Kaffee ist eines der wichtigsten Handelsgüter der Welt und hat eine interessante Entwicklung durchgemacht – und macht das auch heute noch. Preise, Technik und Trends sind stetig im Wandel und verändern so das Getränk an sich ebenso wie die Art, wie es hergestellt und konsumiert wird.
Das Kultgetränk ist viel mehr als nur ein Umsatzbringer: ein Wohlfühlmoment, ein Genussmittel, ein Trend – ja, für viele ist es gar eine Leidenschaft. Die Pflanze selbst wurde in Äthiopien entdeckt und gelangte im 15. und 16. Jahrhundert über Arabien ins Osmanische Reich. Anfang des 17. Jahrhunderts verbreitete sich Kaffee auf dem europäischen Kontinent und von da in der ganzen Welt. Galt Kaffee zuerst als reines Luxusgut, entwickelte er sich schnell zu einem beliebten Massengetränk, das eine wachsende Vielfalt und viele trendige Neuerungen vorweisen kann. Aber auch die steigenden Preise, das höhere Qualitätsbewusstsein und der Nachhaltigkeitsgedanke verändern die Kaffeewelt. Das stellt Produzenten vor Herausforderungen. Nach folgend eine Einschätzung von Fachleuten.
Innovation im Herzen Berns
Das in der vierten Generation geführte Unternehmen Blasercafé achtet seit über 100 Jahren auf kontinuierliche Innovation. So wurde beispielsweise 1955 die erste vollautomatische und gesteuerte Röstmaschine der Schweiz in Betrieb genommen. Das Unternehmen vereint den Rohkaffeehandel und die Kaffeerösterei in einem und beherrscht die gesamte Wertschöpfungskette. So sieht Blasercafé im fairen und transparenten Handel einen wichtigen Aspekt für die Zukunft und glaubt an das Konzept der Nachhaltigkeit. Konkret: nachhaltiger Anbau, Rückverfolgbarkeit, achtsamer Umgang mit Ressourcen und mit Fairtrade oder an deren Labels zertifizierte Kaffees. Die lokal verankerte Roh kaffeehandelsfirma und Kaffeerösterei aus Bern bietet denn auch Bio und Fairtradezertifizierte Kaffees an – ein Sortiment, das Blasercafé laufend erweitert.
Kaffeekapseln – biologisch abbaubar und kompostierbar
Seit ungefähr 40 Jahren gibt es Kaffeekapseln – und seit gleich langer Zeit generieren die gängigen Varianten viel Aluminium und Plastikmüll. Daher sucht die Branche nach nachhaltigeren Alternativen. Eine solche hat «BULLS coffee», ansässig in Brugg, gefunden: Das Unternehmen bietet BioKaffee aus Kolumbien in einer biologisch abbaubaren und kompostierbaren Holzkapsel an. Diese besteht aus unbehandeltem Holzabfall, zum Beispiel aus Sägespänen, und der Deckel wird aus Cellulosefasern hergestellt. Schweizweit ist «BULLS coffee» der erste Vertreiber der kompostierbaren Kapseln, die ursprünglich aus Deutschland stammen. Der Inhaber Ole Bull und sein Team importieren, befüllen, verkaufen und verbessern die Kapseln.
Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund
Die in Binningen ansässige Kaffeerösterei Buser röstet seit 1903 Kaffee. So verwundert es nicht, dass sie seit damals viele Trends miterlebt hat. Gerade während der CoronaZeit war die KaffeeCommunity eifrig am Werk – beispielsweise sind KaffeeSmoothies, SuperfoodKaffees und KaffeeCocktails entstanden. Auch die Kaffeerösterei Buser ist der Meinung: Einen Weg um die Nachhaltigkeit herum gibt es nicht. Gründe dafür sind ein steigendes Umweltbewusstsein und der Fakt, dass die Kundschaft heute mehr über den Kaffee erfahren möchte – Herstellung, Herkunft, Behandlung, Anbau. Ihre BioZertifizierung ist somit ein wichtiger Schritt für die Rösterei. Entscheidend sind aber auch die klimatischen Veränderungen, die beeinflussen, wie wir Kaffee anbauen und konsumieren. Konkret kämpfen die Anbauregionen immer mehr mit Trockenheit, Überschwemmungen oder Un wettern – Auswirkungen auf den Ernteertrag und den Preis sind die Folge.
Wasseroptimierung
Aus einer ganz anderen Richtung kommt BWT AQUA AG. Die in Aesch ansässige und auf Wassertechnologie spezialisierte Firma entwickelt Filtersysteme, die Sensorik und Aroma von Heissgetränken, also auch Kaffee, verbessern. Das Wasser bzw. seine Optimierung und Zusammensetzung spielen eine zentrale Rolle für den Kaffeegeschmack und den darin enthaltenen Aromen – und werden auch in Zukunft entscheidende und strategische Faktoren darstellen. Ein weiterer Zukunftsgedanke ist, dem Plastikmüllberg entgegenzuwirken. So hat sich die Firma das Ziel gesetzt, die sogenannten BWT Bottle Free Zones – Orte ohne PETFlaschen – zu schaffen: In diesen Zonen wird lokales Leitungswasser gefiltert und aufbereitet. Das Trinkwasser kann anschliessend gekühlt, raumtemperiert oder heiss getrunken werden.
Kaffee in der Uhrenstadt
Die in La ChauxdeFonds angesiedelte Firma La Semeuse ist äusserst traditionsreich und röstet ihre Bohnen immer noch mit Trommelröstern. Auch bei «La Semeuse» wird vermutet, dass sich mit dem steigenden Konsumbewusstsein auch der Trend zu besserem und nachhaltig angebautem Kaffee weiter fortsetzen wird. Daher baut die Westschweizer Rösterei ihren Anteil an BioProdukten stetig aus, obwohl dieser schon jetzt bei beträchtlichen 30 Prozent liegt. «La Semeuse» wagt nicht nur eine Trend, sondern auch eine generelle Prognose des Markts. Nach Ansicht des Unternehmens bestimmt kurzfristig ge sehen die Inflation das Verhalten der Konsumenten. Langfristig gesehen ist die Rösterei überzeugt, dass sich Qualität und gutes Handwerk immer durchsetzen werden. Dies betrifft nicht nur sie selbst, sondern auch die Produzenten im Ursprungsland.
Die Wichtigkeit persönlicher Kontakte
Die Thuner Rösterei Heer bezieht ihre Rohbohnen von Bauern aus dem Kaffeegürtel, zu denen die Besitzerin Kira Heer persönlichen Kontakt pflegt. So stellt sie sicher, dass es sich um fair und nachhaltig gehandelten Qualitätskaffee handelt. Qualität wird in der Rösterei Heer grossgeschrieben, denn die An sprüche der Kundschaft wachsen täglich. Ein ebens olcher Anspruch sind Alternativen wie Lupinenkaffee – eine koffeinfreie, weniger Säure beinhaltende und dem Kaffee sehr ähnlich schmeckende Alter native, die ein eher nussiges Aroma hat. Auch bei der Rösterei Heer ist das Klima ein grosses Thema, denn die Kaffeepflanze ist sehr fragil und hat unter den klimatisch bedingten Veränderungen stark zu leiden. Missernten und geringere Lieferkapazitäten bei gleichbleibender Nachfrage führen zu erhöhten Preisen.
Als Vorbild voraus
Die Rösterei Oetterli Kaffee – ihres Zeichens ein Gründungsmitglied von «Max Havelaar Fair Trade Kaffee» – ist der Ansicht, dass der Geschmack des Kaffees überzeugen muss. Denn wenn viele Konsumenten etwas mögen, wird es sich auch durchsetzen. Entsprechend wird eine einfache Zubereitung des Kaffees wohl immer ein Trend bleiben. Auch Nachhaltigkeit ist wichtig für das in Solothurn beheimatete Unternehmen, beispielsweise sorgt deshalb eine Photovoltaikanlage für die Deckung des Eigenbedarfs an Strom. Natürlich spielen auch die Erwartungen der Kundschaft eine grosse Rolle. Um diesen gerecht zu werden, müssen Prozesse und Produkte laufend überprüft und überarbeitet werden.
Erfahrungswerte
Die Zürcher Firma Stoll Kaffee kann mit 80 Jahren eine Menge Erfahrung vorweisen – auch hinsichtlich des Kaufverhaltens und den Wünschen ihrer Kundschaft. So ist das Unternehmen der Meinung, dass Konsumenten immer mehr Einblick in die Kaffeever arbeitung haben möchten. Daher wird Transparenz zu einem wichtigen Faktor. Auch Bio und Regionalität, also Röster aus der Region, sind immer mehr gefragt und wachsen stark. Dass die Kaffeepreise ansteigen, ist für «Stoll Kaffee» klar, doch die geo politische Situation macht es momentan sehr schwer, Vorhersagen zu treffen. Konkreter sind hingegen die Prognosen, wie sich der Markt geschmacklich entwickeln wird: Hier sieht die Rösterei eine Entwicklung hin zu weniger dunkel gerösteten Kaffees, sodass die Komplexität der Bohne besser erhalten bleibt.
Die älteste Schweizer Kaffeerösterei
Das 1761 in St. Gallen gegründete Familienunternehmen Turm Kaffee ist die älteste Kaffeerösterei der Schweiz. Neben 15 verschiedenen Kaffeesorten bietet «Turm Kaffee» auch Kurse und Schulungen an. Die kompetente Zubereitung durch eine geschulte Fachperson ist ein massgebender Faktor, wenn es darum geht, langfristige Trends zu schaffen. Denn am Ende entscheiden die Konsumenten, was bleibt und was nicht. Auch das bewusste Beschaffen und Verwenden von nachhaltigen Zutaten ist für die Ostschweizer Kaffeerösterei wichtig. Preislich sieht sie eine Entspannung, wenn auch auf einem höheren Niveau. So ist die bewusste Herstellung von nachhaltigen Produkten kostspielig und kann nur mit höheren Preisen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg kompensiert werden – kurz: eine bessere Welt ist nicht gratis.