Ein unglaublicher Zufall wollte es, dass Kurt Rufli Gründer und Managing Director der angesehenen thailändischen Amari Hotels and Resorts wurde. Durch die Talentschmiede des Superstars gingen im Lauf der Jahrzehnte Hunderte von jungen Schweizern. Viele davon wurden selbst zu Stars. Jetzt wird der Mann mit der fantastischen Karriere achtzig.
Von den vielen fabelhaften Geschichten, die Schweizer Hoteliers im Ausland geschrieben haben, ist jene von Kurt Rufli vielleicht die verrückteste. Oder die unglaublichste. Oder die schönste. Dabei deutete anfangs nichts darauf hin. Rufli lernte Koch im Zürcher Hotel «Savoy Baur au Ville» («Das würde ich wieder machen»), dem heutigen «Mandarin Oriental Savoy». Dann entschied er sich für die Hotelfachschule Lausanne und trat 1967 «mit wackligen Englischkenntnissen» in Kapstadt seine erste Stelle an. Für die Ciga-Hotels von Karim Aga Khan in Cervo an der Costa Smeralda auf Sardinien war er danach Financial Controller und erhielt im Jahr 1973 schliesslich einen Job im «Mandarin Oriental Hotel» in Hongkong. Ruflis Karriere schien zu verlaufen wie viele andere auch. Und dann kam alles anders.
Das Märchen begann in Pattaya
Auf dem Weg nach Hongkong wollte Rufli noch ein paar Tage im damals nicht gar so sündigen Pattaya ausspannen und checkte im «Napa Lodge Hotel» ein. An der Bar kam er mit ein paar Leuten ins Gespräch, die sich erkundigten, wohin sein Weg ihn führe. Als sie erkannten, dass das ein junger Schweizer mit Erfahrung in der Hotellerie auf dem Weg zu einem guten Job in Hongkong war, wurden vielsagende Blicke getauscht. Sechs Stunden später war Rufli General Manager des Hotels, an dessen Rezeption er eben noch als Gast eingecheckt hatte.
Grund für den abrupten Szenenwechsel: Die Leute, mit denen sich Rufli unterhielt, waren Manager der Italthai Group. Das Hotel mit seinen 160 Zimmern war kurz zuvor in den Besitz der mächtigen, im Bau-, Öl- und Stahlgeschäft aktiven Gruppe gefallen. Die hatte das Hotel zwar erbaut, war aber nie dafür bezahlt worden. «Das Angebot, das die Italthai-Manager mir dort machten, konnte ich einfach nicht ausschlagen», sagt Rufli und annullierte seine Zusage in Hongkong. «Schöne Frauen, unglaublich nette Leute, wunderbare Strände, schwingende Palmen – it can’t get any better type of thing», erinnert er sich. Es sei glattweg einmalig gewesen für einen jungen Mann aus der Schweiz.
Asiens Hotelier des Jahres
Italthai vertraute Rufli gleich auch das benachbarte Hotel «Orchid Resort» an und fand nicht bloss am ungemein tüchtigen jungen Schweizer Gefallen, sondern auch an der Hotellerie. So wurde Rufli mit dem Aufbau einer Hotelkette beauftragt. Unter dem Namen Amari Hotels and Resorts gründete Rufli eine Hotelgruppe, die mit ihren Häusern im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich schon bald zu den führenden in Thailand zählte. «Travelasia Magazine», das angesehenste Reisemagazin in Fernost, kürte Rufli für diese Leistung 1998 zu Asiens Hotelier des Jahres. Hans Lerch, damals CEO von Kuoni Reisen, bezeichnete seinen Freund Rufli als einen «genialen Hotelier und Manager». Lerch musste es wissen. Er zog einst zur selben Zeit in den Fernen Osten wie Rufli.
Diversifikation in der Industrie
Als sich die Asienkrise Ende der 90er-Jahre hinzuziehen begann, verspürte Rufli nicht die geringste Lust, langjährige Mitarbei-ter zu entlassen und Know-how zu verlieren, das ihm dann beim Konjunkturaufschwung fehlen würde. Er stieg mit einem Franchisevertrag ins Musikgeschäft ein und übernahm kurz darauf im Management die Fabrik der Royal Industries, die Babyartikel herstellte und in fünfundfünfzig Länder vertrieb. Nachdem er dort den Turnaround geschafft hatte, zählte er für die thailändischen Wirtschaftsmedien endgültig zum Kreis der nationalen Topshots.
Als Kurt Rufli 2008 als Managing Director und Aktionär (Rufli: «Nur ein kleiner») bei Amari aufhörte, hinterliess er ein blühendes, hoch rentables Unternehmen mit einer breiten Palette an Management- und Serviceleistungen rund um die Hotellerie. Zwanzig Hotels mit einer Zimmergrösse zwischen vierzig und sechshundert hatte er während seiner Amari-Zeit eröffnet. Unzählige junge Schweizer hatte er nach Bangkok geholt und sie in seiner berühmten Talentschmiede geformt. «Es müssen Hunderte gewesen sein», schätzt Rufli. «Sie haben sich dann über den ganzen Globus verteilt.»
Grosse Namen
Viele sind zu Freunden geworden, mit denen er noch heute den Kontakt pflegt. Adrian K. Müller, Besitzer des Hotels Stern in Chur und Schweizer Hotelier des Jahres 2021, ist einer von ihnen. Er war General Manager im «Amari Airport», ehe er ins «Shangri-La» Bangkok wechselte. Vor seiner überraschenden Rückkehr nach Chur wurde Müller gar als Kronfavorit für den Chefposten im weltberühmten «Mandarin Oriental Bangkok» gehandelt. Ein anderer ist Peter Caprez, Cluster General Manager Marriott Bangkok und Schweizer Auslandhotelier des Jahres 2024. Er hatte im Bangkoker «Airport Hotel» begonnen und eröffnete 1992 als General Manager in Bangkok das «Amari Watergate». Eine tolle Karriere legte auch Pierre-André Pelletier hin. Ihn holte Rufli nach der Hotelfachschule Lausanne zu Amari, wo er sich zum Area Manager hocharbeitete. Heute ist er COO der weltweit tätigen Investmentgesellschaft Orca Holding.
Geniale Menschenkenntnis
Die Liste liesse sich schier endlos verlängern. Weshalb Rufli ausgerechnet das Branchenreservoir in der Heimat angezapft hat, ist klar: «Die Leute hatten gerade die Hotelfachschule abgeschlossen, waren jung, lernbereit, talentiert und steckten nicht im vorgegebenen Korsett von grossen Hotelketten.» Waren sie einmal da, legte er grössten Wert auf Disziplin und korrektes Auftreten. Nicht bloss bei der Arbeit, sondern auch in der Freizeit. «Das war ausgesprochen wichtig für junge Männer, die damals hier ankamen.» Dass sie während sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr abrufbereit sein mussten, versteht sich von selbst. Anzufügen wäre, dass Rufli über eine ausgesprochen gute, ja fast schon geniale Menschenkenntnis verfügte und schnell wusste, ob jemand es in diesem Business zu etwas bringen würde oder nicht.
Keine Mühe mit Loslassen
Als Kurt Rufli als gefeierter, hoch angesehener Gründer und Topmanager von Amari zurücktrat, tat er das so, wie er alles in seinem Leben tat: mit letzter Konsequenz. Er hatte nicht die geringsten Probleme mit dem Loslassen und verspürte keinerlei Lust auf die Pöstchen, die ihm angeboten wurden. Auch wenn sie noch so lukrativ waren. «Ich habe mich total verabschiedet von der Arbeit», sagt er. «Seither bereise ich die ganze Welt, habe Hunderte von Büchern gelesen und kümmere mich um meine Fitness und die Finanzen.» Dass jeder selber schuld sei, der es in Bangkok nicht innert kurzer Zeit zum Millionär bringe, hat man ihm zwar einst in den Mund gelegt. Ganz daneben ist das freilich nicht. Zumindest mit Blick auf frühere Zeiten. Geblieben ist ihm die Liebe zu schönen Hotels. Seine bevorzugten Villen und Resorts findet man unter Nihi.com. In der Schweiz hat er einen klaren Favoriten: Im «Park Hotel Vitznau» stimmt einfach alles.
«Der Weg ist noch lange nicht zu Ende»
«Irgendwie habe ich immer geahnt, dass ich einmal in diesem Teil der Erde leben würde», sagt Rufli, der während neun Monaten im Jahr an der Chidlom Road in Bangkok zu Hause ist. Seit 1998 ist er auch thailändischer Staatsbürger. Am Flughafen Kloten sorgt er jeweils für etwelche Ratlosigkeit, wenn er seinen auf den Namen Kom Roop-Rawin laufenden Pass vorweist. Die restlichen drei Monate verbringt er in der Schweiz und auf Reisen. Das Haus in Zürich, wo seine Eltern einst ein Restaurant führten, hat er wunderschön umgebaut. Die drei Töchter aus der Ehe mit einer Philippinin gingen den umgekehrten Weg. Sie leben in Uitikon, Thalwil und Erlenbach.
Mit seiner heutigen Partnerin, einer Journalistin aus Singapur, ist Rufli seit mehr als fünfundzwanzig Jahren zusammen. «Glücklicher denn je», wie er betont. Und fitter denn je ist er auch: «Vor mir liegt noch ein langer und schöner Weg», sagt er mit Blick auf seinen Achtzigsten. «Gewisse Typen werden halt steinalt.» Und unvergesslich bleiben sie auch. Dank ihres aussergewöhnlichen Lebens und ihrer herausragenden Leistungen.
«Ein grosser Macher»
Adrian K. Müller, heute Eigentümer des Hotels Stern, Chur:
«Ich war 27, und aus Sicht eines jungen Mannes aus der Schweiz war Kurt Rufli der grosse Macher und natürlich Vorbild. Ich vergesse ihm nie, dass er mir die Chance gab, eine internationale Karriere in der Hotellerie aufzubauen. Er ist mir als Hotelier, als CEO und vor allem als Leader in bester Erinnerung. Diszipliniert, akribisch, fokussiert, auch streng, mit klaren Zielvorgaben und Visionen. Und menschlich immer korrekt, grosszügig und empathisch. True leadership in its finest form. Happy 80th birthday, Boss Kurt.»
«Ein wahrer Mentor»
Peter Caprez, heute Cluster General Manager «Marriott», Bangkok und Auslandhotelier des Jahres 2024:
«Kurt Rufli Kurt war einer der wenigen wahren Mentoren in meiner Karriere. In Sachen Organisation, Strukturen, Disziplin und Ausführung war er unübertrefflich. Was ich von ihm gelernt habe, wurde mir erst später klar, als ich selbst mehr Verantwortung übernahm. ‹Grenzen der Autorität› war eines von Kurts Lieblingsthemen. Es gab sogar einen Ordner, in dem unsere jeweiligen Autoritätsgrenzen aufgelistet waren, damit wir als General Manager nicht übertrieben. Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung, das haben wir unter Kurts Führung gelernt. Heute sind wir freundschaftlich miteinander verbunden und lachen herzhaft, wenn wir beim Mittagessen über die Vergangenheit sprechen. Es scheint erst gestern gewesen zu sein, als viele von uns zu einem Buch zu seinem 70. Geburtstag beigetragen haben, das von seiner Partnerin Raini Hamdi herausgegeben wurde. Jetzt gratulieren wir Kurt bereits zu seinem 80. Die Zeit vergeht wie im Flug, wenn man Spass hat. Und ich weiss, dass Kurt diesen Spass hat. Herzlichen Glückwunsch zum 80., Kurt, und noch viele weitere schöne Jahre.»