Gastro Unterwalden ist eine schweizerische Premiere. Die Gastro-Verbände von zwei Halbkantonen haben sich zusammengeschlossen. Mit dieser Fusion hielten sie auch GastroSuisse auf Trab, denn die nationalen Statuten mussten extra angepasst werden. Die erste Präsidentin, Nathalie Hoffmann, Geschäftsleiterin und Inhaberin des Seehotels Baumarten in Kehrsiten, erzählt, wie es zum neuen Gastro-Kanton kam und was von Gastro Unterwalden erwartet werden kann.
Am Anfang, im September 2021, war eine Zugfahrt zur Präsidenten-Konferenz von GastroSuisse in Bern. Nathalie Hoffmann, Präsidentin Gastro Nidwalden, und Bruno della Torre, Präsident Gastro Obwalden, unterhielten sich über Verbandliches. Plötzlich sagte sie zu ihm: «Es ist doch verrückt, alles doppelt zu machen. Die GV am Montag in Nidwalden, am Dienstag in Obwalden, den Lehrlingsevent und vieles mehr». Bruno habe cool gemeint: «Ja, das stimmt. Klär doch mal ab, ob eine Fusion möglich ist». Nathalie macht sich an die Arbeit. «Am Anfang sah alles sehr einfach aus. Sehr schnell habe ich jedoch gesehen, wie gross die Unterschiede in den beiden kleinen Kantonen sind.» Damit die Fusionsidee nicht als «Spinnerei» der beiden präsidialen Zugfahrer abgetan werden konnte, haben sie eine Mitgliederbefragung durchgeführt. Das Ergebnis: 95 Prozent ermunterten sie, die Fusion weiterzuverfolgen. Mit diesem Rückenwind wagten sich Nathalie und Bruno auf die nationale GastroSuisse-Ebene.
Ein kleiner Rückzieher
Es dauerte rund vier Jahre, bis die Präsidenten-Konferenz von GastoSuisse 2024 und die Delegiertenversammlung im Mai 2025 ihr Okay zur Fusion gaben. Die Statuten hatten nicht vorgesehen, dass Gastro-Organisationen sich über die (Halb-)Kantonsgrenzen zusammenschliessen und mussten angepasst werden. Nathalie Hoffmann meint rückblickend, es wäre falsch, von «Widerständen» zu sprechen, «Diskussionen» aber habe es gegeben. Der ehemalige und der aktuelle Präsident von GastroSuisse, Casimir Platzer und Beat Imhof, hätten die Fusion immer mitgetragen.
Einen kleinen taktischen Rückzieher mussten die beiden Verbände aus Unterwalden in Kauf nehmen. «Mit zwei Sitzen in der Präsidenten-Konferenz vertreten zu sein, mussten wir uns ans Bein streichen», sagte die Präsidentin des vereinigten Verbandes Gastro Unterwalden.
Gastro Unterwalden auf dem Bürgenstock
Gefeiert wurde die Gründung am 14. April 2025 auf dem Bürgenstock. Für Nathalie Hoffmann war klar: Für diesen einmaligen Moment brauchte es einen speziellen Ort. «Dort, wo vor einem Jahr die Welt war, da waren jetzt wir.» Dabei ging es feierlich-traditionell zu und her: die Damen im langen Kleid, die Herren in dunklem Anzug, Jodler, Alphörner, rotes Band, Gründungs-GV, Unternehmer-Politiker-Zukunftsgespräch, NW-OW-Quiz und ausgezeichneter Kulinarik in allen Facetten aus der Bürgenstock-Küche. Selbstredend steuerten Politik und Wirtschaft die Gäste bei, welche den Gastro-Unterwalden-Mitgliedern ihre Ehre erweisen. Eingeladen waren als besondere Gäste die Gasto-Präsidenten aller Kantone. Sie waren es, die den Weg für den neuen «Gastro-Kanton» Unterwalden frei gemacht hatten.
Was steckt hinter den Begriffen
Im Vorwort des neuen Gastroführers für Unterwalden «Menu 2» (Auflage: 46 000 Exemplare) beschreibt Nathalie Hoffmann Sinn und Zweck der neuen, vereinten Gastro-Kraft. Da tauchen die obligaten Begriffe auf, wie sie bei «einmaligen Momenten» zu erwarten sind: «neue Ära», «Innovation», «Zusammenarbeit», «mehr als nur organisatorische Veränderung», Zukunftsfähigkeit», «neue Perspektiven, neue Impulse», «Mut» oder auch «Tradition». Der Hotelier wollte von Nathalie Hoffmann genauer wissen, was diese programmatischen Begriffe für den «Kantonsverband» Gastro Unterwalden konkret bedeuten.
Neue Ära – «Statt in zwei Verbänden mit je rund 110 Mitgliedern wurde die Arbeit doppelt gemacht, aber eher mit halber Wirkung. Jetzt ist unsere Schlagkraft gestärkt, und zwar in allen Bereichen: GastroSuisse, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft.» Zwei Kleine können etwas Grosses schaffen. Konkret wollen wir marktgerechte Rahmenbedingungen erreichen. Wir setzen uns dafür ein, unsere Betriebe unbürokratisch führen zu können. So haben wir Zeit für alle unsere Gäste. So leisten wir einen unbezahlten gesellschaftlichen Beitrag. Hotels und Gastobetriebe sind wichtige Aufenthaltsorte für die Leute, zum Essen und Trinken, aber auch um zu reden, zuzuhören oder andere zu treffen – gerade in unserer Zeit, wo viele vereinsamen, ist das eine wichtige Aufgabe. Wir wollen da sein für die Leute, auch als eine Art Pflege – gesellschaftliche Pflege.»
Zukunftsfähigkeit – «Es geht im neuen Verband nicht ums Überleben. Miteinander kommen wir voran und sind stärker. Beispielsweise bei Verhandlungen über Konditionen mit den Kreditkartenunternehmen. In der Berufsbildung und beim Berufsnachwuchs; sie bilden für 2025 und 2026 unseren Fokus. Dazu gehören auch Angebote zum Trend Kitchen Ninjas. Zentral sind für uns die überbetrieblichen Kurse für Lernende. Der Verband übernimmt in den drei Lehrjahren die Kosten von rund 3700 Franken pro Lehrbetrieb.»
Neue Impulse – «Wir haben unser Marketing völlig neu aufgegleist und bei Null angefangen. Neues Logo, neues Farbkonzept, neuer Web-Auftritt. Dabei konzentrieren wir uns auf eine Plattform, die in erster Linie unseren Mitgliedern nützt. Für unsere Gäste soll sie aber auch informativ sein. Zur Kommunikation gehören weiter die Präsenz auf Social Media und die gezielte Öffentlichkeitsarbeit.»
Zusammenarbeit – «Im neuen Verband bleiben Nidwalden und Obwalden zwei unterschiedliche Kantone. Wir sind jetzt verheiratet mit Gütertrennung.»
Tradition – «Zur Gütertrennung gehört, dass Eigenheiten beibehalten werden. Obwalden wird den Gastro-Wandertag beibehalten. Bleiben wird, denke ich, dass die Obwaldner bei den Anlässen immer als letzte nach Hause gehen. Die Nidwaldner behalten das Weihnachtsessen bei, neu inklusive Obwaldner. Nicht ändern werden wir Nidwaldner, dass wir immer im Schnellzug unterwegs und entscheidungsfreudig sind. Nidwaldner und Obwaldner sind einfach anders gestrickt – und das ist gut so.»
Organisatorische Veränderung – «Mit dem leicht erhöhten Mitgliederbeitrag von 150 Franken sowie Sponsorenbeiträgen erreichen wir ein Budget von rund 200 000 Franken. Die Angaben zu unseren Mitgliedern in der Datenbank haben wir à jour gebracht. Das gibt uns neue Möglichkeiten bei der strategischen Entwicklung und der operativen Wirkung für unsere Anliegen in den beiden Kantonen. Wir haben zudem das Gutscheinwesen vereinheitlicht. Unsere Kunden erzielen damit jährlich einen Umsatz von rund 1 Mio. Franken. Unsere Mitglieder profitieren zu hundert Prozent vom Gutschein-Betrag, denn sie müssen keinen Franken an den Verband für seinen administrativen Aufwand abgeben.»
Mut – «Was wir angestossen und realisiert haben, ist keine Kopie. Es gab kein Vorbild. Wir sind ein Risiko eingegangen, ohne zu wissen, ob es funktioniert. Wir haben viel Zeit und Herzblut eingesetzt. Auf unserem Weg ist viel Positives entstanden. Die Fusion ist nicht der Schluss-, sondern der Startpunkt. Bereits am Morgen nach der Gründungsversammlung auf dem Bürgenstock schrieb ich allen Vorstandskollegen eine Mail, bedankte mich und gab den Startschuss. Wir wollen uns nicht zurücklehnen, sondern loslegen und Projekte schmieden. Ohne das grosse Engagement und die Unterstützung des Vorstands aus Gastro Obwalden und Nidwalden wäre dieses Vorhaben nicht möglich gewesen – ich bedanke mich von Herzen für euren wertvollen Einsatz.»
Engagiert in Wirtschaft und Politik
Nathalie Hoffmann ist eine engagierte Unternehmerin aus Nidwalden mit langjähriger Erfahrung in der Gastronomie- und Hotellerie-Branche. Die 35-Jährige vertritt zudem die FDP im Landrat des Kantons Nidwalden. Als erste Präsidentin des fusionierten Verbandes Gastro Unterwalden setzt sie sich mit Herzblut für die Anliegen der Branche ein. Mit innovativen Projekten, einem starken Netzwerk und viel Leidenschaft gestaltet sie aktiv die Zukunft der Gastrowelt mit – regional verankert und international inspiriert. Ihr Credo: gemeinsam anrichten, was die Zukunft braucht.