Chris Rosser über sein neues Aparthotel und die «digitale Dorfstrasse» in Adelboden Der Berner Oberländer Hotelier Chris Rosser gilt als Ausnahmetalent und kreativer Geist. Im Dezember 2021 eröffnet er sein neues Aparthotel in Adelboden. Ein 10-Millionen-Projekt, das 24 Ferienwohnungen mit Hotelleistungen umfasst. Damit nicht genug: Chris Rosser stellt mit seinen (digitalen) Projekten gerade Adelboden auf den Kopf …
Chris Rosser, das alte Hotel Ihrer Eltern wurde abgerissen, es wird jetzt durch den Neubau des Aparthotels ersetzt. Gab es für Sie keine Möglichkeit, das ursprüngliche Hotel weiterzuführen?
Glauben Sie mir, wir haben sämtliche Optionen genau geprüft. Das Resultat: Die Bausubstanz des über 100-jährigen Hauses, der schlechte Baugrund und die schwache Ausnutzung der vorhandenen Fläche haben mir schnell gezeigt, dass nur mit einem Neubau ein Produkt entstehen kann, das den heutigen Bedürfnissen entspricht. Ja, der Entscheid war nicht einfach – haben meine Eltern doch jahrzehntelang ihr ganzes Herzblut in das Haus gesteckt.
Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, mitten in Adelboden ein Aparthotel zu realisieren?
Ich habe die bekannten und klassischen Analysen durchgeführt und versucht, in allen Bereichen ein Projekt für Adelboden zu planen, welches das bestehende Angebot ergänzt und nicht konkurrenziert. Zudem habe ich mir viel Zeit genommen, um zu verstehen, welche Trends und Entwicklungen in den nächsten Jahren auf die Hotellerie zukommen, damit ich die dann bestehenden Bedürfnisse und Erwartungen abdecken kann.
Im Dezember 2021 wird das neue Aparthotel eröffnet. Was sind die Besonderheiten oder Highlights des neuen Hauses?
Wir bieten direkt am Dorfplatz in Adelboden 24 einheitliche Ferienwohnungen mit Hoteldienstleistungen an. Das bedeutet konkret, dass der Gast nur die Übernachtung bucht und sämtliche gewünschten Zusatzleistungen individuell und flexibel je nach Bedürfnis und Wunsch unkompliziert digital dazu buchen kann. Diese Hotelservices sind sehr umfangreich und beinhalten unter anderem Sorglos-Food-Packages, Room-Service und weitgehende Butler-Services. Generell spielt die Digitalisierung eine zentrale Rolle: Das Aparthotel verfügt weder über einen Festnetzanschluss noch über ein Front- oder Backoffice. Ebenfalls gibt es im ganzen Haus keinen Drucker – und es gibt nur den digitalen Zimmerschlüssel. Am 17. Dezember feiern wir mit einem grossen Dorffest mit über 1000 Personen die Eröffnung.
Kann man so ein Aparthotel in Adelboden rentabel oder erfolgreich führen?
Im Prinzip ist die Investition mit 10 Millionen Franken zu hoch. Daher ist die Zins- und Amortisationslast in den ersten Jahren gewaltig. Aufgrund des klaren Konzeptes mit definierten Prozessen kann aber eine gute Marge erwirtschaftet werden. Somit sind ich und meine Finanzierungspartner der festen Überzeugung, dass wir es packen werden.
Wird Sie das Aparthotel zu 100 Prozent beschäftigen, oder ist das beruflich eher ein Nebenschauplatz?
Ich werde im Aparthotel Adelboden mit aller Energie und ganzem Herzen dabei sein, aber keine operativen Aufgaben übernehmen. Dies nicht zuletzt auch, weil ich mir aufgrund der hohen Schuldenlast in den ersten fünf Jahren weder Lohn noch Dividende auszahlen kann.
Welche Zielgruppen sprechen Sie mit dem neuen Aparthotel an?
Im Aparthotel Adelboden werden Menschen glücklich, welche die Freiheiten einer Ferienwohnung mit den Dienstleistungen eines Hotels verbinden möchten. Menschen also, die maximale Flexibilität für ihre individuellen Bedürfnisse schätzen. Es wird nur bezahlt, was auch wirklich genutzt wird. Wohl fühlt sich in der Welt des Aparthotels, wer unkomplizierte, digitale Möglichkeiten schätzt, Mehrwerte liebt und Nachhaltigkeit als wichtig empfindet.
Sie sind Initiant des Projektes «Digitale Dorfstrasse Adelboden». Um was geht es da konkret – und spielt das Aparthotel bei dem Projekt eine gewisse Rolle?
Die Dorfstrasse in Adelboden ist ein Juwel mit hochwertigen lokalen und regionalen Angeboten. Doch auch das erfolgreiche Gewerbe im Berner Oberland hat die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern. Mit einer vom Kanton Bern und vom Bund mit Mitteln der «Neuen Regionalpolitik» (NRP) finanzierten Machbarkeitsstudie wird der Weg zur «Digitalen Dorfstrasse» nun umgesetzt.
Was sind denn die Vorteile dieser «digitalen Dorfstrasse»?
Mit dem Projekt sollen die Bestell- und Bezugsmöglichkeiten für lokale Produkte und Dienstleistungen wesentlich erweitert werden. Das Projekt nutzt neue technologische Möglichkeiten und etabliert zusätzliche Dienstleistungen, um die heutigen und zukünftigen Bedürfnisse der Kunden mit einer geschickten Kombination von bewährter Servicequalität, Gastfreundschaft und modernen technologischen Möglichkeiten zu befriedigen. Es entsteht also viel mehr als ein langweiliger Webshop! Die bestellten regionalen Spezialitäten werden per Post oder direkt an die Haustür geliefert. Es besteht aber auch die Möglichkeit eines Pick-ups in der «Vogellisi-Welt» im neu entstehenden Aparthotel oder in 24-Stunden-Abholboxen.
Wann ist die «digitale Dorfstrasse» in Adelboden Realität?
Das Angebot wird ab dem 17. Dezember 2021 verfügbar sein und dann stetig weiterentwickelt.
Aparthotel, digitale Dorfstrasse: Sie stellen gerade Adelboden auf den Kopf. Schlummern weitere innovative Projekte oder Ideen in Ihrem Hirn?
Vor zwölf Jahren habe ich ein Franchise-Konzept geschrieben und in den letzten Jahren stets verfeinert und verbessert. In Adelboden eröffnet nun der erste Pilotbetrieb des «Mister Cordon». Ein Spezialitätenrestaurant, das ausschliesslich Cordon bleus anbietet. Das Konzept besticht durch dezentrale Food-Produktion, systematische Prozesse, ein ungewohntes Gästeerlebnis und spannende Kennzahlen. Bereits sind elf Absichtserklärungen unterschrieben – es wird also ab 2023 bereits einige Filialen geben.
Sie sind oder waren ja eigentlich Hotelier. Werden Sie denn die Gastgeberrolle auch in Zukunft wieder spielen?
Nun, zurzeit bin ich mit dem Aufbau und der Neuausrichtung von «haar-werk.ch» stark gefordert. Das Engagement ist langfristig, und wir haben viele spannende Pläne und Projekte im Köcher. Ich kann meine Talente und Fähigkeiten optimal einsetzen, und ich will unbedingt beweisen, dass ich auch in einer anderen Branche erfolgreich sein kann. Mein Herz aber schlägt seit der Kindheit für die Hotellerie und Gastronomie – ich werde also mit Sicherheit der Branche treu bleiben, mit dem klaren Ziel, noch einiges zu bewegen.
Chris Rosser, vielen Dank für das Gespräch!
Wer ist Chris Rosser?
Der gebürtige Berner Oberländer absolvierte von 1998 bis 2001 die Wirtschaftsschule Thun und eine KV-Lehre bei der Berner Kantonalbank. Von 2001 bis 2003 holte er an der Berufsmittelschule die Matura II nach. Von 2003 bis 2006 besuchte Chris Rosser die Hotelfachschule Thun. Er arbeitete dann als Junior-Kader im Crowne Plaza in Dubai. Von 2006 bis 2008 machte er zusätzlich eine Kochlehre in Burgdorf. Von 2008 bis 2010 wirkte Rosser als Vizedirektor im Hotel Krebs und im Hotel Weisses Kreuz in Interlaken. 2010 erstellte er im Auftrag der Schiller International University Ingersheim (D) eine Betriebsanalyse und Strategie für den Europäischen Hof (Hotel Europa) in Engelberg. 2011 bis 2015 war er Direktor im «Alpha Thun», wo er zahlreiche Auszeichnungen gewann (u. a. Gesamtsieger «Thunersee-Stern»). Seit 2014 ist Chris Rosser Präsident der Hotelkooperation Frutigland. Von 2015 bis 2018 war er Direktor der Hotels «Krone Thun» und «Schützen Steffisburg».
Chris Rosser ist dipl. Hotelmanager NDS HF. Seine Diplomarbeit zum Thema «Wertsteigerung in der Hotellerie durch Kooperationen im Managementbereich Mitarbeiter» wurde im Juni 2017 mit dem Award «Beste Diplomarbeit» ausgezeichnet. Zudem erhielt Rosser den Spezialpreis der Hotela für den besten NDS-Abschluss. Im November 2019 erhielt Rosser im Rahmen des Fachawards «Hotelier des Jahres» den ersten «Special Award».