Die Renovierung historischer Hotels verlangt Balance

Die Renovierung historischer Hotels verlangt Balance

Die Renovierung eines historischen Hotels ist mehr als nur eine bauliche Herausforderung. Es gilt, ein Bauwerk in seiner historischen Substanz zu erhalten und es auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Hinzu kommen strenge Vorgaben des Denkmalschutzes. Der Hotelier sprach mit Robert Diepenbrock, Leiter INVITA Hospitality Projects by BAULINK AG, und Dennis Stemann, Niederlassungsleiter BAULINK AG in Bern, über ihre Erfahrungen bei der Renovierung historischer Hotels. 



Das Gespräch mit den bei-den Experten dreht sich um das Spannungsfeld zwischen den Wünschen der Hotelbesitzer oder In­­vestoren und der Denkmalpflege und darum, wie in einem konstruktiven Prozess unterschiedliche Interessen aufgelöst werden müssen, um ein historisches Hotel nachhaltig, ökologisch, ästhetisch und be­­trieblich fit zu machen für die Zukunft. Diesen Anforderungen stehen häufig denkmalpflegerische Aspekte wie historische Werte oder das Gemeinwohl gegenüber. Treiber für eine Sanierung sind häufig ein Update und ein Upgrade des Hotels. Und wie könnte es anders sein, spielt Geld bei allen Projekten eine wesentliche Rolle. 

Robert Diepenbrock und Dennis Stemann waren an zahlreichen aufwändigen Renovationsprojekten beteiligt. Beispielsweise beim Hotel Weissenstein auf dem Solothurner Hausberg, das von der BAULINK AG von Grund auf saniert und von INVITA ausgestattet wurde. Oder bei den Grossprojekten in den Luxushäusern «Mandarin Oriental Savoy» in Zürich und im «Mandarin Oriental Palace» in Luzern, wo INVITA Hospitality Projects für die Ausstattung zuständig war. 

Ohne den Einfluss der Denkmalpflege ist eine Sanierung von historischen Hotels heute nicht mehr möglich. ­Welche Erfahrungen haben Sie in der Zusammenarbeit mit den Denkmal­behörden gemacht?
Robert Diepenbrock: Die ganze Auseinandersetzung gleicht einer Quadratur des Kreises, die wir gemeinsam hinkriegen müssen. Die Denkmalpflege spielt tatsächlich eine zentrale Rolle bei solchen Projekten. Sie gibt nicht nur Empfehlungen, sondern sie definiert auch konkrete Vorgaben, die wir in unseren Planungen berücksichtigen müssen. Somit sind wir gemeinsam mit allen Beteiligten immer auf der Suche nach Lösungen, die alle zufriedenstellen. Diese Kompromisslösungen sind nicht immer einfach, aber unerlässlich.



Kürzlich war ich im Hotel Weissen­stein. Dort scheint mir die Quadratur des Kreises zwischen Denkmal­schutz und Modernisierung gelungen zu sein. Wie haben Sie das geschafft?
Diepenbrock: Das «Weissenstein»-Projekt ist tatsächlich ein Paradebeispiel für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Stakeholdern. Der Anbau eines Konferenzzentrums, die sogenannte «Trinkhalle», war eine grosse Herausforderung. Hier mussten wir moderne bauliche Anforderungen, ästhetische Gesichtspunkte und den Denkmalschutz miteinander in Einklang bringen. Diese technischen und ästhetischen Anforderungen mussten in den Entwurf integriert werden, ohne den historischen Charakter zu beeinträchtigen. Da hatte der bauliche Teil einen viel grösseren Anteil als der Innenausbau. Dort haben wir teilweise bei Möbeln Abstriche gemacht oder bei der Tapetenauswahl Kom­­promisse gefunden.

Besonders aufgefallen sind mir in ­meinem Zimmer im Hotel Weissenstein die freistehende Badewanne und die stilvollen Wasserhähne. Sind das Originale?
Diepenbrock: Nein, das sind keine Originale, sondern neue Installationen im historischen Design. Hier haben wir bewusst auf Elemente gesetzt, die den historischen Charme des Gebäudes unterstreichen, ohne die Funktionalität moderner Ausstattung zu vernachlässigen. Auch hier war der Spagat zu meistern – moderne Technik in einem klassischen Stil zu vertretbaren Kosten zu realisieren.

Der Anbau des neuen Konferenz­zentrums auf dem Weissenstein war sicherlich eine der grösseren ­Herausforderungen? 
Dennis Stemann: Eine der grössten Herausforderungen war die Integration moderner Sicherheitsanforderungen, insbesondere in Bezug auf Brandschutz und die bauliche Struktur des historischen Gebäudes. Gleichzeitig mussten wir den Vogelschutz berücksichtigen, da die Lage des Hotels auf dem Berg eine natürliche Zugvogelroute kreuzt. Auch die grosse Glasfront des Konferenzzentrums stellte uns vor technische Herausforderungen, insbesondere in Verbindung mit diesen Umweltaspekten.



Haben Sie einen festen Plan oder ein Manual für den Umgang mit Denkmalbehörden, oder verlangt jedes Projekt in dieser Hinsicht eine besondere Herangehensweise?
Stemann: Jedes Projekt ist einzigartig. Na­türlich gibt es gewisse Standardver­fahren und Abläufe, die wir befolgen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt immer in der Kommunikation. Es ist unerlässlich, dass man die Denkmalbehörden frühzeitig ins Boot holt, regelmässig vor Ort ist und Lö­­sungen gemeinsam erarbeitet. Jedes Projekt hat seine eigenen Herausforderungen, sei es aufgrund der Bausubstanz oder der spezifischen Anforderungen der Denk­mal­pflege. Persönliche Absprachen und Flexibilität sind unerlässlich für das Ge­­lingen. 

Auflagen oder Kompromisse führen oft zu höheren Kosten als ursprünglich geplant. Wie gehen Sie damit um?
Stemann: Ja, höhere Kosten sind oft un­­vermeidbar. Nehmen Sie das Beispiel der historischen Holzböden im Hotel Weissenstein: Wir haben diese restauriert und wieder eingebaut, anstatt neue Böden zu verlegen. Das war deutlich teurer, aber es hat dem Gebäude eine besondere Patina und Authentizität verliehen. Es gibt jedoch auch Projekte, bei denen die zusätzlichen Kosten durch Kompromisse im Design oder durch effizientere Planungen abge­federt werden können. Wichtig ist, dass der Bauherr von Anfang an versteht, dass solche Projekte selten ohne Budgetanpassungen auskommen. Das bedeutet aber nicht, dass immer Mehrkosten entstehen, es können auch einfach nur Kostenverlagerungen sein.



Was sind Ihrer Meinung nach die ­Treiber, die Hauptgründe für eine Hotelsanierung? Geht es um die Erschliessung neuer Geschäftspoten­ziale? Sind es energetische oder ökologische Gründe? Oder geht es eher um ein Luxus-Upgrade?
Diepenbrock: Es ist oft eine Kombination verschiedener Überlegungen. Einerseits geht es darum, das Hotel auf den neuesten Stand der Technik zu bringen und den Gästen zeitgemässen Luxus zu bieten. Andererseits spielen energetische und ökologische Gründe eine immer grössere Rolle, gerade in Zeiten steigender Energiekosten. Das Upgrade eines Hotels ist dabei nicht nur eine ästhetische Angelegenheit, sondern auch eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, um das Haus zukunftsfähig zu machen.

Können Sie ein Beispiel nennen, wie es gelingt, durch eine Sanierung nachhaltig zu sein und Kosten einzusparen?
Stemann: Ein gutes Beispiel ist die Implementierung von Smart-Room-Systemen. Diese Systeme ermöglichen es, den Energieverbrauch in nicht genutzten Räumen zu minimieren, indem Heizung, Beleuchtung und Klimaanlage automatisch heruntergeregelt werden. Das spart nicht nur Kosten, sondern verbessert auch die Energieeffizienz des gesamten Gebäudes.

Dennis Stemann (links)Robert Diepenbrock (rechts)

Haben Sie es schon erlebt, dass ein ­Projekt aufgrund von unvorherge­sehenen Budgetbeschränkungen oder Anforderungen der Denkmalpflege abgebrochen wurde?
Stemann: Ja, das kommt vor. In manchen Fällen führt die Kombination aus hohen Denkmalschutzanforderungen und be­­grenztem Budget dazu, dass ein Projekt nicht realisierbar ist. Ich erinnere mich an ein Hotel in einer sehr guten Lage, das renoviert werden sollte. Nach den ersten beiden Besprechungen war klar, dass die Kosten für die Anpassungen, insbesondere im Bereich Brandschutz und Er­­schliessung, das Budget weit überstiegen. In solchen Fällen muss nicht unbedingt aufgegeben werden. Oft sind eine Redu­zierung oder eine etappenweise Durch­führung die Lösung, die das Projekt dennoch zum Ziel bringen.


Gibt es Unterschiede bei der ­Umsetzung von Projekten, je nachdem, ob ein Hotel inhabergeführt oder Teil einer Hotelkette ist?
Diepenbrock: Ja, definitiv. Bei inhabergeführten Hotels ist oft eine sehr enge emotionale Bindung zur Immobilie vorhanden. Hier geht es nicht nur um betriebswirtschaftliche Effizienz, sondern mehr auch um den Erhalt des persönlichen Erbes. Bei Hotelketten hingegen stehen standardisierte Prozesse und Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Dennoch gilt auch hier: Am Ende des Tages müssen wir immer eine massgeschneiderte Lösung finden, die so­­wohl den Betreiber als auch die Gäste zufriedenstellt.

Wie beurteilen Sie die Geschäfts­aussichten im Bereich der historischen Hotelrenovierung? Viele historische Hotels sind ja bereits saniert. 
Diepenbrock: Die Perspektiven sind durchaus positiv, aber es wird schwieriger, ge­­eignete Projekte zu finden. Viele der grossen, prominenten Hotels sind tatsächlich be­­reits saniert. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach einzigartigen, historischen Ho­­tels hoch, gerade im Luxussegment. Auch der Tourismus hat generell wieder deutlich zugelegt und dürfte weiterwachsen, was für die Hotellerie ein gutes Zeichen ist. ­Historische Hotels haben in diesem Kontext einen besonderen Stellenwert, da sie eine Verbindung zur Vergangenheit und so einen Exklusivitätsfaktor bieten, den moderne Neubauten nicht erreichen.

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