Was können wir von Four Seasons lernen?

Was können wir von Four Seasons lernen?

«Hotelier»-Gespräch mit Martin Rhomberg, General Manager im Four Seasons Hotel des Bergues Genf Das Four Seasons Hotel des Bergues in Genf. Es ist nicht nur das älteste Grandhotel der Schweiz (1834 eröffnet), sondern auch eines der besten und erfolgreichsten Luxushotels überhaupt. Seit fünf Jahren führt der gebürtige Österreicher Martin Rhomberg (55) Regie im renommierten Luxushaus. Frage: Was können andere Hoteliers von Four Seasons lernen? Warum ist die kanadische Hotelgruppe so erfolgreich?


Martin Rhomberg, Four Seasons hat weltweit einen einzigartigen Ruf. Wer bei Ihnen arbeitet, spielt in der Champions League. Sie sind seit 20 Jahren für Four Seasons Hotels & Resorts tätig. Was ist die ­besondere Herausforderung, für diese Company zu arbeiten?

Die Arbeitsphilosophie von Four Seasons verlangt von jedem Mitarbeitenden, jeden Tag das Beste zu geben. Darin liegt für mich die grosse Herausforderung. Und das in einer Umgebung, die locker und ungezwungen ist, aber gleichzeitig auch anspruchsvoll.


Im Gegensatz zu vielen zu anderen Luxushäusern sind wir nicht vertikal, sondern horizontal organisiert. In klassischen Hotelorganisationen steht ganz oben der Generaldirektor, dann kommt der Vize­direktor, dann die Leute des mittleren Kaders – und so geht das in der Hierarchie hinunter. Die Chefs sagen den Mitarbei­tenden, was sie tun müssen.



Und bei Four Seasons sagen die Mitarbeitenden, was die Chefs tun müssen

(lacht) Nein, unser Führungsstil ist zwar sehr locker, aber gleichzeitig auch sehr streng. Ich sage meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was ich von ihnen erwarte. Ich gebe ihnen den Spielraum und die Standards vor, in dem sie sich bewegen können. Sie dürfen auch Standards unterbrechen, aber das Ziel ist immer, dem Gast zu helfen. Wir arbeiten auf einer sehr breiten Vertrauensbasis.



Und wenn etwas schiefläuft?

Dann wird das Training intensiviert. Doch Fehler passieren nicht, weil der Mitarbeitende schlecht ist.



Isadore Sharp ist der Gründer und Erfinder von Four Seasons Hotels & Resorts. Er hat die immer noch aktuelle Four-Seasons-Philosophie entwickelt und in einem Buch publik gemacht. Wie würden Sie diese Philosophie umschreiben?

Behandle andere so, wie du behandelt werden willst. Das ist unsere goldene Regel. Für Isadore Sharp sind vor allem die Mitarbeitenden wichtig. Sie sind das Herz eines Hauses. Alles, was bei Four Seasons geschieht, läuft über die Mitarbeitenden. Sie verkörpern das, was Isadore Sharp «Ser­­­vice Excellence» nennt.



In vielen Luxushäusern dominiert das, was man Hardware nennt: Bäder aus Marmor, exklusives Mobiliar, luxuriöse Suiten …

… die Hardware ist die Grundlage, aber nicht das eigentliche Erfolgsrezept, sagt Isadore Sharp. Und er hat absolut recht, denn Luxus kommt von Service.



Was ist guter Service?

Service ist intuitiv. Man sollte stets vorausschauen und sich fragen, was man dem Gast noch Gutes tun könnte. Wichtig: Guter Service kommt immer von Herzen.



Ein weiterer Grundsatz von Isadore Sharp: Gast und Mitarbeiter begegnen sich auf Augenhöhe. Der Gast ist also nicht zwangsläufig der «König».

Natürlich ist der Gast im übertragenen Sinne der «König», aber wir sind alles nur Menschen. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden sich selbst bleiben. Sie sollen authentisch sein. Jeder Mitarbeitende ist ein Individuum. Der Mit­arbeitende soll sich nicht eingesperrt fühlen, zum Beispiel in einer Uniform, er soll sich entfalten können. Entscheidend ist, dass er seinen Job mit Herzblut, leidenschaftlich und professionell macht.


Und wie reagieren die Gäste auf Kellner mit Tattoos?

In der Bar arbeitet eine junge Frau mit ­Tattoo und in unserem Michelin-Restaurant «Il Lago» serviert ein Kellner mit Bart. Von unseren Gästen kommen keine negativen Kommentare dazu.



Woher nehmen Sie diese Mitarbeitenden, welche die erwähnte Four-Seasons-Philosophie geradezu verkörpern?

Wir führen mit jedem möglichen Mitarbeitenden vier Interviews. Das letzte Interview führe immer ich.



Derzeit ist der Arbeitsmarkt im ­Gastgewerbe völlig ausgetrocknet. Man findet fast keine guten Leute. Wie ist das bei Ihnen?

Wir haben einen sehr guten Ruf und finden deshalb zum Glück auch in Krisen-Situationen qualifizierte und geeignete Mitarbeitende.

Was ist besonders wichtig bei neuen Mitarbeitenden?

Die Einstellung. Das Handwerk können wir ihnen beibringen, aber die Einstellung zum Beruf, die erwähnte Leidenschaft, nicht. In den etwa zweistündigen Interviews versuchen wir herauszufinden, ob diese Einstellung wirklich vorhanden ist.



Wir sprechen von der richtigen Einstellung. Was aber heisst das ganz konkret?

Man ist glücklich, wenn man andere Menschen glücklich machen kann. Hinzu kommt, dass man gerne im Team arbeitet.

Der verstorbenen General Manager des Four Seasons Florenz, Patrizio Cipollini, verlangte von seinen Mitarbeitenden, dass sie die sogenannte «Sondermeile» gehen.

Die Sondermeile funktioniert nur, wenn der Service von Herzen kommt und man seinen Job leidenschaftlich gerne macht. Und noch etwas: Wenn der Gast in der Bar eine Cola bestellt und ich bemerke, dass der Akku seines Smartphones am Ende ist, bringe ich ihm selbstverständlich ein La­­de­­ge­rät an den Tisch.

Der Service muss jederzeit aufmerksam und beim Gast sein …

… richtig. Man sollte sich stets auf den Gast konzentrieren und herausfinden, was dieser wirklich braucht. Service wird dann eine Kunst, wenn die Mitarbeitenden die Bedürfnisse des Gastes erkennen und darauf reagieren.



Ex-Kempinski-Chef Reto Wittwer war der Meinung, dass Luxus in der Hotellerie eine europäische Geschichte sei, welche die ­Ameri­kaner nie begriffen hätten. In amerikanischen Luxushotels sei mehr oder weniger alles stand­ardisiert. Four Seasons gehört mehrheitlich einem Amerikaner (Bill Gates) und hat kanadische Wurzeln.

Vorneweg: Standards sind wichtig, damit die Gäste wissen, was sie in einem Hotel erwarten können. Doch jeder unserer Mitarbeiter hat das Recht und die Verpflichtung, Standards auch zu brechen, sofern es der Gast will.




Ein Beispiel?

Von dem Moment an, wo der Gast die Bar betritt, bis zum ersten Getränk dürfen nicht mehr als fünf Minuten vergehen. Das ist bei uns Standard. Kommt der Gast mit seiner Frau in die Bar und beide sind intensiv in ein Gespräch vertieft, sollte die Kellnerin das Paar nicht stören und abwarten, bis sich eine Gesprächspause ergibt. Spüren, was der Gast gerade will, aufmerksam sein – das ist die Kunst im Service.



Was, wenn im italienischen ­Restaurant die Pasta mal nicht so schmeckt, wie sie ­schmecken sollte

… dann nehmen wir sie sofort zurück und bieten dem Gast eine neue Pasta an. Die interne Information, dass die Pasta am Tisch XY anfänglich nicht gut war, erfahre ich spätestens am andern Morgen. Alle Pannen im Hotel werden bei uns erfasst, sodass jeder Mitarbeitende im Hotel weiss, was genau schiefgegangen ist.

Und was tun Sie?

Regel Nummer eins: mit dem Gast sprechen, sich entschuldigen, dem Gast etwas Gutes tun. Regel Nummer zwei: aus dem Vorfall lernen und nötigenfalls Massnahmen einleiten. Fehler sind menschlich, nur sollte man daraus lernen. Mitarbeitende werden auch nie bestraft dafür. Wichtig ist nur, dass wir wissen, wo und wann ein ­Fehler oder eine Panne passiert ist, sodass wir sofort reagieren können.



Sie geben mir das Stichwort: Vertrauen.

Ich vertraue meinen Leuten blind. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder, der hier im Hotel arbeitet, sein Bestes tut – für den Gast und für das Haus.

Sie sind also kein Kontrollfreak, der ständig durchs Hotel eilt und den Leuten Weisungen erteilt.

Es gibt eine Studie aus der Luxushotelle­-rie, die zeigt, dass es in einem grösseren Haus täglich zu mehr als 10 000 Interaktionen zwischen Gästen und Mitarbeitern kommt – bei der Ankunft, beim Check-in, in der Bar, im Restaurant, in den Korridoren. Können Sie als General Manager das alles kontrollieren? Unmöglich!



Und trotzdem müssen Sie als Hotelier viele Dinge laufend über­prüfen.

Unsere Standards, Serviceabläufe, Hygiene und solche Dinge werden laufend überprüft. Aber auch da vertraue ich meinem Team.



Sie führen das Haus auf der Grundlage eines Managementvertrages. Sie sind also Hotelmanager und gleichzeitig Gastgeber. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Mana­ge­ment und klassischem Hoteldirektor?

Ich bin beides, Manager und Gastgeber, und ich tue beides mit Passion. Ich bin auch sehr oft beim Gast und kenne alle unsere Stammgäste. Der persönliche Kontakt zu den Gästen gibt mir Energie.



Und trotzdem, erlauben Sie mir die Frage: Wie frei sind Sie als Manager eines weltweit tätigen Hotel­konzerns tatsächlich?

Die Philosophie von Four Seasons lautet: Jeder General Manager ist sein eigener CEO. Ich bin verantwortlich für das Hotel. Der Konzern vertraut mir und geht davon aus, dass ich hier mein Bestes gebe.



Four Seasons spiele in der Champions League. Auch andere Luxushotelketten spielen in dieser Liga: Ritz-Carlton, Peninsula, Mandarin Oriental, Oetker Collection, Park Hyatt, um einige Beispiele zu nennen. Was macht Four Seasons besser oder anders?

Der Unterschied sind die Gäste. Wir haben die besten Gäste der Welt!



Die reichsten Gäste der Welt

… vielleicht. Sie schätzen den Service, den wir weltweit bieten.

Sind denn die reichsten Gäste zwangsläufig die besten?

Nicht unbedingt. Was ist Reichtum? Schwierig zu definieren. Unsere Gäste sind Menschen, die gerne gut leben und genau wissen, was sie wollen. Sie haben sehr hohe Ansprüche. Sie wissen, dass diese Ansprüche erfüllt wer­­den, wenn sie zu uns kommen. Und für das sind sie bereit, mehr zu bezahlen als in einem anderen Hotel in der Schweiz.



Ihre Mitbewerber sagen auch, dass sie die «besten Gäste» hätten. Nochmals: Was macht Four Seasons aus? Worin liegt der «kleine» Unterschied zu anderen Luxushäusern?

Unsere (anspruchsvollen) Gäs­te bestätigen es uns immer wieder: Four Seasons bietet den besten Service. Wir bieten Service Excellence auf einer intuitiven Basis. Service wird so zur Kunst.



Deshalb sind diese Gäste auch bereit, überdurchschnittlich hohe Preise zu akzeptieren.

Richtig.



In Genf gibt es einige hervorragende Fünf-Sterne-Häuser. Ich stelle Ihnen die Frage nochmals: Warum soll ich bei Ihnen im Four Seasons Hotel des Bergues absteigen und für ein Zimmer dreissig oder fünfzig Prozent mehr bezahlen?

(lacht) Ich gebe Ihnen immer die gleiche Antwort: weil der Service besser ist. Weil Sie hier Mitarbeitende antreffen, die auf Sie eingehen und Sie als Gast wahrnehmen wollen. Sie finden hier nicht nur «Angestellte», die durchschnittlich motiviert sind und einen guten Job machen. Bei uns arbeiten Künstler und Künstlerinnen.




Der Kellner und das Zimmermädchen sind Künstler?

Ja, sind sie! Vom Kellner über den Küchenchef bis zur Rezeptionistin.



Künstler sind kreative Menschen.

Unsere Mitarbeitenden sind kreativ. Und nicht nur das. Sie schaffen die Kunst, dass sich der Gast wohlfühlen kann. Nichts ist zu viel, nichts zu kompliziert.



Und diese «Kunst» schaffen Sie an 365 Tagen im Jahr?

Absolut!

Was kostet im Four Seasons Hotel des Bergues ein Doppelzimmer?

Der Durchschnittspreis liegt bei 1100 Franken – aufs Jahr gesehen.




Was ist für Sie Luxus, Martin ­Rhomberg?

Zeit für sich selbst zu finden. Zeit haben, um das Leben zu geniessen. Über seine Le­­benszeit zu verfügen – das ist wahrscheinlich der grösste Luxus, den sich Menschen heute leisten können.



Und wie setzen Sie dieses «Zeit­argument» im Hotel um?

Der Gast bestimmt, was er zu welchem Zeitpunkt mag oder braucht. Wenn der Gast das Frühstück in zwanzig Minuten wünscht, kommt es in zwanzig Minuten.



Individualität ist heute ein «Zauberwort», alles im Hotel sollte individuell sein … Der Gast will mitten in der Nacht ein Rindsfilet essen oder im Pool schwimmen …

… fast alles ist möglich. Wobei: Die meis­-­ten Gäste haben «normale» Bedürfnisse. Selten, dass einer morgens um 3 Uhr ein Rinds­filet braucht. Aber: Es muss im Hause einen Koch geben, der das Filet notfalls morgens um 3 Uhr zubereiten kann. Wichtig ist die Individualität in den Zimmern, denn der Gast möchte seinen Raum persönlich ge­­stalten.



Viele Luxushäuser in der Schweiz erzielen nur minimale Renditen. Wie ist das bei Ihnen?

Unser Haus ist sicher eines der rentabelsten Luxushotels der Schweiz.



Das Hotel gehört einem richen Unternehmer aus Malaysia. Wer verdient wie viel?

Das Prinzip ist einfach: Der Investor baut ein schönes Hotel an bester Lage und fragt uns, ob wir sein Hotel verwalten könnten. Für diese Verwaltung bezahlt er uns eine Management-Fee.

Wie haben Sie eigentlich die ­Pandemie in den letzten 18 Monaten überstanden?

Es war schwierig, sehr schwierig sogar. Dank der Popularität unserer Restau­­rants «Il Lago» und «Izumi» haben wir diese Zeit überstanden.



Und der Besitzer aus Malaysia?

Der war sehr verständnisvoll, denn er wuss­­te, dass auch diese Krise irgendwann vorbei ist.



Das Four Seasons Hotel des Bergues war nie existenziell bedroht?

Nein.



Dank Bill Gates und dem saudischen Prinzen Al-Walid bin Talal, denen Four Seasons gehört

… die beiden glauben an Four Seasons und haben auch während der Krise ein klares Bekenntnis abgegeben.




Können Sie sich vorstellen, dass Four Seasons eines Tages in chinesischen Händen landet?

Nein.



Wie lautet die weltweite Wachstumsstrategie von Four Seasons?

Im Zeitraum 2021 bis 2026 entstehen in Amerika zehn neue Hotels, dazu kommen sieben Häuser in Europa, sieben im Mittleren Osten und acht in Asien.



Zürich fehlt auf Ihrer Wachstumsliste!

Wir haben in Zürich leider noch nicht den richtigen Standort gefunden.



Insider sagen, Four Seasons hätte gerne das «Savoy» am Zürcher Paradeplatz übernommen. Der Deal mit der Credit Suisse (Inhaberin der Liegenschaft) sei am Ende an der Vertragsdauer gescheitert. Jetzt wird Mandarin Oriental das Haus übernehmen.

Ich kann nur sagen: Ja, wir haben verhandelt.



Bern, Basel oder St. Gallen. Wären das mögliche Standorte für Four Seasons?

Nein. Wir wollen da präsent sein, wo un­­sere Gäste sind. Daher kommen für uns nur Genf und Zürich infrage.


In Gstaad haben Sie die Absicht, das heutige Grand Hotel Park zu übernehmen.

Ich kann derzeit nur sagen: Wir wären ger­­ne in Gstaad. Wann genau wir dort präsent sein werden, weiss ich noch nicht.



Gibt es in der Schweiz Nicht-Four-Seasons-Hotels, die ebenfalls in der Champions League spielen?

Eines meiner Lieblingshotels in der Schweiz ist das Parkhotel in Vitznau. Urs Langen­egger ist ein toller Generaldirektor. Und schauen Sie sich diese Lage am See an. Da ha­­be ich begriffen, warum die Leute in die Schweiz kommen, um hier Urlaub zu ma­­chen.



Weitere Schweizer Hotelikonen?

Das Hotel Baur au Lac in Zürich. Hervor­ragender Service, sehr gemütlich, obwohl es ein Luxushaus ist.



Werden Sie bei Four Seasons pensioniert?

Ich bin jetzt 55 und habe nicht die Absicht, mich mit meinem Ruhestand zu befassen. Ich habe Kollegen, die weit über 65 sind und noch Hotels führen. Ich liebe meinen Beruf und könnte mir nicht vorstellen, etwas anderes zu tun.


Schönes Schlusswort. Martin Rhomberg, vielen Dank für das Gespräch.

Four Seasons Hotel des Bergues Genf

Die Geschichte

Das Four Seasons Hotel des Bergues (70 Zimmer und ­45 Suiten) kann für sich in Anspruch nehmen, mit Jahrgang 1834 das älteste Grandhotel der Schweiz zu sein. Es steht in enger Verbindung mit der jüngeren Geschichte der Stadt Genf, die zur Bebauung des rechten Rhôneufers führte. Obwohl das Haus mehrmals renoviert und ver­grössert wurde, erinnert die neoklassizistische Fassade noch an die Anfangszeit. Die Raumaufteilung geht auf die grosse Renovation von 1920 zurück.


Im Jahr 1527 erwarb der deutsche Kaufmann und Philan­throp Hans Kleberger aus Nürnberg auf beiden Seiten der Rhone Grundstücke. Dazu gehörte auch das Hotel de l’Ecu auf der linken Seite des Flusses. Die Bezeichnung «Bergues» geht auf den sinngemäss ins Französische ­übertragenen Namen Klebergers zurück. Hans Kleberger, dessen geschäftlichen Tätigkeiten sich vor allem auf Lyon konzentrierten, wurde übrigens vom ebenfalls aus Nürn-berg stammenden Zeitgenossen Albrecht Dürer porträtiert.


Im 18. Jahrhundert kauften die Gebrüder Fazy auf der ­rechten Seite der Rhone einen Teil des ehemaligen Grundstücks von Kleberger, um darauf eine Indiennefabrik zu erstellen, die sehr erfolgreich Modegewebe exportierte. 1827 führte die abnehmende Nachfrage zur Stilllegung der Fabrik. Jean-Louis Fazy verkaufte das Grundstück an die Société des Bergues, die 1826 nicht nur zum Bau eines Hotels, sondern zum Bau eines neuen Quartiers ausserhalb der Altstadt gegründet wurde.


Die Pläne des Architekten Samuel Vaucher und des­ ­Kantonsingenieurs Guillaume-Henri Dufour sehen als Vorbereitung auf den Hotelbau die Errichtung des Quai des Bergues, der Pont des Bergues und der Rousseau-Insel vor. Vaucher zeichnete sich auch als Architekt für das Musée


Rath verantwortlich. Dufour wird später General und 1863 der erste Präsident des neu gegründeten IKRK.



Für den Bau des Hotels schrieb die Société des Bergues einen Architekturwettbewerb aus, den Augustin Miciol (1804-1876) aus Lyon gewann. Das Hotel des Bergues sollte nicht nur das erste einer Reihe von Hotels auf dem rechten Ufer werden, sondern auch das erste städtische Grandhotel Genfs und der Schweiz. Deshalb reiste Guillaume-Henri Dufour von Dezember 1829 bis Januar 1830 nach Paris und liess sich dort das Hotel Meurice, das 1817 an der Rue Saint Honoré 223 gebaut wurde, vom Sohn des Hotelgründers Louis-Augustin Meurice höchstpersönlich zeigen. Tief beeindruckt notierte Dufour die Vorzüge dieses ersten Grandhotels von Paris. So wurden seine Notizen noch in die Pläne des neuen Hotels integriert, die da sind: noble ­Gemeinschaftsräume, ein grosser Festsaal, ein Damen-salon, diverse Spielsalons und Restaurants und ein Fumoir.



Mit der Wahl von Alexandre Emmanuel Rufenacht zum ersten Direktor war der Weg frei, um das Hotel des Bergues am 1. Mai 1834 zu eröffnen. Rufenacht wurde 1793 in Hindelbank geboren und war Bürger von Thun. Beruflich war er Hauptmann eines Schweizer Regiments, das in französischen Diensten stand. Seine militärische Vergangenheit färbte sich auch auf die Organisation und Führung des neuen Hotels ab.


Schnell wird das Hotel des Bergues zum Vorbild für weitere Stadthotels in der Schweiz: Hotel Baur en Ville (1838) Zürich, Hôtel des Trois Couronnes (1842) Vevey, Hotel Drei Könige (1844) Basel und Hotel Schweizerhof (1845) in Luzern. Alle diese Häuser stehen direkt am Wasser und beherbergen grosse Säle und weitere prächtige Gemeinschaftsräume.


Wer ist Martin Rhomberg?

Martin Rhomberg ist seit über 20 Jahren bei Four Seasons Hotels & Resorts tätig. Er wurde in Innsbruck (Österreich) geboren. Seit 2016 ist er General Manager des Four Seasons Hotel des Bergues in Genf und Regional Vice President. Das 1834 eröffnete «Des Bergues» ist eines der besten und erfolgreichsten Luxushotels der Schweiz. Rhomberg begann seine Karriere bei Four Seasons im Jahr 2000 als Director of Food and Beverage im ehemaligen Four Seasons Hotel Caracas.


Weitere berufliche Stationen

Four Seasons Hotel Lion Palace St. Petersburg; Four Seasons Hotel Damascus; Four Seasons Resort Costa Rica at Peninsula Papagayo; Four Seasons Resort Punta Mita, Mexiko; Four Seasons Hotel Caracas (ehemals ein Four Seasons Hotel); Hyatt International, Mexiko und Argentinien.


Ausbildung

Martin Rhomberg absolvierte die Tourismusschule MODUL, Modul ­University, Wien, Österreich. Er spricht Deutsch, Spanisch, Englisch und Französisch.


Jugendjahre

Der in Österreich aufgewachsene Rhomberg wollte ursprünglich in die unternehmerischen Fussstapfen seines Vaters treten oder eine ­medizinische Laufbahn einschlagen, stellte dann jedoch fest, dass er sich für beides nicht so richtig erwärmen konnte. «Ich unterhielt mich also eines Tages mit meinen Eltern, und sie schlugen mir die ­Tourismusbranche vor. Ich sagte: ‹Hey, warum nicht?›» Und dann legte er los: Aber nicht in den grossen Palasthotels Europas, sondern im ­Wellness-Resort eines Onkels in den österreichischen Alpen, wo er 16-Stunden-Tage im Hotel absolvierte. «Ich habe jede Minute davon geliebt», erinnert er sich. «Der Gedanke, dass man einem Gast mit einer kleinen Geste den Tag verschönern kann und dabei von schönen Dingen umgeben ist, hat mich einfach gereizt. Die meisten Menschen erhalten nie die Chance, eine solche Welt zu erleben.»



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