Der Name eines Hotels sorgt für den ersten Eindruck. Was ist heute ein guter Hotelname? Welche Kriterien muss er erfüllen? Der «Hotelier» hat mit Fabian Messer gesprochen. Er befasst sich seit vielen Jahren erfolgreich mit neuen, aber auch mit «verbrauchten» Hotelnamen, die ein Namelifting brauchen.
«Direktor eines Sechs-Sterne-Hotels», so lautete der Titel eines Schüleraufsatzes, den Fabian Messer in der vierten Klasse geschrieben hat. Die Hotellerie hat den 35-jährigen seither nicht mehr losgelassen. Hoteldirektor ist er zwar nicht geworden, aber die Positionierung von Hotels ist zu seiner Leidenschaft, zu seinem Beruf geworden. Erst in einer Agentur, in der der studierte Wirtschaftspsychologe erfolgreich als Creative Director und Lead Strategist arbeitete. Mit den Jahren entwickelte sich der Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen und dabei vor allem das Kollaborative zu fördern. So machte er sich dieses Jahr selbstständig und spürt seither «den Kitzel der Selbstständigkeit». Als «freischaffender Freigeist» könne er sich mehr Raum geben und widmet sich dem gut angelaufenen Aufbau seiner Firma Ferus Society.
Ein guter Hotelname
«Eine Marke von A bis Z orchestrieren, individuelle Lösungen finden, die nicht nur schön, sondern begreifbar und erlebbar sind», das ist seine Motivation, um Hotels einen neuen Auftritt zu geben. Die Suche beginnt mit der Positionierungs- und Brand-Phase, die schliesslich zu einem neuen Namen führt. «Der Name ist der erste Berührungspunkt», so Fabian Messer. «Er ist Ausdruck des Markenkerns – auch bei einem Hotel». Was ist denn ein guter Name? Wichtig sei, sich von «Standardvorgaben zu lösen». Der Name soll den Kern treffen, auffallen und möglichst einmalig sein, was heute «eine grosse Herausforderung» sei. Er dürfe nicht langweilig sein, soll sich in der Zukunft weiterentwickeln lassen und müsse rechtlich schutzfähig sein, erläutert Messer.
Eine Hotelname muss auch im Stresstest von Internationalisierung, Globalisierung und Digitalisierung bestehen. Unabdingbar ist weiter, dass er sich für digitale Buchungsplattformen eignet, für Google und für eine eigene Domain bzw. Webseite. Kurz sollte er sein. Emotional, selbstverständlich: «Der Name ist der erste Bezugspunkt. Der erste Eindruck beim Lesen oder Hören prägt, regt an oder eben nicht.» Schliesslich lässt sich aus einem guten Namen ein spannendes Storytelling entwickeln, das die Marke weiterträgt.
Ein Label will ich nicht sein
Man merkt, hier spricht ein erfahrener, ja, was eigentlich. Ein Positioner? Ein sprachsensibler Mann, der gerne im Team arbeitet. «Ein Allrounder, der alles kann, bin ich nicht», sagt Fabian Messer von sich. «Ich arbeite immer mit Experten zusammen. Ich bin der Orchestrierer, der Positionierungs-Architekt.» Er spanne gerne den Fächer zu anderen Disziplinen auf, zu Innenarchitektur, Marketing oder Design. «Es geht mir darum, das Kreative mit dem Wirtschaftlichen harmonisch und mit maximaler Wirkung zu verbinden. Dabei arbeitet er gerne im Hintergrund. «Ein Label will ich nicht sein», sagt er.
Naming ist ein Prozess
Vielleicht lassen sich Fabian Messers und seine zurückhaltende, reflektierte Art am besten mit seiner Art und Weise des Arbeitens beschreiben. Er hat den Anspruch und möchte einen «Brand und das Drumherum bauen». So will er ein Erlebnis schaffen, das alle Sinne anspricht und kommerziell erfolgreich sein wird. Er zählt auf «Experience und Transformation». Aus beiden Quellen schöpft er im Strategieprozess, wenn ein neuer Hotelname oder eine neue Hotel-Positionierung entstehen soll. Dabei lässt er sich meistens von der Devise leiten: «Weniger ist mehr».
Einen Namen und damit eine Positionierung für ein Hotel zu finden, dauerte eigentlich drei bis sechs Monate. «Häufig stehen kaum vier Wochen zur Verfügung», berichtet er aus der Realität. Unabdingbar sei jedoch der kollaborative Prozess, vor allem bei inhabergeführten Hotels. In der ersten Prozessphase – idealerweise an einem «anderen Ort» als im Hotel, das neu verortet werden soll – geht es Messer um «die Analyse, das Setting, die Kreativität und um die strategischen Ziele». Der «Brainstorming-Walk» ist ein Instrument, das er dafür gerne und häufig einsetzt und nicht selten Überraschendes ergibt.
Die zweite Phase widmet sich «Wort- und Themenfeldern», die für das Hotel passen. Es wird nach Wörtern gesucht, die das Gesuchte, das Treffende ausdrücken. «Sobald man diese hat, geht man anschliessend zu Synonymen und in verschiedene Sprachen. Daraus leitet man dann den Namen ab. Man kann bildhafte Namen oder abstrakte Namen entwickeln. Die bildhaften Namen sind heute schwieriger, da viele Namen bereits verwendet werden», schildert Messer die Strategiestartphase. Manchmal entstehen dabei Mindmaps mit vielen hundert Begriffen, die anschliessend auf zehn bis zwanzig verdichtet werden. Erfahrungsgemäss gehörten diese bereits zum engeren Feld des Markenkerns. Während des Strategieprozesses ist es Messer wichtig, nie zu fragen: «Was hältst du von diesem oder jenem Namen?» Nie lässt er über einen Namen abstimmen. Entscheidend für ihn sind bei der Transformation und im Storytelling die Antworten auf die Frage: «Was kommt Dir beim neuen Namen in den Sinn?»
Namen-Kern und -Trends
«Ein Name muss den Kern treffen», das war Fabian Messers Antwort auf Frage, ob «Nomen est omen» noch immer gelte. Früher wurde der Kern oft mit geografischen Bezeichnungen getroffen (Bellevue, zur Post, zum Rathaus, an der Aare). Kulturelle, historische und lokale Bezüge haben für ihn weiterhin eine Bedeutung. Aber sie müssen aufgefrischt, zeitgereicht adaptiert werden, da viele Namen «verbraucht», «vergriffen» oder auch «zu häufig verwendet» seien.
Heute sind Hotelnamen häufig kurz, geeignet für den digitalen Gebrauch. «Nicht sehr sexy sind beschreibende Namen», meint Messer. Zu den Trends gehören kreative Namenkonstrukte, (fiktive) Personennamen oder Zahlen. Wichtig ist dem Positionierer, dass Namen in verschiedensten Sprachen ausgesprochen werden können und in keiner Sprache eine negative Bedeutung haben. Der wichtigste Kern und Trend eines Hotelnamens ist Fabian Messer, dass er Träume wachruft.
Fabian Messer
In den letzten zehn Jahren war Fabian Messer Mitglied der Geschäftsleitung der Positioner SA in Lugano. Dort hat er das Unternehmen gezielt international ausgerichtet und es von einer Digitalagentur zu einer Full-Service-Agentur weiterentwickelt. Besonders in den letzten fünf Jahren war er für den Aufbau und Leitung des Bereichs Positionierung und Branding verantwortlich. Seit August dieses Jahres konzentriert sich Fabian Messer auf den Aufbau seiner Firma FERUS Society GmbH. Dabei bringt er jahrelange internationale Erfahrung in der Hotellerie (z. B. Neueröffnung «Schweizerhof» Bern, Marketingverantwortung «Badrutt’s Palace», St. Moritz, Städtehotellerie New York) und im Agenturgeschäft mit ein. Das junge Unternehmen spezialisiert sich auf die Transformation, Positionierung und Vermarktung von Hotelmarken. phg
Political Correctness bei Hotelnamen
Der Name «Hotel Mohren» ist der Klassiker in der Debatte, über die Political Correctness historischer Hotelnamen. Zu finden Mohren-Hotels beispielsweise in Willisau, in Huttwil oder an verschiedenen Orten in der Bodensee-Region: Reichenau, Hagnau, Oberstdorf etc. Wie hält es Fabian Messer mit solchen Namen? Er überlegt lang. Man spürt, wie es mit ihm denkt. Er wischt die Frage aber nicht weg, sondern antwortet: «Das ist ein heikles und sensibles Thema. In diesem Bereich ist im Wandel der Zeit eine neue kulturelle Sensibilität entstanden. Geschichte und Zeitgeist stehen einander gegenüber.» Wichtig ist ihm, dass ein Diskurs geführt und eine Lösung gefunden werde, die den Kontext des betroffenen Hotels und auch betroffene Personen einbindet. Die Geschichte dürfe nicht gelöscht werden. Zugleich befürworte er solche Namen nicht. «Nicht hinsehen, sich nicht damit beschäftigen, geht nicht.» phg