Folgen weitere Oetker-Hotels in der Schweiz, Herr Grünert?

Folgen weitere Oetker-Hotels in der Schweiz, Herr Grünert?

«Hotelier»-Gespräch mit Timo Grünert, CEO der Oetker Hotel Collection An der Spitze der Oetker Hotel Collection steht seit Mai 2020 ein Controller: Dr. Timo Grünert führt elf exklusive Luxushotels, darunter berühmte Häuser wie das «Le Bristol Paris». Seit Anfang September betreibt Oetker auch in der Schweiz ein «Masterpiece Hotel»: The Woodward in Genf. Folgen weitere Oetker-Hotels in der Schweiz?

Timo Grünert, Sie sind – im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger Frank Marrenbach – kein gelernter ­Hotelier, sondern Finanzexperte. Wie kommt ein Controller zu diesem Job?


Nun, ich habe meine Laufbahn bei der Oetker-Gruppe als Vorstandsassistent begonnen. Diese Rolle umfasste auch das Beteiligungscontrolling für die damals vier eigenen Hotels der Gruppe. Als Herr Marrenbach vor rund 13 Jahren die Idee zur Oetker Collection entwickelte, um unsere eigenen Hotels zusammenzuführen und das Portfolio um weitere Häuser zu ergänzen, war ich zunächst Sparringspartner. Mit dem Startschuss 2009 wurde ich dann Co-Ge­schäftsführer der Oetker Collection mit dem Verantwortungsbereich Finanzen und Unternehmensentwicklung.

Sie haben Ihre Doktorarbeit zum Thema «Mergers & Acquisitions in Unternehmenskrisen» geschrieben. Konnten Sie von diesem Know-how, das Sie in jungen Jahren erworben haben, in der Covid-Krise profitieren?


Ich würde sagen, das Management in der Corona-Krise war mehr geleitet durch Intuition als durch Know-how. Insbesondere zu Beginn gab es jeden Tag neue Informationen und Entwicklungen, auf die man reagieren musste. Ich bin zum Glück von einem starken Team umgeben, das von sich aus sehr unternehmerisch denkt und handelt. Das hat viele Dinge erleichtert.



Werden Sie als Hotelchef der Oetker Collection in nächster Zeit weitere Hotelperlen übernehmen?


Wir haben uns bei der Oetker Collection ein Versprechen gegeben: Wir fokussieren uns ausschliesslich auf wirklich ausser­gewöhnliche Hotels; auf Häuser, welche die Umschreibung «Masterpiece» wirklich verdienen.



Solche «Masterpiece Hotels» findet man eher selten auf dem Markt.


Richtig, die Suche nach solchen Hotels ist wie eine Suche nach der Nadel im Heu­haufen. Wir halten aber ständig unsere Augen und Ohren offen.



Wie würden Sie denn die Wachstums- oder Expansionsstrategie der Oetker Collection umschreiben?


Mit einem Wort: fokussiert. Wenn Häuser oder Projekte wirklich zu uns und zu unserem Markenkern passen, dann bemühen wir uns um sie. Kompromisse gibt es dabei nicht. Wachstum zum Selbstzweck auch nicht. Und im Hinblick auf neue Standorte orientieren wir uns stark am Reiseprofil unserer heutigen Gäste.



Wie viele Hotels werden in fünf bis zehn Jahren unter der Marke «Oetker» am Markt sein?


Schwer zu sagen. Sicher mehr als heute, aber wahrscheinlich auch nicht mehr als 20. Ein stärkeres Wachstum ist mit unseren Ansprüchen an Qualität und gelebten Werten nicht darstellbar.



Sie haben Anfang September in Genf Ihr erstes Haus in der Schweiz eröffnet: «The Woodward», ein exklusives Suitenhotel. Warum Genf und nur 26 Luxussuiten?


Standort und Grösse des Hotels stehen dabei in einem direkten Zusammenhang. Genf ist nicht nur ein wunderschöner Ort, sondern auch internationales Zentrum für Finanzen und Diplomatie, für Kunst- und Luxusmessen sowie das Zuhause einiger multinationaler Unternehmen. Damit liegt Genf in mehrfacher Hinsicht auf der «Reiseroute» unserer Gäste. Wir würden uns hier aber sicher damit schwertun, 100 oder mehr Zimmer zu füllen. «The Woodward» bietet uns die Gelegenheit, etwas ganz Besonders zu schaffen.



Was erwarten Sie denn vom neuerlichen Markteintritt in der Schweiz?


Wir möchten Reisenden, die beruflich oder privat nach Genf kommen und die der Oetker Collection heute schon verbunden sind, ein neues Zuhause am Genfersee schaffen. Und wir freuen uns natürlich auch über jeden neuen Gast, der die Oetker Collection noch nicht kennt. The Woodward könnte kein besseres Aushängeschild für das sein, für was wir als Collection stehen.



Das Parkhotel Vitznau war ja mal im Besitz der Oetker-Gruppe. Warum hat die Familie Oetker diese Hotelperle am Vierwaldstättersee damals verkauft?


Die Oetker-Gruppe hatte damals konkret über ein grösseres Investitionsprojekt in Vitznau nachgedacht. Aufgrund der Summen, die damals im Raum standen, war es aber herausfordernd, die wirtschaftliche Logik dieses Investments darzustellen. In die Phase, in der das Projekt intern dis­kutiert wurde, fiel dann die Begegnung mit Peter Pühringer, der eine grosse Vision präsentierte und bereit war, diese mit hohen Investitionen zu untermauern. Es wurde dann, auch zum langfristigen Wohl des Hotels, entschieden, das Haus an Herrn Pühringer zu verkaufen.



Peter Pühringer investierte über 270 Millionen Franken in die ­Renovierung des Parkhotels und schuf eine echte «Hotelperle» am See. Heute würde das Parkhotel Vitznau wahrscheinlich perfekt in die Oetker Collection passen. Deshalb können einige Hotelinsider in der Schweiz den damaligen Verkauf nicht nachvollziehen.


Schauen Sie, das Parkhotel Vitznau war immer schon ein ganz besonderer Ort. Ich erinnere mich an Anreisen mit dem Mo­­torboot über den Vierwaldstättersee. Ein zau­berhaftes Szenario! Wahr ist aber eben auch, dass in den letzten zehn Jahren sehr hohe Summen in die Renovierung und Weiterentwicklung des Hotels geflossen sind. Das muss man bei der wirtschaftlichen Beurteilung schon berücksichtigen.



Werden Sie – nach Genf – schon bald weitere Oetker-Hotels in der Schweiz eröffnen?


Im Sinne der soeben erwähnten Logik, dem Reiseverhalten unserer Gäste folgen zu wollen, denke ich unmittelbar an Zürich sowie an den einen oder anderen Wintersportort. Da in diesen Destinationen aber natürlich kein Mangel an schönen Hotels besteht, müssten wir schon etwas ganz Besonderes finden …




Wie würden Sie die aktuelle ­Positionierung der Oetker Collection in wenigen Worten umschreiben? Mit anderen Worten: Wodurch differenzieren Sie sich von top ­Hotelgruppen wie Peninsula, Four Seasons Hotels & Resorts oder Mandarin Oriental?


Ohne die Strategien anderer Hotelgruppen zu kritisieren, würde ich zunächst sagen, dass wir es besonders ernst meinen mit unserem Anspruch, wirkliche «Masterpieces» zu kreieren. Dabei geht es um höchste Qualität und um Einzigartigkeit. Ein Hotel du Cap-Eden-Roc gibt es so nur einmal auf dieser Welt, ein Le Bristol Paris auch. Diese Liste kann ich besten Gewissens um weitere neun Hotels ergänzen, da gibt es wirklich keine Ausreisser.



Nochmals: Wodurch differenzieren Sie sich von anderen Luxushotelmarken?


Kurz gesagt: Die Oetker Collection steht für eine besondere Haltung. Alle Häuser und alle Mitarbeiter teilen drei Grundwerte: familiären Geist, Eleganz und aufrichtige Herzlichkeit. Diese Kombination von Qualität, Einzigartigkeit und Haltung finden sie nicht so oft. Unsere Gäste bestätigen uns das.



Oetker besitzt nur vier der elf Hotels der Collection, so zum Beispiel das Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden. Sie arbeiten also auch auf der Basis von Managementverträgen, zum Beispiel jetzt in Genf. Besitz der Immobilie oder Managementvertrag? Wie lautet da Ihre Strategie?


Wir investieren kontinuierlich in die vier Hotels, die der Gruppe gehören, wachsen aber primär über Managementverträge, wie Sie richtig festgestellt haben. Dabei nehmen wir teilweise aber auch die Rolle des Co-Investors ein.



Sie betreiben Luxushäuser in Städten (London, Paris, Genf), aber auch Resorts in den Bergen (Courchevel) oder am Meer (Karibik, St. Barth). Worin liegt die Gemeinsamkeit dieser Hotels und Resorts?


All unsere Häuser sind «Masterpieces», und in allen geht es um familiäre Werte, Eleganz und aufrichtige Herzlichkeit. Unsere Werte eben!



Hotelkonzerne wie Accor oder Marriott setzen jetzt – nach der eigentlichen Covid-Krise – vermehrt auf die Leisure-Hotellerie, da die Stadthotels besonders stark unter den Folgen der Pandemie litten. Wie ist das bei Oetker?


Da wir nicht die Herausforderung haben, jedes Jahr 100 oder mehr Hotels eröffnen zu müssen, sondern nur eins oder zwei, stellt sich diese Frage für uns nicht. Wir denken bei der Auswahl und der Eröffnung neuer Hotels eher in Dekaden als in Jahren.



Wie haben Sie eigentlich die ­Pandemie bis jetzt überlebt?

Zweifellos war es in den letzten 18 Monaten ein Privileg, Teil einer diversifizierten, finanziell gut aufgestellten und familiengeführten Unternehmensgruppe zu sein. Sofern haben sich glücklicherweise keine existenziellen Fragen gestellt, wenngleich die Ergebnisse natürlich schlecht waren.




Wie laufen die Hotels Ihrer Collection jetzt im Frühherbst 2021?

Wir sind insgesamt zufrieden. Die Häuser in der Karibik und in Südfrankreich laufen gut, in den Metropolregionen dauert die Erholung erwartungsgemäss länger. Aber die Richtung stimmt.



Wagen wir eine Prognose: Wann herrscht im europäischen Tourismus und in der Hospitality-Branche wieder so etwas wie Normalität?

Ich traue mir nicht zu, das für die ganze Branche zuverlässig vorauszusagen. Wir sehen bereits in unserem kleinen Portfolio, in dem alle Häuser im obersten Luxussegment positioniert sind, wie unterschiedlich die Entwicklungen sein können.



Wird Corona die Hotellerie und den Tourismus fundamental verändern? Oder bleibt grundsätzlich mehr oder weniger alles beim Alten?

Ich tendiere bei dieser Frage mittel- bis langfristig eher zu Letzterem. Es gibt si­­cher grosse Trends, welche die Branche in Zukunft beeinflussen werden, aber diese stehen nicht in einem unmittelbaren Zu­­sammenhang zur Coronakrise.




Die Hotels der Oetker Collection wurden kürzlich – innerhalb der Familie – erbrechtlich aufgeteilt. Was heisst das nun für das operative Business?

Unser operatives Geschäft ist durch die Teilung der Gruppe nicht betroffen. Alle Hotels bleiben Teil der Oetker Collection, und auch unsere Strategie bleibt unverändert.



Schlussfrage: Wie kann man heute mit Luxushotellerie, die oft von Mäzenen abhängig ist, satte Renditen oder Gewinne erzielen?

Auf diese Frage antworte ich mit etwas, was wie ein Gemeinplatz klingt, aber keiner ist: Man muss Alleinstellungsmerkmale entwickeln und seine Sache so gut machen, dass Gäste bereit sind, für (Spitzen-)Leistung angemessene Preise zu be­­zahlen und jedes Jahr wiederkommen, weil ihnen ohne den Besuch in einem bestimmten Hotel einfach etwas fehlen würde.


Timo Grünert, vielen Dank für das Gespräch.


Wer ist Timo Grünert?

Timo Grünert begann seine Karriere als Assistent des geschäftsführenden Gesellschafters der Dr. August ­Oetker KG, der Holdinggesell­schaft der Oetker-Gruppe, im Jahr 2005, nachdem er an der Universität Giessen mit einer Dissertation über ­«Mergers & Acquisitions in der Unternehmenskrise» sein Studium abgeschlossen hatte. Im Jahr 2009 war Grünert Mitbegründer der Oetker Collection, basierend auf einem Portfolio von vier renommierten Hotelim­­mobilien der Oetker-Gruppe, darunter das Brenners ­Park-Hotel in Baden-Baden, das Le Bristol Paris, Château Saint-Martin in Vence und Hotel du Cap-Eden-Roc in Antibes.


In den folgenden fast elf ­Jahren hatte Timo Grünert die Position des Co-Ge­schäftsführers und CFO der Hotelgruppe. Darüber hinaus war er für die Entwicklungsaktivitäten des Unter­nehmens und das Wachstum des Hotelportfolios verantwortlich. Im Mai 2020 wurde ­Grünert zum CEO der Oetker Collection befördert. Er trat die Nachfolge von Frank ­Marrenbach an.



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