufsicht durch leitende Angestellte einen ausgewogenen Ansatz für Autonomie und Qualitätskontrolle.