Um ein ganzheitliches Gästeerlebnis zu kreieren, setzt Ivo Christow, Head of Design des Innenarchitekturbüros Krucker Partner AG, auf ein umfassendes Storytelling. Wenn ein Haus eine Geschichte erzählt, wird es seine Gäste nachhaltig begeistern – und auch wiederkommen.
Wenn sich Ivo Christow an die Gestaltung des Interieurs eines Hotels oder Restaurants macht, steht für ihn das Erlebnis der Gäste im Mittelpunkt. Die meisten möchten nicht nur im Restaurant essen oder im Hotel übernachten, sondern ein ganzheitliches Erlebnis erfahren. Dies ist nach Ivo Christow nur möglich, wenn alle Sinne berührt werden. Nur dann bleibt beim Gast etwas hängen – er empfielt es weiter, weil er etwas besonderes erlebt hat. Doch welches Erlebnis kreiert werden soll, ist bei jedem Haus anders und hängt stark von der Zielgruppe ab. So steht zu Beginn jedes neuen Projekts der Austausch mit den Auftraggebenden darüber, welche Zielgruppe angesprochen werden soll. Dabei ist entscheidend, ob der Betrieb sich neu positionieren oder die bestehende Zielgruppe beibehalten will. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, beginnt die eigentliche Spezialität von Ivo Christow: das Storytelling.
Der rote Faden
Das Storytelling ist der rote Faden, der sich durch die ganze Einrichtung – vom Eingangsbereich bis zu den Toiletten – zieht. Ivo Christow erzählt also eine Geschichte, die das gewünschte Gästeerlebnis generieren soll. Und «Geschichte» ist hier nicht metaphorisch gemeint; tatsächlich setzt er sich jeweils hin und schreibt eine Geschichte auf. Häufig ist der Standort des Objekts entscheidend. Wenn sich das Haus beispielsweise in der Nähe des Bahnhofs be findet, bietet sich etwa das Thema Reisen an. Bei tra ditionsreichen Häusern verspricht meist die reiche Historie eine Fülle an möglichen Themen. Manchmal umfasst eine solche Geschichte nur zehn Sätze, manch mal zehn Seiten. Die Idee dahinter ist, dass sich während des Gestaltens etwas in Christows Kopf abspielt.
Bei der Geschichte handelt es sich um ein Transportmittel, um seine Ideen in den Raum zu implementieren. Wenn eine Geschichte hinter der Gestaltung steht, spüren die Gäste das, auch wenn sie die Ge schichte selbst gar nicht kennen – davon ist er überzeugt. Sie sorgt für ein rundes und ganzheitliches Gästeerlebnis.
Das Restaurant wird zum Künstleratelier
Von München nach Zürich
Die Hotellerie und Gastronomie übten schon von früh an eine grosse Anziehungskraft auf Ivo Christow aus. Die Vorstellung, ein eigenes Hotel oder eine eigene Bar zu führen, reizte ihn sehr. Doch schliesslich entschied er sich für ein Studium der Innenarchitektur, um seine kreative Ader auszuleben. Nach dem Studium in München arbeitete er einige Jahre auf dem erlernten Beruf in der bayerischen Hauptstadt. Daraufhin erfuhr er von einem Studiengang, der neu in Zürich angeboten wurde: Szenografie, die sich mit der Inszenierung von Räumen befasst. So kam er nach Zürich.
Als Szenograf designte er hauptsächlich Ausstellungsräume, doch er wollte etwas schaffen, das länger Bestand hat, keine Temporärbauten. So verband er als Selbstständiger die Szenografie mit der Innenarchitektur – diese Kombination macht das Schaffen von Ivo Christow aus. Als er im Jahr 2018 auf eine Stellenausschreibung der Krucker Partner AG stiess, schloss sich der Kreis. Denn das Innenarchitekturbüro ist auf Hotellerie und Gastronomie spezialisiert, und so kann Ivo Christow seine frühe Leidenschaft in sein Berufsleben integrieren.
Sehnsucht nach Offenheit
Mit der Negishi Sushi Bar im The Circle am Flughafen Zürich wurde gerade eines der Projekte von Ivo Christow vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in den Führer «Die schönsten Restaurants, Hotels & Bars» aufgenommen. Ausserdem gewann Krucker Partner damit schon zum zweiten Mal den international ausgeschriebenen LIV Design Award.
Für das Designkonzept verfasste Ivo Christow eine ausführliche Geschichte, die sich schon fast als Filmplot eignen würde. Erzählt wird von zwei Geishas, die sich ineinander verlieben, und einem Künstler, der auf der Suche nach sich selbst ist. Durch die Geschichte zieht sich der Gegensatz zwischen traditioneller japanischer Schönheit und der urbanen Atmosphäre des Nachtlebens.
Die Sehnsucht nach Offenheit und Freiheit bestimmt das Storytelling und wird beispielsweise durch die Verspiegelung im Raum, die eine Art Unendlichkeit schafft, aufgegriffen. Alles steht im Gegensatz zu der eher nüchternen Atmosphäre des Flughafens. Es wurde eine Oase geschaffen, in die man eintaucht, um sich aus dem Alltag auszuklinken – eben ein echtes Erlebnis. Und das widerspiegelt sich auch im realen Betrieb. Seit Tag eins ist das Negshi gut besucht und auch die Mitarbeitenden schätzen es, an diesem Ort zu arbeiten. Die Wirkung muss im Aussen wie im Inneren stimmen.
Ivo Christow
Head of Design
krucker.swiss
Bildnachweis Titelbild: Der offene Hauptraum der Negishi Sushi Bar im Circle am Flughafen Zürich