Er kam aus dem Nichts

Er kam aus dem Nichts

Urs E. Schwarzenbach war ein Nobody. Heute ist er Milliardär, Financier, Investor, Mäzen, Immobilien-Tycoon und Besitzer des Zürcher Nobelhotels «The Dolder Grand». Mit 440 Millionen Franken hat er das Märchenschloss am Zürichberg vor dem ­drohenden Untergang gerettet und zu einem der schönsten und besten City Resorts der Welt gemacht. 



Urs Schwarzenbach ist ein aussergewöhnlich interessanter Mann. Interviews gibt er äusserst selten, am liebsten gibt er gar keine. Unterhalten freilich kann man sich mit ihm. Und das sogar glänzend. Der Moment muss einfach stimmen. Auch an Anlässen jeglicher Art lässt er sich kaum blicken. Vom Sechseläuten, dem traditionellen ­Zürcher Frühlingsfest, einmal abgesehen; schliesslich ist er Zünftler. Eine Ausnahme macht er auch dann, wenn «Die 100 besten Hotels der Schweiz» (das Original unter den Ratings) in seinem Palast gefeiert werden. Im vergangenen Mai mischte er sich wieder gut gelaunt unter die zweihundertfünfzig geladenen Gäste und freute sich, dass «The Dolder Grand» erneut als bestes Stadthotel im Land ausgezeichnet wurde.

Wie im Märchen
Seine Geschichte hat märchenhafte Züge. Anfänglich hatte nämlich nichts auf einen derart steilen Aufstieg in die glamouröse Welt der Superreichen hingedeutet. Während der Zeit im Gymnasium tendierte der als Sohn eines Druckereibesitzers in Thalwil aufgewachsene Schwarzenbach zu einem Ingenieurstudium. Er interessierte sich für Tunnel oder Brückenbauten, realisierte aber rasch, «dass man damit nie Geld verdienen oder gar reich werden kann». Und Geld verdienen wollte er schon früh. Ihm graute davor, im Durchschnitt unterzugehen.

«Auch als Architekt oder als Kunstmaler hätte ich es nie an die absolute Spitze gebracht», vermutet er. In der Schule hatte er zwar mal einen Malwettbewerb gewonnen, «doch ein Picasso wäre nie aus mir geworden». In der Folge fehlte ihm der ­Ehrgeiz, sich auf diesen Gebieten ins Zeug zu legen. Und Ehrgeiz hält er für «unabdingbar, um es irgendwo an die Spitze zu bringen». Sozusagen aus Verlegenheit heuerte er 1968 schliesslich bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft an. Vier Jahre später ging er nach London und gründete 1976 sein eigenes Devisenhandelsunternehmen. Es war der Beginn einer wundersamen Geldvermehrung.

Gegen den Strom geschwommen
Anfang der 80er-Jahre setzte Schwarzenbach auf dem heissen Finanzplatz London gegen jegliche Vernunft auf einen Kurs­anstieg des britischen Pfunds. Der Kurs stieg und stieg. Als er verkaufte, war sein Jugendtraum in Erfüllung gegangen. Er hatte viel, unheimlich viel Geld. «Nur wer den Mut hat, gegen den Strom zu schwimmen, hat Erfolg», weiss er. Seine Wangen glühen, wenn er von dieser Zeit erzählt.

Seit seinem ersten ganz grossen Coup ist Schwarzenbach in der glücklichen Lage, sich alles leisten zu können, was er will. Sein Vermögen wird auf 1,5 bis 2 Milliarden Franken geschätzt. Er besitzt Immo­bilien und Ländereien in und um Zürich, in St. Moritz, Zermatt, Frankreich, Ma­­rokko und Grossbritannien sowie mehrere Farmen in Australien. Neben einem Privatjet, einem Helikopter und einer Segeljacht gehören ihm die Engadin Airport AG, das Flugunternehmen Swiss Jet, die St. Moritz Polo AG sowie eine atemberaubende Kunst­sammlung.

«Es gibt immer einen, der mehr hat»
Bis vor zwei Jahren war er Honorarkonsul der Mongolei, wo er an der Golomt Bank beteiligt ist. Früher war er auch ein sehr guter Skeletonfahrer und zählte zu den besten Amateur-Polospielern. In Anlehnung an seinen Namen gründete er in den 80er-Jahren sein Black Bears Polo-Team. 2007 kaufte er für etwa 90 Millionen Franken ein komplettes englisches Dorf mit vierundvierzig Häusern. Kurz zuvor hatte er bereits für 50 Millionen Franken den Landsitz Culham Court erstanden. Schwar­­zenbach lebt in England und der Schweiz, ist seit fünfzig Jahren mit der Australierin Francesca Mulhall verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Ob er Milliardär ist oder nicht, ist ihm gar nicht so wichtig. «Es gibt immer einen, der noch mehr hat. Nur wer das akzeptiert, lebt in Frieden. Der andere macht sich kaputt.»

Keine fremden Herren im Haus
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Schwarzenbach 2001, als er von der Familie Schweizer-Wehrli die Aktienmehrheit am verstaubten Zürcher «Grand Hotel ­Dolder» erwarb. Weil die Banken zu viel Zins forderten, entnahm er die für den Um- und Neubau erforderlichen 400 Mil­lionen Franken der Privatschatulle.

Die einst lange Liste von Management­firmen und Kauflustigen, die am Dolder Grand Interesse bekunden, ist mittlerweile kürzer geworden. Es hat sich herumgesprochen, dass Schwarzenbach keine fremden Herren im Haus will. «Falls jemand kommt und mir eineinhalb Milliarden Franken auf den Tisch legt, würde ich den Fall sicher mit der Familie besprechen», sagt er. Und fügt gleich an: «Aber ich wüsste ja gar nicht, was ich mit dem Geld anfangen sollte.»

«To be happy»
Schon seit Jahren plant der mittlerweile 76-Jährige, das Matterhorn zu besteigen. Anschliessend soll der Kilimandscharo drankommen, zum krönenden Abschluss dann der Mount Everest. Eine Knie- und eine Hüftoperation haben seine Pläne etwas durcheinandergebracht, «und ein paar Kilo abnehmen muss ich auch noch», sagt er. «Aber ich werde immer meine Ziele und Pläne haben. Selbst wenn ich mal gestorben bin, habe ich schon wieder ein Ziel vor Augen – ich möchte in den Himmel.» Ernsthafter fügt er dann bei, was er anstrebe, sei «to be happy». Und glücklich sei er eigentlich immer gewesen.

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