Beat Imhof ist seit Sommer 2024 Präsident von GastroSuisse. Die rund 22 000 Mitglieder sind Hotels, Foodtrucks, Restaurants oder auch Take-away-Betriebe. Wie hält der Präsident diesen «Gemischtwarenladen» zusammen? Eine Antwort hat er im Gespräch mit dem «Hotelier» auch auf die Frage, wie junge Berufseinsteiger für das Gastgewerbe gewonnen werden sollen. Und was denkt er über eine Fusion von GastroSuisse und HotellerieSuisse?
Beat Imhof, seit einem Dreivierteljahr sind Sie Präsident von GastroSuisse. Was war anders, als Sie es erwartet haben?
Beat Imhof: Völlig anders, als ich es erwartete, war nichts. Die Themen und Aufgaben sind einfach noch breiter und noch komplexer als ich dachte. Es macht aber wirklich grosse Freude. Ich habe mir aber beispielsweise vorgenommen, mein Französisch deutlich zu verbessern, obwohl ich mich gut unterhalten kann. Aber die Sprache ist im Verband sehr wichtig. Da bin ich bereits dran. Italienisch ist auch noch auf der Liste.
Gab es bereits Höhepunkte seit Ihrem dem Start als GastroSuissse-Präsident?
Ich war beeindruckt, welch grosse Resonanz meine Wahl auf der politischen Ebene fand. Das ist für mich ein klares Zeichen für die Wichtigkeit und Wirkung des Verbandes, die er entfalten kann. Dass man plötzlich zu Meetings mit Bundesräten eingeladen wird oder Weihnachtskarten von Bundesräten erhält, zeigt die Bedeutung des Verbandes. Es zeigt aber auch die Durchlässigkeit des politischen Systems Schweiz. Wenn ich Ihre Frage ganz konkret beantworten soll, so waren die politischen Kontakte auf höchster Politik-Ebene Höhepunkte, obwohl ich wusste, dass das dazugehört, war es aber für mich etwas Neues.
Für wen sind Sie eigentlich Präsident? Auf der Webseite von GastroSuisse gibt es verschiedene Akteure, die der Verband repräsentieren will: das Gastgewerbe; natürliche oder juristische Personen, die massgeblich im Gastgewerbe tätig sind; Restaurants; Take-away-Betriebe; Hotels jeglicher Art oder Foodtruck-Betreiber. Ein Gemischtwarenladen?
Ja, der Begriff Gemischtwarenladen fällt mir dazu auch ein. Ich will der Präsident sein, der sein Engagement nach den verschiedensten Bedürfnissen der Verbandsmitglieder ausrichtet. Dabei geht es immer darum, die Rahmenbedingungen, das Image und die Qualität unserer Branche zu steigern und uns zu profilieren. Wir können nicht immer alle Mitglieder glücklich machen, aber wir wollen für alle da sein. Das ist die Challenge.
GastroSuisse und HotellerieSuisse haben zum Teil die gleiche Zielgruppe – Hotels, Beherbergungsbetriebe. Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen beiden Verbänden?
Mittlerweile haben wir einen guten und offenen Austausch. Martin von Moos und ich sind beide ja noch nicht lange im Amt. Ich sehe unsere Arbeit partnerschaftlich und nicht als Konkurrenz. Die Mitgliedschaft im einen oder anderen Verband ist zudem stark von der jeweiligen Mitgliedschaft in der Pensionskasse getrieben: Hotela einerseits und Gastrosocial andererseits. Wenn man einen Unterschied ausmachen will, so sind bei uns sehr viele Selbstständige Mitglied, während HotellerieSuisse eher auch Hotelmanager in seinen Reihen zählt.
Die Dichte von Verbänden im Tourismus-Sektor ist sehr hoch. Ist eine Fusion von GastroSuisse und HotellerieSuisse ein Thema für Sie?
Eine Fusion ist aktuell kein Thema. Inhaltlich aber treiben uns die gleichen Sorgen um: Image, Nachwuchs sowie Aus- und Weiterbildung. Wir arbeiten in diesen Themen gut und nahe zusammen. Gemeinsam haben wir eine grosse Wirkung. Obwohl die Themen gleich gelagert sind, eine Fusion ist derzeit kein Thema. Aber langfristig gesehen, sag niemals nie.
Das Präsidium von GastroSuisse hat im Januar die Trennung von Direktor Pascal Scherrer bekannt gegeben, der seit erst anderthalb Jahren in dieser Funktion tätig war. Die Trennung im «gegenseitigen Einvernehmen» wurde mit einer für solche Situationen klassischen Formulierung begründet: «Es gab unterschiedliche Auffassungen, wie die Geschäftsleitung den Verband leiten und in die Zukunft führen soll.»
Was in der Medienmitteilung steht, ist richtig. Wir wollen jetzt zügig vorwärtsmachen. Wir gehen davon aus, den Direktionsposten in den nächsten sechs bis zwölf Monaten besetzen zu können. Aber vielleicht glückt uns früher ein Lucky-Punch. Wichtiger ist es, die richtige Person zu finden, als zwei Monate früher jemanden zu haben.
Der ausgeschiedene Direktor hatte seine beruflichen Erfahrungen in der Medienwelt gemacht. Wie sieht das Anforderungsprofil für den neuen Direktor oder die neue Direktorin von GastroSuisse aus?
Es soll ein Branchenfreund sein. Es muss nicht zwingend jemand sein, der schon tiefe Branchenkenntnisse hat, aber klar würde das helfen. Verbandserfahrung ist sicher von Vorteil, denn das Geschäft der Verbände funktioniert anders als der Geschäftsalltag. Zudem werden wir für die Assessments mit professionellem, externem Support zusammenarbeiten.
Neuer Präsident, neue Ideen – gilt das auch für Sie? Was will oder muss der Verband anpacken?
Es sind zwei Schwerpunkte, die ich nennen will: Image und Nachwuchsförderung. Das sind Aufgaben, die ich mit den Präsidenten der Kantonsverbände in der Präsidentenkonferenz, der Prä-Ko, voranbringen will. In der Prä-Ko entstehen gute Ideen, zu denen wir uns austauschen müssen. So können wir Kraft entwickeln und die PS auf den Boden bringen. Das Image der Branche sowie der Mangel an Nachwuchs und Arbeitskräften in der Branche hängen eng zusammen. Dieses Problem zu lösen, benötigt Zeit – und ist nicht mit zwei Imagekampagnen gelöst.
Wie wollen Sie diese beiden Kernprobleme der Branche – Image und Personalsorgen – konkret anpacken?
Im Thema Nachwuchsförderung sehe ich drei Felder, in denen wir aktiv werden und Einfluss nehmen müssen, um ein neues Verständnis für unsere Branche zu schaffen: bei den Eltern, bei den Lehrpersonen und bei den Beratenden für die Berufswahl. In der Berufsberatung empfiehlt heute niemand einem guten Sek-A-Schüler eine Lehre in der Gastronomie. Da sind wir gefordert und müssen allen Personenkreisen, die die Berufswahl junger Leute beeinflussen, die positiven Perspektiven der Gastrobranche aufzeigen können. Gastronomie ist eine Chancen-Branche. Ausgebildete Junge haben da beispielsweise die Möglichkeit, früh Führungsaufgaben zu übernehmen. Dazu braucht es Top-Ausbildungsbetriebe und Unternehmen, die junge Führungskräfte gut begleiten und nicht verheizen. Es gibt äusserst viele Beispiele für erfolgreiche Berufsleute, die in unserer Branche tätig sind oder ihren Weg in unseren Berufen den Ursprung genommen hat.
Gastronomie und Hotellerie sind Branchen, die in verschiedenen Politikfeldern gefordert sind. Beginnen wir mit dem Gesamtarbeitsvertrag. Die Verhandlungen sind seit 2019 blockiert. Sie sprachen sich dafür aus, die Blockade zu beenden, gleich wie HotellerieSuisse Präsident. Dazu gibt es die Motion vom Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin aus dem Jahr 2020 «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen». Ettlin verlangt, dass Gesamtarbeitsverträge allgemein verbindlich sind und nicht durch kantonale Bestimmungen unterlaufen werden dürfen. Konkret nennt er Mindestlöhne, den 13. Monatslohn und den Ferienanspruch. Wo stehen wir beim GAV?
Der Bundesrat hatte empfohlen, die Motion abzulehnen. Stände- und Nationalrat trugen unseren Anliegen Rechnung und überwiesen die Motion 2022 gegen den Willen der Regierung. Der Ball liegt jetzt beim Bundesrat. Er muss einen Vorschlag für die entsprechenden gesetzlichen Anpassungen vorlegen. Wir dürfen hoffen, dass das Thema bald auf der Tagesordnung des Parlaments erscheint. Neben Mindestlohn, 13. Monatslohn und Ferienanspruch gibt es noch andere Themen, die besprochen werden sollen. So beispielsweise müsste der GAV in seiner Komplexität reduziert und damit Bürokratie abgebaut werden. Hauptsache ist, dass man sich, parallel zur Politik im Bundeshaus, endlich wieder mit den Gewerkschaften an den Tisch setzt, sonst kommen wir nicht weiter. Bei uns werden die Kantonalpräsidenten in der Prä-Ko über die Aufhebung des GAV-Moratoriums beschliessen.
Nicht blockiert, sondern gescheitert sind die Verhandlungen zu den Mindestlöhnen für das Jahr 2025. Ein Schiedsgericht hat Mindestlöhne festgelegt und sprach sich für eine Erhöhung von 1,1 Prozent aus, was ungefähr dem Teuerungsausgleich entspricht. Definitiv kein Erfolgsausweis für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Branche.
Dass man sich nicht finden wird, war abzusehen. Die Forderungen der Gewerkschaften waren einfach zu hoch und schlussendlich musste das Schiedsgericht entscheiden. Die Kostensituation in der Branche hat sich massiv verschärft. Als Arbeitgeberverband vertreten wir unsere Mitglieder, viele Betriebe kämpfen um ihre Existenz. Es kann nicht im Sinne der Gewerkschaften sein, dass noch mehr Betriebe schliessen müssen. 2025 wird weiterverhandelt – wie jedes Jahr. Es ist mir wichtig zu sagen, dass der grösste Teil unserer Mitarbeitenden nicht für Mindestlöhne arbeitet. Der Markt spielt und ist ganz klar ein Arbeitnehmermarkt. Die Mindestlohn-Diskussion lenkt eher ab von der Realität. Denn für die Mitarbeitenden sind zusätzlich zu einem angemessenen Lohn andere Dinge wichtig, die Wertschätzung oder das Mitgestalten bei den betrieblichen Aufgaben.
Das Trinkgeld soll steuerbefreit werden, ist eine andere politische Frage, die gerade diskutiert wird. Wo GastroSuisse steht, ist kaum eine Frage?
Ich gebe gerne und grosszügig Trinkgeld. Sicher, die Haltung von GastroSuisse ist klar. Wir wollen, dass das Trinkgeld steuerbefreit wird. Die aktuelle Praxis ist zwar gut, es besteht aber keine Rechtssicherheit. Die Löhne sind auch durch höhere Abgaben unter Druck. Die Motion von Mitte Nationalrat Vincent Maitre ist ein pragmatischer Ansatz, der unsere Branche und nach einer Anpassung des Vorstosses auch alle anderen Trinkgeldbranchen entlasten soll.
Der Mehrwertsteuer-Sondersatz von 3,8 Prozent soll auf den Normalsatz von 8,1 Prozent gehoben werden. So schlägt es die Expertengruppe Gaillard vor, die Neueinnahmen oder Einsparungen für den Bundeshaushalt vorschlägt. Das sehen Sie bestimmt anders.
Klar, 3,8 Prozent sollen bleiben. Das ist für die Branche wirklich sehr wichtig. Wir werden uns dafür bei den Parlamentsmitgliedern einsetzen.
Die Gaillard-Gruppe schlägt weiter vor, die Förderung von Verbandsmedien einzustellen. Davon wäre auch das Gastro Journal betroffen.
Das ist richtig. Printmedien sollen wohl durch mehr Online-Präsenz ersetzt werden. Wir sehen die Gefahr, dass es schwieriger wird, die Mitglieder über Aktualitäten, Vorschriften und Verbands-News zu informieren. Magazine liegen auf dem Tisch und werden gelesen. Newsletter rasch gelöscht oder gar nicht geöffnet. Wir werden uns für den Status quo einsetzen.
Das Verhältnis Schweiz-EU steht aufgrund des ausgehandelten Kooperationsvertrages ganz oben auf der politischen Agenda. Welche Bedeutung messen Sie diesem Vertrag bei?
Für uns ist dieses Verhältnis sehr wichtig. Die Gastrobranche ist auf den europäischen Binnenmarkt und die möglichst einfache schweizerische Teilnahme daran angewiesen. Wir brauchen den freien Personenverkehr, um Arbeitskräfte für die Gastronomie zu rekrutieren. Zugleich ist es unbedingt nötig, mehr Leute im Inland für die Arbeit in unseren Betrieben zu motivieren. Da bietet Teilzeitarbeit, die in unserer Branche häufig angeboten wird, gute Möglichkeiten.
Formulieren Sie zum Schluss bitte einen Werbespot für GastroSuisse. Wie soll der
Verband wahrgenommen werden?
GastroSuisse will für die grösste Gastgeber-Branche selber ein herzlicher Gastgeber sein. Mit offener Tür und klarem Plan, was für die Mitglieder erreicht werden soll.
Beat Imhofs vielfältige Kürzest-Biografie
Bevor Beat Imhof im letzten Juni das Präsidium von GastroSuisse übernahm, eine Vollzeitaufgabe, war er seit 2018 CEO des Casinotheaters Winterthur. Ursprünglich absolvierte er eine Kochlehre im Landgasthof Löwen in Riffenmatt und bildete sich zum Eidg. Dipl. Küchenchef PL/HFP weiter. Zudem hat er einen Master in General Management der EMAB Hochschule Luzern. Seine bisherigen beruflichen Tätigkeiten sind facettenreich, wie eine kleine Auswahl zeigt: operativer Leiter der Grimselhotels; Küchenchef im Schweizerhof, Bern; Executive Küchenchef im Grand Hotel in Oslo; Geschäftsführer SV dine&sine Event & Catering oder Dozent und Prüfungsexperte in den Bereichen Catering / Eventmanagement. Beat Imhof ist verheiratet und hat zwei Kinder, eine Tochter (17) und einen Sohn (15). phg
Hotelfachschule Zürich: Ihre Zukunft hängt von drei Lösungen ab
GastroSuisse, Träger und Betreiber der Hotelfachschule Zürich, hat dem Unternehmen aus finanziellen Gründen im letzten Jahr den Stecker gezogen. Greift der Rettungsplan für die Ausbildungsstätte, über den der Hotelier im Herbst berichtete? Wo stehen die Zukunftsüberlegungen? Oder steht die Hotelfachschule vor dem definitiven Aus?
Beat Imhof: Wirtschaftlich funktionierte die Hotelfachschule Zürich nicht. Unser Zwischenhalt ist deshalb sehr gut, auch wenn es einen Aufschrei gab. Momentan führen wir interessante Gespräche auf verschiedenen Ebenen. Es sind noch viele Optionen offen. Die Zeit ist wichtig, aber nicht das Entscheidende. Entscheidend ist, dass wir es bei einem neuen Anlauf richtig machen.
Was bedeutet «richtig machen» konkret?
Bei einer neuen Hotelfachschule wäre GastroSuisse ganz sicher nicht die alleinige Trägerin und würde nicht die operative Führung übernehmen. Es richtig machen heisst, dass wir eine neue Trägerschaft brauchen, beispielsweise mit einer Stiftung oder einer AG. Die Schule braucht ein neues Konzept. Da müssen unbedingt erfahrene Experten mitwirken.
Es gab die Idee, dass die Schule zu einem Campus ausgebaut und weiterentwickelt werden könnte. Wie geht es dieser Idee?
Die Campus-Idee, verbunden mit einer Internationalisierung der Schule, steht im Zentrum des neuen Planes. Die Realisierung muss allerdings noch grosse Hürden schaffen. Es laufen beispielsweise Gespräche mit der Stadt.
Wie beurteilen Sie die Erfolgschancen dieser Gespräche mit der Stadt Zürich?
Es sind sehr konstruktive Gespräche. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Das ist aber nicht die einzige grosse Hürde. Es müssen Lösungen für drei Themen gefunden werden: für Studentenzimmer (Campus), für ein überzeugendes Bildungskonzept und eine nachhaltige Betriebsform mit der entsprechenden Finanzierung. Im Moment wird intensiv an der Machbarkeit des Projekts gearbeitet. Nur wenn Antworten in all diesen Themenfeldern vorliegen, können wir ein tragfähiges Konzept realisieren, was wir für die Branche und auch für GastroSuisse natürlich hoffen.
Mindestlöhne im Gastgewerbe steigen um 1,1 Prozent
Es war ein Schiedsgericht, das die Mindestlöhne für 2025 festlegen musste. Die Verhandlungen der Sozialpartner dazu waren gescheitert. Die Erhöhung entspricht der durchschnittlichen jährlichen Teuerung von 1,1 Prozent. Folgende Mindestlöhne (brutto p.M.) gelten seit dem 1. Februar 2025 oder ab der Sommersaison 2025:
Kat. Ia (ohne Berufslehre): Fr. 3706.–
Kat. Ib (ohne Berufslehre mit Progresso-Attest): Fr. 3935.–
Kat. II (mit eidg. Berufsattest o. ä.): Fr. 4062.–
Kat. IIIa (mit eidg. Fähigkeitszeugnis o. ä.): Fr. 4519.–
Kat. IIIb (mit eidg. Fähigkeitszeugnis und Weiterbildung): Fr. 4626.–
Kat. IV (mit Berufsprüfung): Fr. 5282.–
Praktikanten und Praktikantinnen: Fr. 2385.–