Wenn Gastronomie zum Erlebnis wird

6 Fragen an Ivo Christow, Head of Design bei Krucker Partner AG, über die Vorteile und Herausforderungen der Erlebnisgastronomie

1. Ivo Christow, wie sehen Sie als Gestalter die Zukunft in der Gastronomie?
Schönes Design allein reicht heutzutage nicht mehr aus. Einerseits die Anforderungen, aber auch das Verhalten der Gäste haben sich markant verändert, und dies nicht erst durch die Pandemie. Es hat ein regelrechter Paradigmenwechsel stattgefunden. Die Sehnsucht nach Erlebnissen ist essentiell geworden und rückt immer mehr ins Zentrum bei der Gestaltung von Hotellerie und Gastronomie. Es gilt, anders zu sein, Erlebnisse zu kreieren und Gefühle und Emotionen zu wecken. Der Gast soll aus der Rolle des Beobachters gelockt werden und in das Geschehen mit einbezogen werden. Dabei sollten so viele Sinne wie möglich angesprochen werden – und keine andere Branche bietet dafür eine bessere Plattform. 
Auch in der Innenarchitektur hat man schon lange erkannt, dass die Sehnsucht nach Emotionen und Erlebnissen immer bedeutender geworden ist. Gerade in der Konzeption ist es wichtig, immer einen Schritt voraus zu sein und die zukünftigen Entwicklungen im Auge zu behalten. Um heutzutage dem Gast ein einmaliges Erlebnis anbieten zu können, inszenieren wir teilweise ganze Erlebniswelten, die in einem konzeptionellen Kontext stehen. 

2. Gibt es Projekte, an die Sie besonders denken?
Mit unseren erst kürzlich umgesetzten Projekten «Miss Miu» in Zug und «The Butcher» in Dietlikon haben wir zum Beispiel zwei aussergewöhnliche Erlebniswelten geschaffen, die den Gast auf eine Reise entführen. Durch gezielte und effektive Inszenierungen und den perfekten Einsatz dramaturgischer Mittel gelang es uns, ein einzigartiges Gästeerlebnis zu schaffen, das im Einklang zum gastronomischen Angebot steht.

3. Was glauben Sie, warum ist das Bedürfnis nach Erlebnissen in der Gastronomie so stark gestiegen?
Noch vor einigen Jahren plante man so, dass man möglichst lange nichts an seinem Interieur verändern musste. Wogegen grundsätzlich ja gar nichts einzuwenden ist. Man nannte das dann «zeitlos». Und weil dem Gast lange Zeit auch nichts anderes angeboten wurde, fand er sich damit ab. Doch Globalisierung, Digitalisierung und die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft öffneten den Horizont der Gäste und haben so zu diesem Wandel geführt. Der Gast hat genug von mutloser Tristesse und immer mehr das Bedürfnis nach Emotion und Erlebnis.

4. Welche Merkmale sollten bei der Konzeptentwicklung beachtet werden?
Ich sage immer: Schreibe das Drehbuch, bevor du den Film machst. Storytelling ist vor allem ein erlebnisbasierendes Kommunikationsinstrument und ein unverzichtbares Tool in der Inszenierung. Ausserdem ist es für eine erfolgreiche Konzeptentwicklung von grösster Bedeutung, Prozesse, Trends und Tendenzen am Markt, bei der Zielgruppe und auch im Umfeld zu erfassen. Man darf nie den Blick verlieren, wer der Kunde ist und für wen die Erlebnisse geschaffen werden. Das Zielpublikum ist entscheidend! Aber genauso wichtig ist auch der Standort. Ein gutes Konzept am falschen Ort ist wie eine Suppe mit der Gabel essen, da bleibt nicht viel hängen.

5. Kann Erlebnisinszenierung Risiken bergen? Und wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?
Wichtig ist, seiner Idee treu zu bleiben. Man kann am Ende nicht alle Gäste glücklich machen. Doch wenn man nicht mutig ist, wird das Erlebnis nicht mehr als mittelmässig sein. Wird man übermütig, muss man aufpassen, dass es nicht aufgesetzt oder künstlich wirkt. Authentizität ist in der Branche ein wichtiges Gut.

6. Eine letzte Frage, welche mit Humor zu sehen ist: Wie würde die Lokalität aussehen, wenn Sie dafür ein ausreichend hohes Investitionsvolumen hätten? 
Ich plane nicht mit Geld, ich plane mit Ideen. Und gute Ideen müssen nicht teuer sein. Ich weiss nicht, was meine Ideen von Anfang an kosten. Meistens sind sie wahrscheinlich viel zu teuer (lacht). Doch mit viel Kreativität werden die Ideen bezahlbar und können budgetgerecht umgesetzt werden.

 

Ivo Christow
Head of Design
krucker.swiss

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