Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind die Stichworte, bei denen der Ständerat die Kasse für die Unterstützung des Schweizer Tourismus öffnet. Nicht zur Freude des Bundesrats. Er befürchtete, dass damit neue Subventionen kreiert werden könnten. Die Möglichkeiten, den öffentlichen Verkehr besser für den Tourismus zu nutzen, ist ein Anliegen, das der Ständerat in der Sommersession auf eine Zusatzschlaufe schickte.
Damien Cottier, Hans Stöckli, Hans Wicki, Marianne Meret, Guy Parmelin (von oben nach unten). © Parlamentsdienste
Support für die «Normalität»
Der Ständerat nahm in der Sommersession eine Motion des Neuenburger FDP-Nationalrats Damien Cottier an, die ein schnelles Unterstützungsprogramm für den Schweizer Tourismus im Bereich der Nachhaltigkeit verlangt. Damit soll nach der Covid-19-Pandemie sichergestellt werden, dass sich die Branche neu positionieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Besonders gefordert werde die Branche, unabhängig ob Stadt, Land- oder Bergregion, wenn wieder «Normalität Einzug hält» in der Digitalisierung. Cottier verlangt nicht neue Instrumente, sondern eine Begleitung der laufenden Strukturanpassungen im Tourismus durch bestehende Möglichkeiten der Neuen Regionalpolitik (NRP), der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredite (SGH), Innotour (Schweizerische Agentur für Innovationsförderung) und von Tourismus Schweiz. Der Nationalrat hatte bereits im September 2021 zugestimmt, wie der Bundesrat empfahl, folgte der Ständerat oppositionslos.
Nicht Steuergeld verbrennen
Kein Gehör hatte der Bundesrat für ein Anliegen von Ständerat Hans Stöckli (SP, BE). In seiner Motion forderte er, dass Innotour langfristige Finanzierungsmöglichkeiten für Projekte zur nachhaltigen Entwicklung und zur Digitalisierung im Tourismus ermöglichen soll. Die heterogenen Strukturen und die zahlreichen kleinen Betriebe in der Branche bräuchten langfristige finanzielle Unterstützung beim Aufbau von Know-how und Netzwerken, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Der Bundesrat schloss sich dieser Argumentation von Stöckli nicht an. Er verwies darauf, dass es nicht die Aufgabe des Bundes sei, touristische Strukturen über die Innovationsagentur des Bundes dauerhaft zu finanzieren. Die Aufgabe von Innotour seien einmalige Anschubfinanzierungen für konkrete Projekte. Bundesrat Guy Parmelin verteidigte das Fördermodell von Innotour und sah im Vorschlag von Hans Stöckli einen fundamentalen Systemwechsel. Dieser hätte zur Folge, dass für innovative Projekte, welchen einen einmaligen Finanzsupport benötigten, aufgrund von Langzeitfinanzierungen weniger Gelder zur Verfügung stehen würden.
Die Mehrheit des Ständerates sah es anders. Mit dem heutigen Innotour-Modell bestehe die Gefahr, dass «Geld verbrannt» werde, sagte Hans Wicki (FDP, NW) als Sprecher der Wirtschaftskommission. Es gehe nicht um langfristige Subventionen. Es müsse sichergestellte werden, dass gestartete Projekte – auch bei mehrjähriger Unterstützung – «aufrechterhalten respektive zu Ende geführt werden». Im «Sinn der Nachhaltigkeit und der zielgerichteten Verwendung von Steuergeldern» würde das Anliegen von Hans Stöckli begrüsst. Der Ständerat votierte mit 29:4 Stimmen bei 5 Enthaltungen für die Motion des Berner Ständerats.
Koordinierter ÖV – Reiseverkehr
Ein Mandat für die «Koordination zur Förderung des öffentlichen Verkehrs für den Tourismus», wie es eine Motion von Ständerätin Marianne Maret (VS, Mitte) verlangt, wurde weder beschlossen noch abgelehnt. Der Vorstoss wird vom Plenum des Ständerats zur Vorprüfung in die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) geschickt. Maret sieht ein «grosses Potenzial mehr Touristinnen und Touristen dazu zu bewegen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen». Dafür müssten «zahlreiche Akteure», nicht nur Transportunternehmen, sondern auch «andere Dienstleister im Tourismus» beteiligt werden, schreibt die Walliserin in ihrem Vorstoss.
Der Bundesrat sei sich «des Entwicklungspotenzials des touristischen Reiseverkehrs» bewusst, schreibt er in seiner Stellungnahme zur Motion. Er zeigt sich bereit, das Anliegen zu prüfen und bei der anstehenden Aktualisierung seiner «Strategie Freizeitverkehr» (2009) durch das Bundesamt für Raumplanung zu berücksichtigen. Geprüft werden soll, «ob eine zusätzliche Koordination», wie sie die Motion verlangt, notwendig sei. Gleichzeitig beantragt der Bundesrat dem Parlament eine Ablehnung der Motion, die wiederum das Plenum des Ständerats ablehnte und den Vorstoss elegant zur Vorprüfung in die zuständige KVF schickte.