Gemeinsames Engagement für lokale Käse- und Weinvielfalt

Relais & Châteaux und Slow Food präsentierten in Verbier zum siebten Mal ihre jährliche Kampagne «Food for Change» zum Schutz der lokalen Biodiversität und Förderung eines nachhaltigen Lebensmittelkonsums. Dieses Jahr im Fokus: Käse und Wein.


Noch am frühen Morgen wanderten die elf Spitzenköche, die sich nun hinter dem

improvisierten Käsebuffet auf der Terrasse des 5-Sterne-Hotel «Le Chalet d’Adrien» in Verbier (VS) aufgereiht haben, gemeinsam zu einer Alpkäserei oberhalb des Dorfes und tauschten sich über die neusten Entwicklungen in der Gastronomie aus.


Nun präsentieren die Chefs einer Gruppe Medienschaffenden je einen Käse aus der Region ihrer Wirkungsstätte und servieren dazu passenden Wein. Christian Moreschi, der in der Villa Principe Leopoldo (TI) kocht, hat beispielsweise einen «Gincarlin» aus dem Valle di Muggio mitgebracht. Der Weichkäse basiert auf dem traditionellen «Zincarlin», wurde statt mit Weisswein aber mit Gin eingerieben. Stefan Lünse vom Lenkerhof hat einen gut gereiften Lenker Alpkäse dabei, aber auch ein Waadtländer Étivaz und mehrere Schweizer Blauschimmelkäse stehen zum Degustieren bereit.


Kooperation mit Tradition

Sich für lokale Produkte und Nachhaltigkeit einzusetzen, hat bei Relais & Châteaux eine lange Tradition. Gemeinsam mit der UNESCO hat die renommierte Hotel- und Restaurantvereinigung 2014 ein Manifest unterzeichnet, welches das humanitäre Engagement unterstreicht.

Seit nunmehr sieben Jahren beteiligen sich die Küchenchefs zudem an der Slow Food-Initiative. Gemeinsames Ziel ist es, gute, saubere und faire Lebensmittel für alle zu fördern und gleichzeitig die Klimakrise zu bekämpfen sowie die Biodiversität zu schützen.


Diese Zusammenarbeit ist eine Erfolgsgeschichte. Die Vereinigung hat mittlerweile über hundert in ihrer Existenz bedrohte Lebensmittel erfolgreich für die Arche des Geschmacks von Slow Food nominiert, darunter beispielsweise das Bündnerfleisch, Farina Buona oder den eingangs erwähnten Zincarlin. Die 1996 ins Leben gerufene Arche des Geschmacks ist ein Katalog mit über 5700 Lebensmitteln aus handwerklicher Qualitätsproduktion aus aller Welt. Als internationale Referenz bewahrt sie das kulinarische Erbe und die Biodiversität für die Zukunft unserer Lebensmittelsysteme. Geht es nach Slow Food und R&C, sollen in den nächsten Jahren noch viele weitere Lebensmittel folgen.


Vorbildfunktion der Spitzengastronomie

Im Rahmen der diesjährigen «Food-for-Change»-Kampagne rücken die Mitglieder von Relais & Châteaux im September und Oktober 2023 lokalen Käse, Weine und andere fermentierte Produkte in den Mittelpunkt. Im Vorfeld wurden allen Mitgliedshäusern die Slow Food- Leitlinien für Käse und Wein zur Verfügung gestellt und darauf aufmerksam gemacht, dass die Lebensmittelversorgungskette für ein Drittel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Jan Stiller, Delegierter Schweiz & Liechtenstein bei R&C, ist stolz, dass die Hälfte der Schweizer Häuser aktiv bei der Initiative mitzieht. Sei es mit der Kultivierung eines eigenen Weins oder mit dem Schaffen von Menüs, die lokale Käsesorten im Fokus haben.

Weltweit machen heuer über 100 R&C-Häuser bei der Kampagne mit: So arbeitet Küchenchef Cédric Béchade von L'Auberge Basque im französischen Baskenland mit dem Schäfer Jean-Bernard Maïtia zusammen, um die althergebrachte Käseherstellung sowie die Manech-Schwarzkopfrasse zu schützen, die von der Existenz bedroht sind.


In Österreich wiederum teilen die Schwestern Barbara Eselböck und Stephanie Tscheppe im Relais & Châteaux Taubenkobel bzw. auf Gut Oggau mit ihren Männern eine ganzheitliche Vision in Gastronomie und Landwirtschaft.


Brigitte Streiff, Präsidentin von Slow Food Waadt, betont die Wichtigkeit der Kooperation: «Wenn Spitzenköche diese Werte vorleben, hat das eine Signalwirkung für alle anderen Köche und auch für die Gäste», ist sie überzeugt.


Auch Jan Stiller ist sich der Vorbildfunktion der Spitzengastronomen bewusst: «Relais & Châteaux verfügt mit seinen über 580 Mitgliedern weltweit über das grösste Netzwerk von Chefköchen. Diese haben nicht nur 350 Michelin-Sterne erkocht, sondern verfügen auch über ein immenses Wissen über Lebensmittelkreisläufe und die Landwirtschaft. Dieses Wissen wollen wir nutzen, um einen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität zu leisten», sagt er.

Degustationsmenü mit viel Käse

Sebastiano Lombardi (Chalet d’Adrien), Stéphane Décotterd (Maison Décotterd), Franck Reynaud (Hostellerie du Pas de l’Ours), Christian Moreschi und Stefan Lünse haben sich mittlerweile gemeinsam in die Küche begeben – je ein Apérohäppchen und einen Gang werden sie im Verlauf des Abends zu einem Degustationsmenü beisteuern. Lombardi serviert Saibling an Sauermilch von der Ehringer Kuh, Décotterd kombiniert Petersilienwurzel mit Herbsttrüffel und einer Etivaz-Emulsion aus dem Waadt. Der Sommelier des Chalet d’Adrien steuert zu jedem Gang einen Walliser Weisswein bei.

Die Stimmung in der Küche ist ausgelassen – «der Austausch der letzten beiden Tage war für uns alle sehr wichtig und spannend», sagt Stéphane Décotterd. Décotterd ist Gastgeber in der Maison Décotterd in Glion und Sprecher der Schweizer Küchenchefs von Relais & Châteaux. Und er ist in der Schweiz ein Vorreiter, wenn es darum geht, auf lokale Produkte zu setzen. Décotterd ist es wichtig, nicht als Dogmatiker zu gelten. In Montreux könne er fast alle Produkte aus der näheren Umgebung beziehen, das sei natürlich nicht überall möglich. Grundsätzlich sei aus seiner Sicht aber nicht die Kilometerzahl wichtig, sondern die Qualität der Produkte und die Beziehung zu den Herstellern. Wichtige Aspekte für Décotterd und die anderen anwesenden Küchenchefs sind die regenerative Landwirtschaft, Tierschutz und althergebrachte Konservierungsmethoden. Und dies, während gleichzeitig der Geschmack und die Vielfalt der Aromaprofile bewahrt werden sollen – oder wie im Fall des Zincarlins mit Gin angereichert werden.


Über Slow Food und Relais & Châteaux

Slow Food ist ein weltweites Netzwerk, das 1989 gegründet wurde, um dem Verschwinden und Vergessen lokaler Lebensmitteltraditionen und der Verbreitung der Fast-Food-Kultur entgegenzuwirken. Seitdem hat sich Slow Food zu einer globalen Bewegung entwickelt, die Millionen von Menschen in mehr als 160 Ländern umfasst und sich dafür einsetzt, dass alle Menschen Zugang zu guten, sauberen und fairen Lebensmitteln haben. Die renommierte internationale Hotel- und Restaurantvereinigung Relais & Châteaux arbeitet seit mittlerweile sieben Jahren mit Slow Food zusammen. Jedes Jahr wird unter dem Motto «Food for Change» ein neuer Kampagnenschwerpunkt gewählt.


www.slowfood.com

Zurück zu den Artikeln