Jede Generation ist anders und jede hat ihre speziellen Merkmale. Aus diesem Grund muss sich das Hotel- und Gastgewerbe zusammen mit seinen Talenten weiterentwickeln und wachsen. Nur wie? Hier einige Beobachtungen aus meinen Erfahrungen.
Die harte Schule von früher ist nicht mehr aktuell. Zu lange mussten Mitarbeiter arbeiten, ohne ausreichend oder gar keine Freizeit zu haben. Das führt dazu, dass viele Menschen nicht mehr in der Hotellerie arbeiten wollen und Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Es wäre effektiver gewesen, dieses Thema anzugehen, bevor sich die Situation zu dem entwickelt hat, wie sie jetzt ist. Es müssen Änderungen vorgenommen werden. Es braucht Zeit, bis ein alter Hase seine Gewohnheiten ablegt und sich selbst an die Veränderungen anpasst. Es ist ein kultureller Wandel, bei dem es Zeit braucht, bis die grossen Veränderungen in der Industrie umgesetzt sind und schliesslich auch kleine Unternehmen erreichen. Die Arbeitskräfte von heute verlangen von uns mehr Zeit. Zeit, um sie zu fördern und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Das bedeutet, ihre Entwicklung zu unterstützen. Digitales Lernen ist das neue Medium. Sie lernen über soziale Medien oder andere Online-Plattformen. Das klassische Lernen von früher kommt für sie nicht mehr infrage.
Erst laufen lernen, dann rennen
Die junge Generation möchte schnell ans Ziel, nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass sie die Grundlagen lernt. Es ist wichtig, dass man genau erklärt, weshalb die erlernt werden müssen. Wie heisst es doch gleich? Man muss erstmal laufen lernen, bevor man rennt. Natürlich möchten die Mitarbeiter wissen, wohin die Reise geht und wie man schnell ans Ziel kommt. Der Old-School-Karriereplan ist nicht mehr attraktiv. Er dauert zu lange. Die Jungen wollen in kurzer Zeit Spitzenpositionen erreichen. Sie möchten Schulungen und Weiterbildungen, Trainings am Arbeitsplatz sind nicht mehr ausreichend. Sie suchen Ausbildung und Karriereentwicklung durch Einzelgespräche mit CEOs und Unternehmensleitern, sie wollen von Professoren lernen, die ihr Leben dem Studium des Berufs gewidmet haben.
Ich beobachte, dass junge Menschen sich ausprobieren wollen, Neues wagen und auch mal Fehler machen. Sie möchten, dass man ihnen vertraut und ihnen die Möglichkeit gibt, Situationen selbst einzuschätzen und nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Micromanagement hält sie davon ab, sich frei zu entfalten. Ich sage, die ständige Kontrolle ist fehl am Platz. Wenn das Management am freien Tag ins Geschäft kommt, vermittelt man nicht das Gefühl von Vertrauen, sondern eher das von Kontrolle. Dies kann zu Demotivation und Frustration führen, was wiederum den Entwicklungsprozess hemmt. Die junge Generation möchte sich einbringen können, gehört werden und verlangt nach Freiraum, um mitgestalten zu können.
Versprechen sind einzuhalten
Ziele sollten von Anfang an klar definiert werden. Versprechen, die im Bewerbungsprozess besprochen wurden, müssen eingehalten werden. Manchmal werden in den ersten Gesprächen Dinge versprochen, die gar nicht vorhanden sind. Oft hofft die einstellende Partei, diese Versprechen zu gegebener Zeit einlösen zu können, aber die Mittel sind möglicherweise nicht verfügbar. Dies geschieht leider aus der Not heraus, die Bewerber unbedingt für das Unternehmen gewinnen zu wollen. Aber das ist keine nachhaltige Strategie. Da der Markt immer wettbewerbsintensiver wird, ist es umso wichtiger, sich als Arbeitgeber zu profilieren. Es gibt mehr Stellen als Bewerber. Dies führt manchmal zu Fehleinstellungen als Ergebnis verzweifelter Massnahmen, um die Lücken schnell zu füllen.
Von «Zero to Hero» – das schnelle Aufsteigen steht im Vordergrund: Ich beobachte, junge Menschen neigen manchmal dazu, Führungspositionen zu früh zu übernehmen, da sie ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen wollen. Es werden Positionen angenommen, denen man noch nicht gewachsen ist. Manchmal ist es der Fall, dass junge Menschen Positionen, für die sie noch nicht bereit sind, übernehmen müssen. Das führt dazu, dass der Mitarbeiter schnell überfordert ist und dem Druck nicht standhält, während andere sich beweisen wollen und am Ende scheitern. Eine Ursache dafür ist der generelle Fachkräftemangel; teilweise aber auch unzulängliche Prozesse bei der Rekrutierung – diese zu verbessern haben wir selbst in der Hand.
Work-Life-Balance
Heutzutage ist es für den Mitarbeiter wichtig zu wissen, wann der Arbeitstag beginnt und wann er endet. Wann sind die freien Tage, sofern keine fixen freien Tage wie das Wochenende feststehen? Menschen möchten und müssen planen können, denn sie haben ihr Privatleben. Familie, Freunde, Hobbys, Haustiere stehen an oberster Stelle.
In den 27 Jahren, in denen ich arbeite, habe ich gelernt, dass die Tage, an denen der Arbeitnehmer um Freizeit bittet, ihm besonders wichtig sind. Wenn der Arbeitnehmer diesen Tag nicht freibekommt, findet er andere Möglichkeiten, diesen Tag freizunehmen. Er erscheint einfach nicht bei der Arbeit oder meldet sich krank. Niemand ist heute mehr bereit, bei der Familienzeit Kompromisse einzugehen. Da wir nicht alle die gleichen Bedürfnisse haben, versuche ich in meinem Verantwortungsbereich, die verschiedenen Wünsche des Teams zu berücksichtigen.
Heutzutage werden flexible Arbeitszeiten mit weniger Teilzeitarbeit und möglichst ohne Überstunden verlangt. Arbeit von zu Hause aus wird oft gewünscht, aber auch oft abgelehnt. Ich frage mich oft, warum die Arbeitgeber den Mehrwert dahinter nicht sehen. Meiner Erfahrung nach arbeitet man mit weniger Ablenkungen und kann produktiver sein, wenn es die Tätigkeit erlaubt, von zu Hause aus zu arbeiten. Natürlich ist der Kontakt mit Kollegen und Gästen wichtig, und den muss es in unserer Branche auch weiterhin geben. Aber Besprechungen können online abgehalten werden, wodurch viel Zeit eingespart werden kann.
Führungskräfte sind immer Vorbilder
Junge Menschen schauen genau auf ihre Manager. Einerseits, um zu sehen, wie sich ihre Karriere entwickeln könnte, aber auch, um zu sehen, was sie in ihrer Karriere vermeiden wollen. Je nachdem, welches Beispiel wir geben, sehen sie ihre Vorgesetzten ständig am Mobile, wo E-Mails sofort beantwortet werden müssen. Sie sehen ihre Vorgesetzten, die unter Druck stehen und Überstunden machen.
Die Priorität sollte jedoch auf einem ruhigen und ausbalancierten Arbeitsumfeld liegen. Dazu gehört auch ein respektvoller Umgang miteinander, möglicherweise mit einer Politik der offenen Tür, bei der man sich auf Augenhöhe begegnet, im Gegensatz zu einer überholten Hierarchie. Ich würde sagen, dass die üblichen vierteljährlichen oder halbjährlichen Beurteilungsgespräche nicht mehr ausreichen. Junge Menschen bevorzugen ein direktes und möglichst laufendes Feedback. Sie wollen wissen, wo sie stehen, hier und jetzt. Es ist wichtig, Wertschätzung zu zeigen und zu vermitteln.
Der Lohn ist nicht der Hauptgrund, warum immer weniger Menschen weiterhin in der Branche arbeiten wollen. Zusätzliche Benefits und Vergünstigungen sind sehr gefragt. Manchmal reicht es auch schon, wenn der Mitarbeiter die Einrichtungen des Hotels nutzen darf. Grooming spielt eine grosse Rolle, auch hier sind die klassische und standardisierte Uniform, Regeln bezüglich Frisuren oder Bart veraltet. Mitarbeitende möchten ihren eigenen persönlichen Stil mit zur Arbeit nehmen dürfen. Nur so kann man einen persönlichen Service bieten, von dem sowohl die Gäste als auch die Mitarbeiter profitieren.
Viele Fragen stellen
Mein Fazit zur Anpassung der Hotellerie an die Vorstellungen und Bedürfnisse der jungen Generation ist klar: Wir müssen vieles in unserer Industrie infrage stellen, wenn wir weiterhin Hotels und Restaurants geniessen wollen, die emotionale Erlebnisse durch hervorragenden Service bieten. Wenn wir in Hotels, auch bei uns im «Kempinski Palace Engelberg» Orte schaffen wollen, wo die Menschen – Gäste und Mitarbeitende – gerne sind und immer wieder zurückkehren, dann müssen wir dafür viel tun.