«Man braucht die Insel und den Freiraum»

«Man braucht die Insel und den Freiraum»

Interview mit Claude Meier, Direktor HotellerieSuisse

Ist das Ferienmachen eine Kernkompetenz für Führungskräfte?

Wesentlich scheint mir ein guter Umgang mit sich selbst und den Mitarbeitenden. Man braucht ein gutes Gespür, um Menschen und ihre un­­terschiedlichen Bedürfnisse einzuschätzen. Jeder Mensch lebt in verschiedenen Welten – und eine davon ist die Welt der Erholung, dazu gehören die Ferien und das Reisen. Wichtig scheint mir, dass es Erholungsphasen gibt, wo man eigentlich nicht erreichbar ist und sich ganz bewusst auf die sprichwörtliche Insel begibt und sich Freiraum schafft. In diesem Ausgleich zum anspruchsvollen Berufsleben kann man sich erholen und kann neue Welten entdecken. Das ist inspirierend und – nach der Rückkehr in die Alltagswelt – auch positiv für das Unternehmen.


Welche sind die wesentlichen ­Kompetenzen für Führungskräfte?

Vertrauen schenken und den Mitarbeitenden Freiheiten beim Lösen ihrer Aufgaben geben können. Ist man als Führungskraft dazu nicht in der Lage, muss man unnötig viel kontrollieren. Man muss also dele­gieren und einen Rahmen setzen können. Dazu gehört auch die Fähigkeit, zu akzeptieren, dass ein Ergebnis etwas anders ­herauskommt als man sich das selbst vorgestellt hatte.


Wie beurteilen Sie die Situation der Führungskräfte beim Ferienmachen in der Branche? Oder anders gefragt: Machen Hoteliers und Hotelièren ­genügend Ferien?

Das kann ich nicht pauschal beantworten. Gerade für Hotels, die von Eigentümern geführt werden, die 7 Tage, 24 Stunden und 365 Tage präsent sind oder präsent sein wollen, ist es nicht leicht, für sich freie Zeit zur eigenen Balance zu finden. Zentral scheint mir, dass man immer wieder eine Aussensicht auf das eigene Haus bekommt. Dies gilt besonders, wenn man auch im eigenen Betrieb wohnt. Ich denke, dass es für Hoteliers und Hotelièren wichtig ist, die Leidenschaft, die sie für ihre Gäste aufbringen, immer wieder auch als eigenes Erlebnis – selbst Gast zu sein – zu erfahren. Der Rollenwechsel ist eine Bereicherung. Man sieht zudem, wie es Kolleginnen und Kollegen machen.


Wie halten Sie es mit dem Ferien­machen persönlich?

Beruflich bin ich viel in der Schweiz unterwegs und erlebe und spüre die Vielfalt der Schweiz in jeder Hinsicht – kulturell, sprachlich oder landschaftlich. Da ver­längere ich gelegentlich einen beruflichen Aufenthalt an einem Wochenende. Ferien mache ich sehr gerne mit dem Rollrucksack und reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Da bekomme ich viele neue, ungeahnte Eindrücke, die auch für den Job wertvoll sind. Nach fünf Jahren als Direktor von HotellerieSuisse habe ich letztes Jahr sechs Wochen Ferien und eine Osteuropa-Tour gemacht, wobei ich fast ausschliesslich mit Bussen unterwegs war; keine geschäftlichen Mails und Telefonate. Das war möglich, dank zwei Voraussetzungen: Im Verband musste ich die Abwesenheit organisieren, und ich habe den eigenen Leuten vertraut. So wurde diese Reise für mich zur echten Inspiration.



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