Er und seine Frau führen ein ganz spezielles Wellness- und Golfhotel im Thurgau. Dort, wo heute Gäste im Pool schwimmen oder Champagner trinken, wurden früher Schweine gezüchtet. Vor zehn Jahren wurde das Wellnesshotel Golf Panorama in Lipperswil eröffnet. Alexandre und Caroline Spatz haben aus dem Vier-Sterne-Superior-Haus eine Erfolgsgeschichte gemacht.
Führt zusammen mit seiner Frau erfolgreich das Hotel Golf Panorama in Lipperswil: Alexandre Spatz.
In der Westschweiz. Auf dem Papier bin ich Waadtländer.
Ein «Papierwaadtländer», der breites Zürichdeutsch spricht.
Das liegt daran, dass ich in Zürich aufgewachsen bin. Im Hotel Glärnischhof habe ich eine Kochlehre gemacht, und später besuchte ich die Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich.
Warum haben Sie sich für eine Karriere als Hotelier entschieden?
Ich wollte schon immer in einem Hotel leben und arbeiten. Schon als kleiner Bub. Als Kind habe ich mit meiner Grossmutter «Hotel und Restaurant» gespielt. Mit 15 machte ich im Hotel Ascot in Zürich meine erste Schnupperlehre. Ich fand das super.
Sie haben als Jugendlicher oft in Hotelküchen geschnuppert?
Ja. Mein Ziel war es, mit 30 Jahren Hoteldirektor zu sein.
Und das haben Sie erreicht?
Ja. Mit 30 Jahren wurde ich hier Direktor. Vorher war ich Leiter der Restauration und Fachlehrer für Gastronomie an der Hotelfachschule Belvoirpark.
Und dort haben Sie sich in Ihre Frau Caroline verliebt.
(lacht) Sie war meine Schülerin! Zwei Stunden nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, kamen wir zusammen.
2011 haben Sie geheiratet.
Ja, und heute haben wir drei Kinder. Wir führen das Hotel zusammen, wobei ich die Gesamtverantwortung trage. Wenn etwas schiefläuft, haut man mir auf den Kopf (lacht).
Vor zehn Jahren wurde das Wellnesshotel Golf Panorama sozusagen auf der grünen Wiese eröffnet. Wie kommt ein Investor auf die Idee, aus ehemaligen Schweineställen ein Hotel zu machen?
Eigentlich war Lipperswil für mich damals kein Thema. Mich zog es nach Tokio. Ich war mal Gast im «The Peninsula» – dort wollte ich unbedingt arbeiten.
Und wie kamen Sie nach Lipperswil?
Über meine Schwiegereltern. Sie schlossen einen Managementvertrag mit den Investoren ab, konnten und wollten das Haus in Lipperswil aber nicht selbst führen. Sie suchten deshalb eine Direktion für das «Golf Panorama».
Wer waren diese Investoren?
Damals waren es zwei Familien aus dem Thurgau, jetzt gehört das Hotel nur noch einer Familie.
Einer Familie?
Es ist eine österreichische Unternehmerfamilie, die im Thurgau und in Österreich lebt. Ihr Hauptgeschäft ist die Produktion von Bestandteilen für Autoscheibenwischer.
Wie viele Millionen Franken haben die Inhaber vor zehn Jahren ins «Golf Panorama» investiert?
55 Millionen Franken.
Wo liegt der aktuelle Jahresumsatz?
Bei etwa 7 Millionen Franken.
Ihr Haus ist ein Golfhotel, aber nur mit Golfern …
… könnten wir selbstverständlich nicht existieren. Wir positionieren uns deshalb als Wellnesshotel Golf Panorama. Würden wir nur auf Golfer setzen, wären wir wetterabhängig.
Sie sind ein Ganzjahresbetrieb?
Ja. Die Auslastung liegt übers ganze Jahr gesehen bei 70 Prozent.
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei 2,0 Nächten. Das ist für ein Wellnesshotel sehr tief.
Der Trend geht in der Schweizer Ferienhotellerie klar in Richtung Kurzaufenthalte, Wochenenden. Da sind wir absolut keine Ausnahme. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die Gäste immer kurzfristiger buchen, wobei das Wetter die entscheidende Rolle spielt.
Deshalb setzen Sie unter der Woche auf Tagungen und Seminare.
So ist es, unter der Woche machen wir drei Viertel des Umsatzes mit Tagungs- und Seminargästen.
Welches Gästesegment ist am lukrativsten?
Diese Frage kann ich Ihnen so nicht beantworten, denn der Individualgast ist genauso wichtig wir der Seminargast. Was Seminare und Tagungen betrifft, bewegen wir uns eher im Premiumbereich. Wir sind sicher nicht speziell günstig.
Warum sollte ein Gast ausgerechnet bei Ihnen in Lipperswil absteigen? Es gibt ja noch andere tolle Hotels in der Ostschweiz.
Hier haben Sie totale Ruhe!
Das sagen Ihre Mitbewerber auch.
Bei uns ist fast alles möglich. Gästewünsche sind hier nicht nur ein Schlagwort. Dazu kommen die wunderbare Natur, Wiesen, Wälder, der nahe Bodensee, die frische Luft und die Ruhe … Hier finden auch nicht 40 Seminare gleichzeitig statt wie in einem Kongresszentrum.
Es gibt spektakulärere Wellnessoasen in der Schweiz oder im nahen Österreich. Was spricht für Ihr Hotel?
Der Gast findet bei uns, wie gesagt, eine Oase der Ruhe.
Aber kein Wellnessspektakel.
Das wollen wir ja auch nicht! Wir setzen auf professionellen, sehr individuellen, herzlichen Service und ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis. Kürzlich sagte mir ein Gast bei der Abreise, er müsse fast weinen, denn eigentlich möchte er ja noch bleiben und die wunderbare Ruhe und Atmosphäre geniessen.
Ist Ihr Hotel rentabel? Erwirtschaften Sie einigermassen gute Gewinne?
Wir erzielen nicht die ganz grossen Gewinne, aber wir verlieren auch kein Geld.
Sie sind seit 2019 Präsident des Verbandes Hotellerie Ostschweiz. Dazu gehören die Kantone …
… Thurgau, Schaffhausen, St. Gallen, Glarus, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. Unser Verband umfasst rund 100 Hotels.
Wenn Sie auf die Tourismusszene Ostschweiz schauen, wie läuft es?
Wir sind noch auf tiefem Niveau. Die Tophotels in der Ostschweiz sind alle so etwas wie eigene Destinationen. Im touristischen Umfeld dieser Flaggschiffe passiert leider noch wenig. In der Ostschweiz findet der Gast Velo- und Wandertouren, Schifffahrt, Bergbahnen, historische Orte und viele andere Highlights. Es sind aber die Tophotels, die Flaggschiffe, welche die Region touristisch befruchten.
Welche Rolle spielt denn Thurgau Tourismus? Der Kanton hat ja eine Menge zu bieten: Schlösser, Wälder und Dörfer, Weine, alte Riegelhäuser – und Äpfel.
Wir sind dran!
Sie sind ein exzellenter Verkäufer. Den potenziellen Gästen in Saudi-Arabien hätten sie sogar den Ostschweizer Nebel schmackhaft gemacht, sagen Leute, die Sie kennen.
Gäste aus dem Mittleren Osten mögen unser kühles Klima, sie wissen es zu schätzen, wenn es regnet und der Nebel für frische Luft sorgt.
Sie sind der Verkaufsmanager des Hotels und weilten kürzlich auch in Singapur.
Im Anschuss an Dubai flog ich nach Singapur und führte dort Schulungen für Call-Center-Mitarbeitende von «Small Luxury Hotels of the World» durch, um das Wellnesshotel Golf Panorama besser zu vermarkten.
Viele Schweizerinnen und Schweizer pilgern ins Allgäu, nach Vorarlberg oder nach Tirol, weil dort die Hotels nicht nur gut, sondern auch billiger sind. Leiden Sie darunter?
Nein, wir profitieren davon! Auch der starke Franken macht uns kaum zu schaffen.
Das müssen Sie mir erklären.
Gäste, die in der Region Kreuzlingen/Konstanz ein Wellnesshotel suchen, landen oft bei uns, weil es dort keine solchen Hotels gibt. Konstanz ist für Schweizer eine attraktive Einkaufsstadt, wo viele Dinge günstiger sind als in der Schweiz. Deshalb: Unser Schweizer Gast geht gern über die Grenze nach Konstanz, kauft dort zum Beispiel eine Babyausstattung und verbringt – bevor das Kind kommt – ein Schwangerschaftswochenende im «Golf Panorama».
Der Gast ist sensibel, wenn es um den Preis geht.
Unsere Schweizer Gäste nicht.
Der Grund?
Wir sind nicht so teuer! Der durchschnittliche Zimmerpreis bewegt sich bei 360 Franken, am Sonntag bekommen Sie bei uns ein Zimmer schon ab 160 Franken.
Sie haben vor allem Schweizer Gäste.
Ja, 98 Prozent.
Aus welchen Regionen kommen sie?
Viele kommen aus der Westschweiz, weil man am Genfer- oder Neuenburgersee nicht Velo fahren kann. Die Region Thurgau und Bodensee ist ein Biker-Paradies.
Haben Sie viele Stammgäste?
Mehr als die Hälfte – 58 Prozent.
Der treue, loyale Stammgast gehöre der Vergangenheit an, sagen viele Hoteliers.
(lacht) Der Gast geht fremd, aber er kommt wieder.
Sprechen wir noch kurz über Ihre Preisstrategie, Booking und Co.
Wir arbeiten sehr oft mit Packages. Die kann man über Booking nicht buchen. Bei uns steigen vor allem Schweizer Gäste ab – und die buchen direkt. Der Anteil Direktbuchungen liegt bei 65 bis 75 Prozent. Wir setzen im Sinne des Revenue-Managements auf ein dynamisches Preissystem.
Viele haben Mühe mit Booking und Co., Stichwort Ratenparität.
Ich habe mit Booking kein Problem. Auch wenn das viele Hoteliers nicht wahrhaben wollen: Dank Booking sind unsere Hotels weltweit sichtbar.
10 Jahre Wellnesshotel Golf Panorama. Sie sind erst 40, Ihre Frau ist sechs Jahre jünger. Wann verlassen Sie das traute Thurgau und ziehen doch noch hinaus in die weite Welt?
Ich kann nur sagen, dass es im Moment so stimmt für uns.
Sie verbringen die nächsten 25 Jahre in Lipperswil und gehen dann in den wohlverdienten Ruhestand …
Davon kann keine Rede sein! Ich habe so etwas wie eine persönliche Vision.
Und wie lautet diese Vision?
Das «Golf Panorama» war unser Einstieg. Der ist uns gelungen. Auf dieser Erfahrung können wir aufbauen. Es kommt der Moment, wo wir uns verändern wollen. Dann ziehen wir weiter. Nochmals: Im Moment sind wir noch nicht so weit.
Später einmal ein eigenes Hotel …
Ja, vielleicht, aber nicht sofort. Wir würden vorerst sicher noch als Direktionspaar Erfahrungen sammeln. In der Schweiz, vielleicht auch im Ausland. Ich bin offen für die ganze Welt.
Und wann kommt der von Ihnen erwähnte Moment?
In den nächsten fünf Jahren — ich kann es Ihnen nicht genau sagen.
Alexandre Spatz, weiterhin viel Erfolg im Thurgau – und später vielleicht in Tokio. Vielen Dank für das Gespräch!
WELLNESSHOTEL GOLF PANORAMA
Das Wellnesshotel Golf Panorama in Lipperswil im Kanton Thurgau liegt zwischen der voralpinen Hügelkette und dem Bodensee, im Dreiländereck Schweiz, Deutschland und Österreich. Geführt wird das Vier-Sterne-Superior-Wellnesshotel mit 42 Doppelzimmern und 10 Suiten sowie 2 Appartements vom Direktionsehepaar Alexandre und Caroline Spatz. Für die Kulinarik zuständig ist Küchenchef Peter Vogel (14 Gault-Millau-Punkte). Das Hotel verfügt über einen 18-Loch- und einen 9-Loch-Golfplatz sowie einen 2000 m² grossen Fitness- und Wellnessbereich. Dort, wo sich heute Gäste erholen, standen früher die Stallungen einer grossen Schweinezucht. Das Hotel Golf Panorama wurde im Juni 2010 eröffnet und feiert in diesem Jahr das 10-Jahr-Jubiläum.
Der Bau wurde nach den Richtlinien für Umweltschutz realisiert. 70 Prozent der Heizenergie bezieht das Hotel über Erdwärme, sämtliche Kühlungen laufen über Verbundkühlanlagen, deren Abwärme zur Warmwasseraufbereitung genutzt wird. Zudem werden die Klimaanlagen in den Südzimmern über einen Druckschalter in den Fenstern gesteuert. Auch in der Küche wird mit modernster Energietechnik gearbeitet. Besonders umweltfreundlich ist das Heizen mit Biogas: Das Wellnesshotel Golf Panorama verwertet den Bioabfall separat in einer Biogasanlage und fördert so CO²-neutrale Energie.
Das «Golf Panorama» ist Mitglied bei «Private Selection Hotels» und «Small Luxury Hotels of the World» (SLH). Das Hotel beschäftigt 46 Mitarbeitende, davon 9 Lernende.
golfpanorama.ch
Möchten Sie einmal pro Woche News und Storys aus der Hotellerie- und Gastronomie-Branche erhalten? Dann abonnieren Sie jetzt den Newsletter Hotelière-Weekend!
Wenn du dich für eine Auswahl entscheidest, wird die Seite komplett aktualisiert.