Die Bezeichnung Grand oder Palace Hotel war in der Schweiz nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 80er-Jahre ein nicht unproblematisches Label. Das änderte sich erst mit der 1984 gegründeten Hotelgruppe Club Grand Hôtel & Palace und dem Giessbach Grandhotel des Umweltschützers Franz Weber. Hans-Ueli Gubser ist seit der Gründung Club-CEO. Mit ihm blicken wir in die Anfänge des Clubs, auf seine Schätze in der Basler Geschäftsstelle und die schwierige Zukunft.
Die Hotelgruppe Club Grand Hôtel & Palace …
– macht es sich zu seiner Aufgabe und hat das Ziel, die Grand- und Palace Hotels, insbesondere in der Schweiz, der Nachwelt zu erhalten.
– hat den Zweck, die Namen Grand Hôtel bzw. Palace wieder salonfähig zu machen. Er will sie von Neuem zum Markenzeichen der Qualität der Hotellerie machen.
– hat zum Ziel, alle bestehenden und ehemaligen Grand- und Palace Hotels in der Schweiz in freundschaftlicher, nicht kommerzieller Art als Mitglieder aufzunehmen.
– baut eine Sammlung historischer sowie aktueller Dokumente und Gegenstände über alle bestehenden und verschwundenen Grand- und Palace Hotels auf.
Mit diesen vier Zielen wurde die Hotelgruppe 1984 gegründet. Warum war es notwendig, den Club vor 40 Jahren zu gründen? Hans-Ueli Gubser, CEO des Club Grand Hôtel & Palace, ist seit Anfang an dabei und erinnert sich im Gespräch mit dem «Hotelier»: «Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Grand und Palace Hotels ein Imageproblem – Plüsch, Schöne und Superreiche, Krawattenzwang, kinderunfreundlich, steif waren gängige Vorurteile. Das zu ändern, war unser Plan. Denn bis dahin hatten in der Schweiz über 50 Grand Hotels ihren ehrwürdigen Namen fallen gelassen.»
Wende dank Grandhotel Giessbach
Die atmosphärische Wende brachte zudem die Rückbenennung des Parkhotels Giessbach in Grandhotel Giessbach durch den Umweltschützer Franz Weber. Mit einer Spendenaktion (1983) erwarb die von ihm gegründete Stiftung «Giessbach dem Schweizervolk» die Liegenschaft Giessbach und liess das traditionsreiche, aber verfallene Hotel bei den Giessbachfällen unter Denkmalschutz stellen. Die Idee, mit der Giessbach-Stiftung das Grandhotel dem Schweizervolk zu schenken, stiess auf grosse Begeisterung und Spendenfreude. So verhinderte Franz Weber, dass das seit 1979 geschlossene Hotel abgebrochen und durch einen Betonbau in Form eines Jumbo-Chalets ersetzt wurde.
Die Rückbesinnung auf die Ursprünge des Hauses, in dem bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges Könige, Staatsmänner, Diplomaten und Künstler verkehrten, brachte den ursprünglichen Namen Grandhotel Giessbach zurück. «Für den Club Grand Hôtel & Palace», so meint Hans-Ueli Gubser, «war das zweifelsohne unser grösster bisheriger Erfolg.» Viele tausend Aktionäre und Mitglieder der Stiftung «Giessbach dem Schweizervolk», die nie ein Grand Hôtel betreten hätten, wurden nun Miteigentümer des Grandhotels und besuchten es später fleissig.
Vitamin B aus Obwalden half
Im Juni 1984 wurde die Hotelgruppe Club Grand Hôtel & Palace gegründet. Verschiedene Fünf-Sterne-Hotels rümpften allerdings die Nase. Sie störten sich daran, dass für die Mitgliedschaft einzig die Bezeichnung Grand Hotel oder Palace im Namen erforderlich war. So hatte beispielsweise das Grand Hotel Glacier du Rhône in Gletsch überhaupt keinen Stern, andere konnten nur drei vorweisen. Wer genau die Clubgründung vorangetrieben hatte, lässt Hans-Ueli Gubser in der Rückschau offen. Meint aber, dass ihn die Grand Hotels schon als Kind fasziniert hätten. Er weist dann noch auf zwei Männer hin, deren «Vitamin B», so sagte er es, dem Gedeihen des Clubs sehr geholfen hätte. Es waren der Obwaldner Regierungsrat aus Engelberg, Alexander Höchli, und Melchior Windlin, der ab 1986 Direktor des «Bellevue Palace» in Bern war, ebenfalls ein Obwaldner.
Heute zählt die Hotelgruppe über 100 Schweizer Grand oder Palace Hotels und 24 Häuser aus Europa. Hinzu kommen 24 Clubmitglieder mit diesen Namensbezeichnungen aus europäischen Län-dern. 26 Hotels verstehen sich als «Sympathisanten» (eines mit zwei Sternen) sowie rund zwanzig Privatpersonen. Wichtig sind für den Club die «Partnerschaften» mit gegenwärtig 27 Unternehmen, Verbänden sowie Institutionen aus Lehre und Forschung.
100 000 historische Dokumente
Neben dem Erhalt des Hotelnamenzusatzes Grand oder Palace war und ist eine Raison d’être des Clubs, historische Dokumente zur Grand- und Palace-Hotellerie zu beschaffen, zu sammeln und zu erhalten. «Der kleine Mitgliederbeitrag wird vor allem zur Erfüllung dieser Aufgabe verwendet», erläutert Hans-Ueli Gubser. So ist das Club-Archiv beispielsweise im Besitz des 1896 erschienenen ersten Hotelführers «Die Hotels der Schweiz. Ein Führer und Ratgeber für Touristen». Gesammelt werden alle Gegenstände, Karten, Bücher, Plakate, Werbematerialien etc. mit Bezug zur Geschichte der Grand- und Palace Hotellerie in der Schweiz. Dazu gehört auch die grösste Sammlung von historischen Ansichtskarten und Prospekten zu Grand- und Palace Hotels der Schweiz. Diese stellt man den Mitgliedern beispielsweise für Nachdrucke zur Verfügung.
Forschung und Archiv
Immer wieder dient das Archiv als Grundlage für Forschungsarbeiten von Studierenden an Universitäten und Fachhochschulen oder auch für Gutachten. Enge Kontakte pflegt Hans-Ueli Gubser zur 2008 gegründeten Stiftung, in der er Mitglied des Stiftungsrats ist. Das Hotelarchiv Schweiz ist auf Initiative von Hotelhistoriker Roland Flückiger sowie in Zusammenarbeit und finanzieller Unterstützung des Verbandes HotellerieSuisse gegründet worden. Seit 2018 sind die Bestände des Hotelarchivs, die überregional und gesamtschweizerisch von Bedeutung sind, im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv in Basel für die Forschung zugänglich. Eine Ausnahme bildet die Sammlung des Club Grand Hôtel & Palace. Sie befindet sich noch in der Geschäftsstelle des Clubs (Feldbergstrasse 86, Basel) und wird dort auch betreut. Auch wenn er schon vierzig Jahre dabei ist, so führt Hans-Ueli Gubser den Club immer mit viel Herzblut und als Hobby motiviert weiter. Dabei setzen sie für ihre Aktivitäten jedes Jahr einen thematischen Schwerpunkt. Im vierzigsten Clubjahr sind es Hotelkleber.
Ungewisse Zukunft, aber doch Hoffnung
Zu hoffen bleibt, dass es auch ein fünfzigstes Clubjahr und das wertvolle Clubarchiv geben wird. Sicher ist das nicht. Ob der Club eine Zukunft hat oder ob er selbst bald Geschichte wird, das liegt nicht alleine in den Händen des Club-CEO Hans-Ueli Gubser, sondern vor allem bei den Club-Mitgliedern, den Grand und Palace Hotels der Schweiz. Sie sind gefordert, eine nachhaltige Lösung für das Archiv zu finden. Vor Kurzem zeigte sich Hans-Ueli Gubser im Gespräch mit dem Hotelier unverhofft zuversichtlich. «Wir suchen im Hotelarchiv einen Weg für die Zukunft und es sieht nach einer Lösung aus.» Das Club-Archiv ist eine Perle und für die Geschichte der Hotellerie in der Schweiz von zentraler Bedeutung. Denn auch für die Hotellerie und ihre nachhaltige Existenz gilt die Erkenntnis des Philosophen Odo Marquard: «Zukunft braucht Herkunft». Und man möchte beifügen – Hoffnung.
Grandhotel Giessbach gewinnt Thuner Sozialstern 2024
Das Grandhotel wird für sein herausragendes Engagement für die berufliche Inklusion von psychisch beeinträchtigten Menschen ausgezeichnet. Der Preis ist mit 10 000 Franken dotiert. Die Jury hebt hervor, dass die Personen im einer Leistungsbeeinträchtigung optimal in den Betrieb integriert sind, sei es im in den Bereichen Küche, Gärtnerei, Technik, Betriebsunterhalt, Umgebungsarbeiten oder Büro. Klare Zielvereinbarungen und Verantwortlichkeiten förderten die Entwicklung der integrierten Personen. Das Grandhotel Giessbach engagiert sich seit 2010 für Inklusion. In der Laudatio hob Adrian Zmoos hervor, dass das Grandhotel zeige, wie Integration im ersten Arbeitsmarkt gelingen kann. Voraussetzung dafür sei, dass Menschen ihr Herz öffnen und mit Offenheit und Geduld an diese wichtige Aufgabe herangehen. phg