«Hotelier»-Gespräch mit Philippe Alanou, Chef von «AccorHotels Schweiz», über den Schweizer Hotelmarkt, Wachstumspläne, Hotelmarken und neue AccorHotels-Standorte in der Schweiz.
Philippe Alanou führt «AccorHotels Schweiz»: «Zuerst achte ich in einem Hotelzimmer auf Sauberkeit und Geruch. Raucherzimmer sind für mich ein No-Go. Zudem sind mir die Qualität der Betten und eine saubere, gut funktionierende Dusche wichtig.»
Philippe Alanou, was tut der Chef eines französischen Hotelkonzerns (AccorHotels) in der Schweiz ganz konkret? Wie sieht Ihr «Hotel-Alltag» aus?
Für mich ist kein Tag wie der andere! Als COO von «AccorHotels Schweiz» nehme ich eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben wahr. Dazu gehören natürlich operative Verpflichtungen, aber auch repräsentative Funktionen, wie etwa Hoteleröffnungen oder die Beziehungspflege mit Hoteleigentümern und Investoren zwecks Weiterentwicklung der Marke in der Schweiz. Ich bin das Aushängeschild von AccorHotels in der Schweiz und in dieser Position dafür verantwortlich, dass die Vision des Unternehmens realisiert wird.
Sie haben zwar auch Hotels geführt, stammen aber aus dem Finanzbereich. Sie waren u. a. im Controlling und in der Revision tätig. Fühlen Sie sich als Hotelier? Oder eher als Manager?
Es ist zwar richtig, dass ich aus dem Finanzbereich komme. Die Hotellerie liegt mir aber sehr am Herzen! Finanz-Know-how und operative Führung sind zwei Seiten derselben Medaille, und meiner Meinung nach zentral, um eine internationale Hotelkette auf Landesebene zu führen.
Was macht denn Ihren Job bei Accor in der Schweiz so spannend?
Schauen Sie, AccorHotels ist in den drei grossen Sprachgebieten der Schweiz präsent. Die kulturelle Diversität des Landes ist auf jeden Fall ein Highlight. Zudem bin ich begeistert von der Lebensqualität in der Schweiz. Und als passionierter Sport- und Naturliebhaber geniesse ich es, schnell in den Bergen zu sein oder eine Velotour zu unternehmen.
Derzeit führt Accor in der Schweiz 75 Hotels. Sie sind damit die grösste Hotelkette der Schweiz. Was macht die Schweiz für Ihren Konzern so attraktiv?
Die dynamische Wirtschaft mit den vielen internationalen Firmen, aber auch die Lage im Herzen Europas sind grosse Pluspunkte für den Standort Schweiz. Wir betreiben in der Schweiz mehrheitlich Economy-Hotels. In diesem Segment gibt es in der Schweiz eine grosse Nachfrage, was es uns erlaubt hat, schnell zu wachsen. Mittlerweile haben wir eine sehr starke Position.
Sind Sie bei «AccorHotels Schweiz» auch für die zum Konzern gehörenden Marken Swissôtel, Fairmont und 25hours (Beteiligung) verantwortlich – oder nur für die angestammten Accor-Marken wie Ibis, Mercure oder Novotel?
Das operative Tagesgeschäft dieser Marken wird von einer speziellen «Luxe»-Einheit geführt, für das Development in der Schweiz bin ich aber zuständig.
Im Herbst 2018 wurde ein weiteres «Ibis budget»-Hotel in Fribourg eröffnet. Wie viele Ibis-Häuser wollen Sie in der Schweiz noch eröffnen?
Seit 2017 haben wir nicht weniger als acht Ibis-Hotels in der Schweiz eröffnet. Ich sehe aber weiteres Potenzial, und zwar sowohl in den grossen urbanen Zentren wie auch in sekundären Städten. Dank der drei unterschiedlich ausgerichteten Marken Ibis, Ibis styles und Ibis budget haben wir für jeden Ort das passende Hotel.
Wie lautet die aktuelle Wachstumsstrategie von Accor in der Schweiz?
Unsere aktuelle Strategie sieht vor, in den grossen urbanen Zentren der Schweiz weiter zu wachsen und gleichzeitig neue Standorte in sekundären Städten zu erschliessen. Zudem wollen wir neue Marken in der Schweiz einführen, vor allem im Lifestyle-Segment.
Sie geben mir das Stichwort: Mit welchen Accor-Marken möchten Sie denn in der Schweiz unbedingt noch präsent sein?
Mit den vorhin erwähnten «Luxe»-Marken möchten wir noch präsenter werden, vor allem in Zürich, Bern oder Genf. Zudem möchten wir neue Lifestyle-Marken wie Jo & Joe oder Mama Shelter einführen.
Gibt es Standorte in der Schweiz, wo Sie unbedingt noch Hotels eröffnen möchten?
Ja, unser Augenmerk richtet sich derzeit vermehrt auf die sekundären Städte wie St. Gallen, Siders, Biel oder Nyon. Zudem möchten wir wie erwähnt in den grossen Städten mit unseren «Luxe»-Marken noch präsenter werden.
Sie waren 2011 mit der globalen Neuausrichtung der Ibis-Marken beschäftigt. Kurz und gut: Wie lautet die aktuelle Markenbotschaft von Ibis? Was steckt hinter diesem Brand, der in der Schweiz ja bereits stark verbreitet ist?
Die Ibis-Familie besteht wie erwähnt aus den drei Marken Ibis, Ibis styles und Ibis budget. Alle drei Marken sind funktional, zeitgemäss und komfortabel. Darüber hinaus hat jede Marke ihre individuelle Ausprägung. Ibis steht für Modernität, Komfort und Verfügbarkeit. Das beste Beispiel hierfür ist das innovative Bettenkonzept «Sweet Bed» von Ibis. Markenzeichen von Ibis styles sind Kreativität und gute Laune – jedes der Hotels hat seinen eigenen Charme. Und Ibis budget setzt bewusst auf Einfachheit und Qualität – es ist die clevere Budget-Marke.
Thema Franchising. Accor war in der Schweiz eine der ersten Hotelgruppen, die aktiv Franchise-Verträge angeboten hat. Ist das aktuell noch ein Thema?
Generell arbeiten wir hauptsächlich mit Management-Verträgen. In einzelnen Fällen ziehen wir aber auch Franchise-Verträge in Betracht. Im neuen «Ibis styles Lausanne Center MadHouse» ist das zum Beispiel der Fall.
Accor ist vor allem in städtischen Regionen präsent. Planen Sie eine gewisse Expansion in den Berggebieten? Accor-Ferien-Resorts in Zermatt, Davos oder Verbier?
Aufgrund der starken saisonalen Schwankungen sind Berggebiete nicht Teil unseres Kerngeschäfts. Projekte in Feriendestinationen sind aber durchaus denkbar. Solche prüfen wir von Fall zu Fall.
Die digitale Transformation stellt auch für die Hotellerie eine gewaltige Herausforderung dar. Wo im Hotel machen digitale Technologien, Angebote und Services Sinn? Und wo nicht?
Die Digitalisierung soll uns helfen, Entwicklungen und Verhalten der Kunden noch besser zu antizipieren. Drei Bereiche sind für uns hierbei zentral: die Optimierung unseres Loyalitätsprogramms, um unseren Gästen reibungslose und personalisierte Abläufe zu bieten, die Einführung von «Augmented Hospitality» sowie die Interaktion mit unseren Kunden. Im Bereich «Augmented Hospitality» haben wir mit der Einführung der Accor Customer Digital Card (ACDC), einer neuen weltweiten digitalen Kundenkarte, bereits einen ersten Schritt unternommen. Mit der Karte können wir unseren Gästen einen persönlichen Service bieten, egal in welchem Hotel sie übernachten. Und im Bereich Interaktion haben wir den Baby Bot mit dem Namen «Phil Welcome» – eine Referenz an unser Motto «Feel Welcome» – eingeführt. Dieser beantwortet selbstständig Fragen unserer Kunden.
Sie haben es bereits erwähnt. Viele Hotelkonzerne, so auch Accor, setzen bei neuen Hotelprojekten auf Managementverträge …
Wir betreiben zurzeit auf der ganzen Welt rund 2300 Hotels mit Managementverträgen und mehr als 2000 Hotels im Franchise-Modell. Wie Sie sehen, halten sich die beiden Modelle in etwa die Waage.
Ist denn der altbewährte und in der Schweiz stark verbreitete Pachtvertrag ein Auslaufmodell?
Aus unserer Sicht ist das nicht der Fall. Bei «AccorInvest» – der Immobiliensparte von Accor – werden zum Beispiel 567 von 891 Hotels im Rahmen von Pachtverträgen betrieben.
Worin unterscheidet sich Accor deutlich von Mitbewerbern wie Marriott, Hilton oder Intercontinental – abgesehen von den französischen Wurzeln?
AccorHotels verfügt in der Schweiz über eine eigene Organisation für operationelle und Support-Funktionen. Dadurch sind wir näher bei Kunden und Partnern und verstehen ihre Bedürfnisse besser.
Haben Sie Mühe, in der Schweiz geeignete und qualifizierte Mitarbeitende zu finden? Oder anders gefragt: Wie rekrutieren Sie Ihr Personal?
Es ist in der Tat nicht immer einfach, Fachkräfte zu finden. Die Hotellerie- und Restaurations-Branche ist für junge Leute nicht sehr attraktiv. Deshalb legen wir grossen Wert auf die Entwicklung und Förderung der Mitarbeitenden. Zudem bietet AccorHotels dank seiner Grösse und der Präsenz in 100 Ländern viele Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten. Unser Personal rekrutieren wir hauptsächlich via unser Jobportal www.Accorhotels.jobs und via soziale Netzwerke wie Facebook und LinkedIn.
Wie lauten Ihre wirtschaftlichen Prognosen für die Schweizer Hotellerie 2019?
Vor allem der Markt in Zürich wird zunehmend umkämpft mit vielen neuen Hoteleröffnungen und einer grossen Zunahme des Angebots. Gleichzeitig ist die Zunahme von Reisenden der Mittelklasse aus Asien – insbesondere aus China – eine grosse Chance für die Hotellerie. Zu diesem Zweck ist AccorHotels eine Partnerschaft mit Ctrip eingegangen. Dies erlaubt uns, den mehr als 300 Millionen registrierten Nutzern von Ctrip personalisierte Erlebnisse rund um das AccorHotels-Brand-Portfolio zukommen zu lassen. Bis 2020 werden wir Hotels zudem vermehrt in den «Chinese Optimum Standards schulen. Damit stellen wir sicher, dass unsere Hotels die Bedürfnisse der chinesischen Gäste kennen und entsprechend reagieren können.
Zum Schluss ein paar persönliche Fragen. Erstens: Auf was achten Sie besonders, wenn Sie in einem Hotelzimmer absteigen? Und was ist Ihnen im Zimmer besonders wichtig?
Zuerst achte ich auf Sauberkeit und Geruch. Raucherzimmer sind für mich ein No-Go. Zudem sind mir die Qualität der Betten und eine saubere, gut funktionierende Dusche wichtig.
Was sagen Sie zum Vorurteil, Ketten- oder Markenhotels seien anonym und wenig individuell?
Vor zehn Jahren mag das zugetroffen haben. In den letzten Jahren haben sich Kettenhotels jedoch stark gewandelt. Heute bieten praktisch alle Ketten einen personalisierten Service. Bei AccorHotels haben wir diesbezüglich verschiedene Projekte lanciert, um den Aufenthalt der Gäste persönlicher und freundlicher zu gestalten. Mit der «Accor Customer Digital Card» haben wir zudem eine weltweite Datenbank mit Kundenpräferenzen. Und mit dem mobilen Check-in haben wir das Kundenerlebnis deutlich modernisiert: Mehrere unserer Hotels verfügen über keine herkömmliche Rezeption mehr. Stattdessen erfolgt das Check-in in der Lobby oder an der Bar. Damit wollen wir die Barriere zwischen Mitarbeitenden und Gästen abbauen und so das Empfangserlebnis völlig neu denken.
WER IST PHILIPPE ALANOU?
Philippe Alanou ist verantwortlich für die Geschäftsführung des Hotelbetreibers AccorHotels Schweiz. Der 51-jährige Franzose ist seit über 21 Jahren in verschiedensten Funktionen für Accor tätig. Als COO (Chief Operating Officer) ist er Mitglied des Direktionskomitees «Central Europe» für AccorHotels und berichtet somit direkt an dessen CEO (Chief Executive Officer) Duncan O’Rourke.
Seinen beruflichen Werdegang beginnt Alanou 1994 als Finanz-Auditor bei Mazars. 1997 stösst er zur Accor-Gruppe. Sein Weg führt ihn erst in die Unternehmensrevision und dann zum Controlling and Finances. Seine operative Laufbahn beginnt Alanou 2010 in Deutschland als Hoteldirektor des «Novotels Köln».
2011 wird er Projektleiter von «Ibis Megabrand Project» in Paris, wo er erfolgreich die globale Umstrukturierung und Neuausrichtung der Ibis-Marken (Ibis, Ibis styles, Ibis budget) vorantreibt. Im Oktober 2012 wird er Geschäftsführer von Accor Österreich. 2013 war er zudem als Senior Vice President Operations der Marken Novotel und Suite Novotel für die Region Mitteleuropa zuständig. 2014 wird er in München zum Senior Vice President Operations Central Europe der Sparte «Economy & Budget» ernannt.
Philippe Alanou hat einen MA in Betriebsökonomie und Finanzen, erworben an der Essec Business School, und ist Inhaber eines Executive MBA der HEC Business School in Paris.
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