«Brot ist mehr als eine Beilage!»

Brot in der Gastronomie



Das Brot ist in der Gastronomie und Hotellerie oft ein Nebenprodukt, eine Beilage. Worauf sollten Hoteliers besonders achten, wenn sie ihre Brotauswahl treffen? Wie viele Brotsorten gehören aufs Frühstücks­buffet? Der Buchautor Martin Weiss («Urchuchi») fragt: «Warum profilieren sich die Hoteliers nicht vermehrt über ihre (exklusive) Brotauswahl?»


Martin Weiss, das Brot spielt in vielen Restaurants und Hotels eine eher sekundäre Rolle. Oft bekommt der Gast nur gerade eine Brotsorte zum Menü. Fehlt uns in der Schweiz eine Art Brotkultur?
Das Brot ist für mich ein wichtiges Indiz dafür, ob mich ein Restaurant als Gast ernst nimmt oder nicht. Nichts Schlimmeres, als ein Körbchen, in dem unter einem genoppten Plastikhäubchen einige trockene Scheiben «Züribrot» liegen! Das Brot ist eine Visitenkarte. Es sollte als wichtiger Teil der Esskultur verstanden werden. Dabei genügt es, wenn eine erstklassige Brotsorte auf den Tisch kommt, sind es zwei oder sogar drei, umso besser.


Worin unterscheidet sich das «Brotland» Schweiz zum Beispiel von Deutschland oder Frankreich?
Wir haben in der Schweiz eine unglaubliche Vielfalt an Brotsorten. In Bezug auf die Grösse unseres Landes repräsentiert unsere Brotvielfalt Weltrekord. Es gibt zum Beispiel in jedem Kanton ein eigenes Brot, das jüngste ist das Jurabrot. Dazu kommen in jeder Bäckerei eigene, originäre Kreationen. Ich denke, kaum ein Land hat sich in den letzten Jahren derart intensiv und erfolgreich um die Kreation innovativer Brote gekümmert.

Worauf sollten professionelle Gastronomen und Hoteliers besonders achten, wenn sie ihre Brotauswahl treffen?
Brot muss frisch sein, knusprig und gesund – und es muss in jedem Fall die regionale Handschrift tragen. Wenn alle das gleiche, neuerdings so trendige Pain Paillasse ins Körbchen legen, dann ist nicht viel gewonnen. Ich will als Gast auch beim Brot die Handschrift des Hotels und den unverwechselbaren Geschmack des Terroirs spüren.

Wie beurteilen Sie die Brotqualität und die Brotauswahl ganz allgemein, wenn Sie so durch die Schweizer Bäckereien pilgern?
Man kann das durchaus mit dem Wein vergleichen: Durch die zunehmende Konkurrenz und die ständig steigenden Qualitätsansprüche der Konsumenten haben die Schweizer Winzer heute Topniveau erreicht. In den Bäckereien hat in den letzten fünf, vielleicht zehn Jahren etwas Vergleichbares stattgefunden: Man hat wieder zurückgefunden zu Broten mit Vorteig, langer Triebführung und entsprechend viel Geschmack. Es ist erstaunlich, was heute aus den Schweizer Bäckereien kommt. Übertrieben gesagt: So gutes Brot, in einer derartigen Vielfalt, gab es in der Schweiz wahrscheinlich noch nie.
Welche Rolle spielen in Schweizer Bäckereien Vollkorn- oder Mehrkornbrote, Fitness-, Dinkel- oder Sonnenblumenkernbrote?
Das ist eine der Erfolgsgeschichten der Schweizer Bäckereien in den letzten Jahren: die sogenannten Körnerbrote, die einen zusätzlichen Mehrwert bieten und besonders gesund und bekömmlich sind. Sie machen heute einen grossen Teil des Verkaufssortiments aus. Im Gastrobereich spiegelt sich dieser Trend meiner Meinung nach noch zu wenig. Es wird viel zu stark auf konventionelle Brottypen gesetzt. Vielfalt heisst das Zauberwort! Lieber ein Körbchen mit mehreren kleinen Brötchen, darunter auch solchen mit Körnern, als nur eine Brotsorte.
Wie sieht in einem Hotel das ideale Brotsortiment auf dem Frühstücksbuffet aus?
Das ist eine sehr gute Frage. Das Frühstücksbuffet ist nämlich für viele Gäste das Wichtigste, um gut gelaunt in den Tag zu starten. Dazu gehört eine erstklassige Brotpräsentation des Hotels. Es sollten nicht nur Standardbrote, sondern auch regionale Brotspezialitäten angeboten werden. Mindestens fünf Brotsorten müssen es sein. Und dann bitte auch mindestens so viele Konfitüren!
Wie sehen die Entwicklungen beim Brot in den nächsten Jahren aus?
Es wird viele neue, überraschende Brotkreationen geben, vor allem bei den körnigen Broten. Aber auch von der Form her – man könnte durchaus von «Design» sprechen – wird sich das Brot in Zukunft noch kreativer präsentieren, Stichwort Gebildebrote, Fantasiebrote, individualisierte Brote.

Das bedeutet, dass es auch zwischen den Hoteliers und den lokalen Bäckereien zu einer noch kreativeren Zusammenarbeit kommt. Die Bäcker können ja zum Beispiel massgeschneiderte Hausbrote herstellen – Brote, die es dann nur im entsprechenden Hotel gibt. Brote mit einer «Message». Da gibt es noch viel kreativen Spielraum.

Das Brotbuch

Buchautor Martin Weiss, Autor der Bestsellerbuchreihe «Urchuchi».
Im Buch «Ofenfrisch und zuckersüss» werden die besten Schweizer Bäckereien vorgestellt – jede mit einem eigenen Rezept. Dazu kommt Lesestoff über das kulinarische Erbe der Schweiz, das bei den Broten und Feingebäcken so reichhaltig ist wie nirgends auf der Welt. Auch renommierte Confiserien, darunter Sprüngli, Bachmann und Ehliger, werden vorgestellt. Erhältlich zum Verkaufspreis von 69 Franken im Buchhandel oder direkt beim Verlag: weberverlag.ch

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