«Wir eröffnen jeden Tag ein neues Hotel»

Mario Maxeiner, Nordeuropa-Chef der Intercontinental Hotels Group (IHG) Mario Maxeiner ist Managing Director Northern Europe bei der Intercontinental Hotels Group (IHG). In dieser Funktion ist er auch für die elf Schweizer IHG-Hotels verantwortlich. Rolf Westermann, Chefredaktor der deutschen Fachzeitung AHGZ, sprach mit Maxeiner über die aktuelle Wachstumsstrategie von IGH.
Mario Maxeiner, endlich nimmt das Hotelgeschäft wieder Fahrt auf. Wie war der Neustart bei der IHG?

Es ist kein Geheimnis – 2020 war das schwierigste Jahr in der Geschichte unseres Unternehmens und unserer gesamten Branche. Die Reisebeschränkungen waren eine grosse Herausforderung, in Deutschland genau wie in anderen europäischen Ländern. Es gibt so viele Variablen, wenn es um die Erholung des Marktes geht: Grenz­beschränkungen, die Umsetzung des Impfprogramms, Zertifikatspflicht. Keiner kann sagen, wann und ob alles wie vor der Pandemie sein wird. Sicher ist, dass Reisen für viele Menschen einfach mit zum Leben dazugehört. Die Zahlen zeigen klar, dass die Nachfrage sehr wohl vorhanden ist. Und mit der Umsetzung des Impfprogramms, mit mehr Wissen über das Virus und mit der Rückkehr des Vertrauens der Verbraucher rückt die Aussicht auf freies und sicheres Reisen für alle näher.

Wie sieht es insbesondere in den europäischen Stadthotels aus?

Es gibt eindeutig Nachholbedarf bei den Verbrauchern, die wieder verreisen möchten – im Moment vor allem im Inland. Das spiegelt sich in ganz Europa wider. Wir se­­hen, dass gerade jetzt in den Sommer- und Herbstferien verstärkt Buchungen statt­finden. Ausserdem sind Wochenendtrips gefragt, und es werden Feiern gebucht. Nach der Lockerung der Beschränkungen stiegen die Suchanfragen im Internet, und die Buchungen nahmen zu. Eine vollständige Erholung ist natürlich ein längerer Prozess. Die Trends und Daten geben aber guten Grund zum Optimismus. In nächster Zeit sollten auch internationale Reisen wieder möglich sein – darauf freuen wir uns sehr, denn die Hotellerie in Grossstädten lebt vom internationalen Tourismus.

Viele Prognosen sagen, dass es auch in Zukunft weniger Geschäftsreisen geben wird. Was ist Ihre Einschätzung und wie geht IHG damit um?

Es wurde viel über die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auf Geschäftsreisen gesprochen. Unsere Kunden sagen uns, dass sie Geschäftsreisen und persönliche Meetings sehr wichtig finden. Es kann gut sein, dass sich Dinge verändern – einige werden sich zum Beispiel überlegen, ob eine Geschäftsreise für ein zweistündiges Meeting wirklich nötig ist. Es dürfte aber einen Trend hin zur Kombination von Busi­­ness- und Freizeitreisen geben, bei denen Gäste den Aufenthalt privat verlängern. Bei einigen Geschäftsreisen ist alles beim Alten: In Branchen wie Bau, Transport und Pharma müssen die Leute in ihren Berufen nach wie vor von A nach B kommen. In einigen Bereichen konnte IHG seinen Anteil am Firmenkundengeschäft global sogar steigern, besonders im Midscale-Bereich und bei Langzeitaufenthalten. Dazu kommt, dass grosse Unternehmen unsere Marken schätzen und uns vertrauen.




Können hybride Veranstaltungen ­in Bezug auf das Volumen Präsenzveranstaltungen ersetzen?

Hybridveranstaltungen bieten zahlreiche Möglichkeiten. Viele Unternehmen wünschen sich ja persönliche Meetings. Unsere Aufgabe ist es nun, Präsenzveranstaltungen so zu organisieren, dass die Teilnehmer sich sicher fühlen können. Darüber hinaus schaffen wir die technischen Voraussetzungen, dass auch die Online-Teilnehmer die Meetings in unseren Hotels voll nutzen können. In einer Reihe von deutschen Ho­tels bieten wir Meet with Confidence Hybrid Solutions an.



Trotz der Pandemie gibt es eine volle Pipeline: IHG plant derzeit etwa 2000 Hotels weltweit. Ist das Wachstum nicht übertrieben?

Diese Entwicklung zeigt, dass die Eigentümer trotz der aktuellen Herausforderungen weiterhin Vertrauen in unsere Hotelmarken und die Märkte haben. Allein im Jahr 2020 haben wir weltweit fast jeden Tag ein neues Hotel unter Vertrag genommen, und im ersten Quartal 2021 kamen weitere 92 hinzu – mehr als im ersten Quartal 2020. Das bedeutet, dass unsere Planung bei ei­­nem Branchenanteil von 11 Prozent liegt, ge­­genüber 4 Prozent des aktuellen Angebots. In Europa planen wir 160 Hotels, davon 30 in Deutschland, die sich auf Marken wie Kimpton Hotels & Restaurants, Crowne Plaza Hotels & Resorts, Hotel Indigo, voco Hotels, Staybridge Suites und unsere Holiday-Inn-Markenfamilie verteilen.



Ein Wachstumstreiber ist die Marke Voco mit 200 geplanten Hotels in den nächsten zehn Jahren. Was macht die Marke so attraktiv?

Voco ist eine der neuesten Marken von IHG. Tatsächlich wächst die Marke gerade am schnellsten und ist jetzt an mehr als 19 Reisezielen weltweit präsent. Weitere 29 Hotels sind in Planung. Die Marke Voco wurde 2018 in Grossbritannien entwickelt und zunächst in Europa, im Nahen Osten, in Asien und Afrika (EMEAA) eingeführt. Anschliessend expandierte die Marke 2020 in die USA und nach Grosschina und ist bei Gästen wie bei Eigentümern gleichermassen beliebt. Zukünftige Voco-Eröffnungen sind in Deutschland, USA, Ägypten, Italien, Polen, Zypern, Südafrika, Thailand, Singapur, Vietnam und Indonesien geplant.



Wie sieht es mit der Marke Holiday Inn aus? Wird hier auf die Bremse getreten wegen der unsicheren Zukunft des Städtetourismus?

Überhaupt nicht! Unsere Holiday-Inn-Markenfamilie ist nach wie vor die erste Wahl für Gäste und Eigentümer. Holiday Inn wurde kürzlich von US-Verbrauchern in einer Umfrage von Morning Consult zur vertrauenswürdigsten Marke für Reisen ge­­wählt. Weltweit haben vor der Pandemie geschätzt zwei Personen pro Sekunde in einem unserer Holiday Inn Hotels & Re­­sorts, Holiday Inn Express oder Holiday Inn Club Vacations Hotels eingecheckt. Trotz aller Herausforderungen durch Covid-19 entfallen 60 Prozent aller Neu­eröffnungen im Jahr 2020 und die Hälfte aller Vertragsabschlüsse auf die Holiday Inn-Markenfamilie. Die Stärke der Marke belegt auch die Tatsache, dass mehr als 80 Prozent der Holiday-Inn-Express-Im­mobilien während der Pandemie für wichtige Reisen geöffnet blieben.



Derzeit bieten viele Hotels Rabattaktionen an. Kann das gut gehen, und wie verhält sich IHG?

Unsere letzten Kampagnen waren sehr erfolgreich. Wir konzentrieren uns auf re­­le­­vante Kampagnen, die einen Mehrwert oder einen Rabatt zu einem Zeitpunkt bieten, an dem unsere Kunden ihn brauchen.



Schauen wir ein Jahr voraus. Wo wird die Hotelbranche 2022 stehen?

Im Moment konzentrieren wir uns weiterhin auf das Wichtigste: saubere und siche­­re Hotels zu gewährleisten, unsere Eigentümer zu unterstützen und die Nachfrage zu bedienen. Wir werden weiterhin in un­­sere Hotelmarken, Technologie und Kundentreue investieren, damit IHG Spitzenleistung zeigt, wenn die Branche sich weiter erholt. Unsere Wachstumsperspektiven stützen sich auf einen gesunden und lebendigen Sektor, der von einer wachsenden Bevölkerung, steigendem Vermögen in den Schwellenländern und kostengünstigen Reisen beflügelt wird. Vor der Coronakrise erlebte unsere Branche ein Jahrzehnt un­­unterbrochenen Wachstums, wobei der gesamte Reise- und Tourismussektor die Weltwirtschaft übertraf. Das Wachstum der Netto-Systemgrösse von IHG beschleunigte sich durch unsere Investitionen in den letzten Jahren. Für uns bei IHG ist Reisen eine Leidenschaft, und nach und nach werden die Menschen genau das wieder tun. Als Unternehmen und mit unseren Eigentümern arbeiten wir hart daran, die kommende Zeit besser zu gestalten.

Wer ist Mario Maxeiner?



Der neue Managing Director für Nordeuropa bei der Intercontinental Hotels Group (IHG), Mario Maxeiner, verantwortet das nachhaltige und ­langfristige Wachstum sowie die Performance der Franchise-Hotels in Deutschland, Österreich, Schweiz, den Benelux-Staaten, Skandinavien und Polen. Der gebürtige Deutsche war vorher bei der IHG Vice President Commercial in China und ist seit 2015 für die globale Hotelgruppe tätig.


In den vergangenen zwei Jahren leitete er ­strategische Initiativen, um die Performance zu steigern und den Marktanteil der IHG in China zu ­vergrössern. Maxeiner ist Absolvent der HTW Chur und der University of Delaware und bringt insgesamt über 20 Jahre kaufmännische ­Erfahrung in der Hotellerie mit. Er bekleidete 17 Jahre lang bei Starwood Hotels & Resorts ­regionale und globale Positionen.


Zu den IHG-Franchise-Häusern in der Schweiz gehören: die zwei ­Inter­continental-Häuser in Genf und Davos, die zwei Crown-Plaza-Betriebe in Genf-Cointrin und Zürich, die drei 4-Sterne-Hotels Holiday Inn in ­Bern-Westside, Schindellegi-Zürichsee und Zürich-Messe und die drei Häuser der IHG-Marke Holiday Inn Express am Zürcher ­Flughafen, am Genfer ­Flughafen und in Luzern-Neuenkirch.



Quelle & Copyright: AHGZ Deutschland, August 2021. Das hier publizierte gekürzte Interview hat AHGZ-Chefredaktor Rolf Westermann geführt.

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