Wie soll der Preis für ein Hotelzimmer 2023 festgelegt werden? Jeder Hotelier fragt sich, wie er die höheren Kosten auf die Kunden umwälzen kann. Die Pricing-Experten wissen, wie man die herausfordernde Entscheidung anpackt und umsetzt.
Die Energiekrise zwingt uns, das Pricing für 2023 zu überdenken. Sie fordert Hoteliers in der Praxis mit wichtigen Entscheidungen heraus. Soll man die Kosten auf die Kunden umwälzen und wenn ja, wie soll das in der Praxis aussehen? Das sind Fragen, auf die wir als Pricing-Experten Antworten haben.
Erstens gilt es zu unterscheiden, ob man im eigenen Betrieb über eine normale Teuerung spricht oder ob es sich um eine grobe Veränderung der Kostenstruktur handelt. Eine Teuerung kann man anhand der geschätzten Kosten mit Prozent-Aufschlägen auf die Zimmerpreisstruktur verteilen. Wir empfehlen, auf die tieferen Preise weniger aufzuschlagen und auf die Hochsaisonpreise einen grösseren Aufschlag einzuführen. Der Vorteil dabei ist, dass man während der Tiefsaison konkurrenzfähig bleibt und in der Hochsaison mit Sicherheit mehr verdient.
Kurz gesagt, sind die Umsätze während der Hochsaison viel stabiler, während in schlechten Zeiten die Gäste viel preissensibler sind. Als Hotelier möchte man vermeiden, in der Tiefsaison das gewünschte Volumen wegen mangelnder Konkurrenzfähigkeit zu verpassen. In der Hochsaison ist die Nachfrage sowieso da und das Übernachtungsvolumen grösser – so lassen sich Preisaufschläge besser umwälzen und das Volumenrisiko bleibt aus.
Preis und Auslastung
Wichtig ist dabei, das Verhältnis zwischen Preis und Auslastung im Auge zu behalten, ansonsten geht unser Hotel-Business-Case nicht mehr auf. Das Risiko von Preisaufschlägen sollte nicht unterschätzt werden, denn die Nachfrage garantiert uns nicht, dass wir bei höheren Preisen die gleiche Auslastung erzielen und somit unser Umsatzbudget erreichen.
Wir empfehlen deshalb, den Fokus auf den RevPar (Revenue per available room) zu legen, denn diese Kennzahl summiert die Auslastung und den Durchschnittspreis. Sie sagt uns, wie viel Umsatz wir pro verfügbarem Zimmer pro Tag machen. Genau diese Kennzahl wird bei der Berechnung des Energiezuschlags entscheidend sein, denn die Energiekosten kann man sehr gut auf die verfügbaren Zimmer des Hotels hin berechnen.
Risiko: Strompreis-Explosion 2023
Die Branche erwartet wegen den Energiekostenzuschlägen eine weitere Krise, die sich ab Januar 2023 bemerkbar machen soll. Grund dafür sind die aktuell hohen Strompreise auf dem freien Markt. Wer für 2023 vertraglich nicht gedeckt ist und jetzt Offerten einholt, riskiert bis zu einer Verfünffachung der Stromkosten. In diesem Fall sprechen wir in der Praxis von einer groben Veränderung der Kostenstruktur, die verschiedene Folgen mit sich bringt.
Eine leichte Preisanpassung aufgrund der Teuerung reicht nicht aus, denn eine Verfünffachung würde heissen, dass sich die Stromkosten von ca. 1 bis 2 Prozent vom Umsatz bis auf 10 Prozent erhöhen. Bei gleichbleibenden Umsätzen droht gewissen Hotels einen Konkurs, denn die Margen in unserer Branche sind zu gering, um diesen Kostenzuschlag abzuwälzen. Dazu kommt, dass sich die Hotels zum jetzigen Zeitpunkt gerade finanziell von der Coronakrise erholen und die Schuldkredite abzahlen müssen. Eine weitere Verschuldung liegt nicht drin und die Reserven sind aufgebraucht. Was sollen Hoteliers in dieser Situation tun?
Komplette Kostenstruktur hinterfragen
Nebst den üblichen Energiesparmassnahmen sollte sich jeder Hotelier gut überlegen, welche Outlets rentabel sind und welche stromintensiven Bereiche man strategisch mittels Angebots- oder Strukturveränderung umgehen kann. Das kann zum Beispiel eine hauseigene Wäscherei sein, die man in Zukunft vielleicht besser zu einer Wäscherei-Firma auslagern sollte, um so teure Fixkosten mit variablen Kosten zu ersetzen. Wir sind der Meinung, dass eine solch grobe Veränderung der Kostenstruktur nicht nur mittels Preiserhöhung gedeckt werden kann. Man muss die komplette Kostenstruktur des Hotels erneut hinterfragen und versuchen, sich aufs rentable Geschäft zu konzentrieren.
Erreicht man intern eine Veränderung der Kostenstruktur, so kann man die Preise nach dem Teuerungsprinzip erhöhen. Sollte das nicht gelingen, so muss man im Pricing Massnahmen treffen, um die Kosten abzuwälzen. Zuerst gilt es, den Energiezuschlag im Detail zu berechnen, und ihn auf die verfügbaren Zimmer pro Tag zu verteilen.
Beispiel: 10 Prozent mehr Nettoumsatz
Als Hilfsmittel nehmen wir ein konkretes Hotelbeispiel zur Hand. Das hilft uns, einen realistischen Business-Case zu simulieren. Unser Beispielbetrieb hat drei Sterne und erzielt mit seinen 20 Zimmern 80 Prozent Auslastung mit einem Netto-Durchschnittspreis von 170 CHF aufs Jahr. Der RevPar beträgt also in diesem Fall CHF 136 netto (Durchschnittspreis × Auslastung). Die Stromkosten belaufen sich auf ca. 2000 CHF pro Monat, respektive 24 000 CHF pro Jahr.
Zuerst gilt es, den Energiezuschlag in CHF mittels Simulation zu berechnen und durch die verfügbaren Zimmer aufs Jahr zu verteilen. Folgen wir diesem Rechenbeispiel, so sprechen wir bei einer Verfünffachung der Kosten von 8000 CHF Mehraufwand pro Monat, respektive 96 000 CHF mehr Kosten im Jahr. Dividiert man das durch die Anzahl Tage und die Anzahl Zimmer, so kommt man auf ca. 13 CHF RevPar, die man netto pro verfügbarem Zimmer mehr erwirtschaften sollte. Diese Zahl liegt 10 Prozent über dem RevPar, der bis heute (CHF 136) erzielt worden ist. Das heisst, dass wir 10 Prozent mehr Nettoumsatz brauchen, um allein diese Kostenerhöhungen für 2023 zu decken.
Um 13 CHF netto mehr pro verfügbarem Zimmer zu erzielen, müssen wir bei gleichbleibender Auslastung von 80 Prozent 16.50 CHF netto mehr Durchschnittspreis erzielen. Rechnet man die MwSt. sowie die Kommissionskosten (ca. 10 Prozent) hoch, so kommt man auf ca. 19 CHF mehr Verkaufspreis, den wir pro verkauftes Zimmer im Durchschnitt erzielen müssen. Kurz gesagt, würde man alle Preise um 19 CHF erhöhen, würden die zusätzlichen Stromkosten eins zu eins wieder aufgefangen. So weit, so gut. Nur, wer garantiert uns, dass wir mit 19 CHF Preiszuschlag die gleiche Auslastung erzielen? Ist das Risiko nicht zu gross, dass man damit im Wettbewerb übermässig viel Auslastung verliert und im schlimmsten Fall sogar weniger Umsatz erreicht?
Alternative zum grossen Risiko
Unsere Antwort darauf ist ja, das Risiko ist zu gross. Wir müssen andere Wege finden, um langfristig die höher werdenden Kosten in der Schweiz auf die Kunden abzuwälzen. Weltweit sind wir als Hochpreisinsel bekannt und die Übernachtungszahlen sind in den letzten 20 Jahren stagniert. Nicht zu vergessen: Die Schweiz hat knapp 50 Prozent Inlandtourismus. So wirken sich höhere Preise doppelt negativ aus, indem auch die Schweizer vermehrt den Weg ins Ausland suchen.
Unsere Antwort darauf ist die Nacktpreisstrategie. Bei dieser Preistaktik geht es darum, die Preise von Leistungen zu befreien, um so dem Gast eine Preistransparenz zu geben. In einem ersten Schritt sollten die Basisleistungen wie Frühstück, Parkplatz sowie Gasttaxen oder ein Spa-Zutritt exkludiert werden. Diese Preisstrategie wird seit mehreren Jahren erfolgreich in der Hotellerie angewendet. Die Gäste haben sich langsam daran gewöhnt, sich wie auch in anderen Tourismusbranchen, die gewünschte Leistung selbst zusammenzustellen. Der Vorteil für den Gast ist eine sogenannte «Stay Customization», die es ihm ermöglicht, nur für das zu bezahlen, was wirklich gebraucht und konsumiert wird. Der Hotelier hat durch den tieferen Einstiegspreis einen Wettbewerbsvorteil und kann seine Kosten besser auf die einzelnen Gäste umwälzen.
Schlussrechnung mit Aufschlag
Der nächste Schritt wäre, Gebühren und zusätzliche Kosten wie Energie auf die Gäste umzuwälzen. Dazu haben verschiedene Hoteliers in der Schweiz und im Ausland schon Stellung genommen und haben einen prozentualen Aufschlag bei der Schlussabrechnung verrechnet. So beispielsweise das Hotel Bad Bubendorf, Teil der Balance-Gruppe, die angefangen hat, auf Gästequittungen 5 Prozent Energiezuschlag zu verrechnen. Wir finden, das ist die richtige Strategie. Nach Abklärungen mit den wichtigsten OTAs lassen sich diese Gebühren und Zuschläge bei Online-Buchungen gut kommunizieren. Der Vorteil dabei ist: Die Preise bleiben gleich oder enthalten samt Teuerung nur eine übliche Erhöhung, womit man konkurrenzfähig bleibt. Ein weiterer grosser Vorteil ist, dass diese Leistungen von der Kommission befreit bleiben.
Wir finden, dass diese Strategie ein guter Ausweg für Hotels darstellt, die eine grosse Veränderung in der Kostenstruktur auf sich nehmen müssen. Gleichzeitig sehen wir es als Chance für die Zukunft, zusätzliche Abgaben und Gebühren auf die Kunden abzuwälzen. Andere Branchen wie Airlines, Rental Cars oder auch Delivery-Apps machen es uns vor. Airbnb hat hier auch als OTA wieder einmal die Nase vorn. Mit transparenter Kommunikation weist sie schon heute den Kunden jegliche Gebühren inkl. Kommission der Hotels aus. Die Plattform eat.ch wälzt in Sachen Delivery die Lieferungskosten komplett auf die Gäste um und zieht das konsequent durch.