Technologien für die Hotellerie: Trends und Basics

Technologien für die Hotellerie: Trends und Basics

Gianluca ­Marongiu, SHS Academy, sprach mit Martin Werlen, Geschäftsführer der Bocco Group über die digitalen Entwicklungen in der Hotelbranche. 

Seit fast 20 Jahren unterstützt Bocco Group Schweizer Hotels im Bereich Online-Vertrieb. Welche Herausforderungen im Bereich Technologie sind gerade aktuell?
Die Schweizer Hotellerie steht im Vergleich zum Ausland im Online-Vertrieb sehr gut da. Trotzdem fühlen sich viele unserer über 500 Schweizer Hotelkunden an der Flut verschiedenster Technologien im Bereich Hotelprogramm (PMS), Revenue-Management-Tools, Channel-Manager und Buchungsmaske überfordert. Wenn ich nur den Bereich Revenue-Management-Tools anschaue, gab es vor ca. sechs Jahren zwei oder drei bekannte Player auf dem europäischen Markt. Nun sind es über 25 mir bekannte Systeme, die alle zehn Prozent und mehr Umsatzsteigerungen ver­sprechen. Dabei möchte jedes Tool besser sein als der Konkurrent. Dies macht es für die Hotels nicht ein­facher. Bocco Group unterstützt die Kunden bei der Wahl der richtigen Software, die zu seinem Haus und der bereits bestehenden Systemlandschaft passt.

Welche Technologien sind für den Online-Vertrieb notwendig?
Mit den schnellen technologischen Fortschritten ändern sich die Softwareanforderungen ständig. Wenn die aktuelle Software veraltet ist, hindert es die Produktivität des Hotels. Mit der richtigen Software kann der Hotelier durch Automatisierung die Kosten senken, den Umsatz durch Revenue Management und Marketing steigern und die Produktivität der Mit­arbeiter erhöhen. Die Automatisierung alltäglicher Aufgaben hilft dem Hotelier, einen qualitativ hochwertigen Service zu bieten und dadurch die Gäste glücklich zu machen. Für mich sind das Hotel­programm (PMS), der Channel-Manager und die Buchungs­maske auf der Website die Basisprogramme, welche jeder Hotelier nutzen sollte. Unterstützend empfehle ich den Hotels ein Revenue-Management-Tool, das dem Hotelier hilft, Zimmerpreise auf Basis von Algorithmen zu generieren. Weitere wichtige Tools können eine Mobile-Check-in-/Check-out-App, eine Reputationssoftware, ein Guest-Journey-Tool, eine Meta-Search-Anbindung, ein Chatbot (KI) und eine vollintegrierte Payment-Lösung sein.

Kann ein Hotel diese Technologien selbst ­managen?
Die Basistechnologien managen die meisten Hotels selber. Es kann sinnvoll sein, bestimmte Bereiche ­auszulagern. Revenue-Management, Meta-Search und IT-Sicherheit sind Bereiche, in denen externe Experten einen Mehrwert bieten. Zudem stellt Outsourcing in Zeiten von Fachkräftemangel eine praktikable Lösung dar.

Wie wählt Bocco Group den richtigen Channel- Manager für ein Hotel aus?
Wir starten immer mit einer detaillierten Bedarfs­analyse. Wir stellen hier folgende Fragen: Welche ­Portale sollen angesteuert werden? Welches Hotel­programm (PMS) verwendet der Hotelier? Welche Ratenstrategie wird angewendet? Werden die Preise und Restriktionen im Channel-Manager oder Hotelprogramm gepflegt? Nutzt der Hotelier ein RMS-Tool? Wir unterstützen den Hotelier anhand dieser Kriterien, den richtigen Channel-Manager zu wählen und diesen dann optimal zu implementieren und zu be­­wirtschaften. Wir schauen gemeinsam mit unserem Kunden, welche Online-Kanäle passen und informieren fortlaufend über neue Portale.

Welche technologischen Trends in der Hotellerie zeichnen sich ab?
Automatisierung, künstliche Intelligenz und personalisierte Gästekommunikation gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Automatisierung von Standard­prozessen wie Check-in, Check-out und Zimmer­reinigung ermöglicht eine effizientere Betriebs­führung und reduziert den personellen Aufwand sowie menschliche Fehler. Viele unserer Kunden verlassen sich auf neue Technologien wie KI und Cloud-Lösungen, um den Arbeitskraftmangel auszugleichen und die Leistung zu steigern. KI-gestützte Systeme, die auf die individuellen Bedürfnisse jedes Gastes ­eingehen, könnten bald zum Standard werden. Einige Gäste erwarten ein reibungsloses Erlebnis und Technologien wie Mobile-Check-in, KI-gesteuerter Con­cierge-Service und digitale Zimmerschlüssel. Der Trend zur Personalisierung wird durch die wandelnden Erwartungen der Gäste vorangetrieben.

Revenue-Management-Tools werden in Zukunft an­­hand von KI und leistungsfähigeren Datenanalysen noch höhere Umsatzsteigerungen erzielen. Beim Channel-Manager wird KI steuern, welche Zimmer- und Ratentypen über welchen Kanal angeboten ­werden. KI-gesteuerte personalisierte Marketing­kampagnen werden den Gästen genau die Angebote und Packages anzeigen, die auf ihre Vorlieben zu­­geschnitten sind. Auch personalisierte Preisgestal­tungen werden in Zukunft mittels KI möglich sein. 

Wie sieht die Zukunft im Bereich Payment aus?
Für mich ist die Hotellerie eine der wenigen Branchen, in der man noch etwas ohne vorgängige Bezahlung kaufen kann. Die Automatisierung von Zahlungen sollte im Digitalisierungsprozess nicht vergessen werden. Bezahlungen vor Ort verlängern den Check-in- oder Check-out-Prozess unnötig. Hier empfehle ich unseren Kunden, eine innovative Payment-Lösung zu inte­grieren, die den Gast schon bei der Buchung belastet. Das Bezahlen beim Buchungszeitpunkt hat weitere Vorteile wie Liquidität- und Planungssicherheit, weniger Bürokratie und weniger Stornierungen. Hier bin ich überzeugt, dass in Zukunft immer mehr Hotels auf Vorauszahlung umstellen werden, wie dies bei Airlines schon lange der Fall ist. Diesen Trend sehe ich bereits jetzt bei vielen unserer Kunden, die Simple Booking als Buchungsmaske nutzen und hier ihren Payment-Provider anbinden, damit der Gast beim Buchungszeitpunkt zahlt.


Der Autor
Martin Werlen ist Gründer und Geschäftsführer der Bocco Group GmbH. Die Firma mit Sitz in Bern wurde im Jahre 2006 gegründet und deckt durch internationale Technologien alle Bereiche des Online-Vertriebs für über 500 Schweizer Hotels ab. Durch eine zusätzliche Soft-Begleitung wird dem Hotelier auch das ­notwendige Know-how vermittelt, die Systeme bestmöglich für sich zu nutzen. Seit 2015 ist Martin Werlen in der Jury des prestigeträchtigen Branchenawards «Hotelier des Jahres».

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