«Glutenfrei ist kein Big Deal»

«Liebe Gäste, es ist uns eine Freude, für Sie da zu sein. Ihre Gastgeber und Inhaber des Romantik Hotel Hornberg. Brigitte und Christian Hoefliger-von Siebenthal.» So begrüsst das Besitzerpaar die Gäste auf der Webseite. Die Erwartung, einen Hinweis auf das besondere Angebot für Gäste mit Nahrungsmittel-Intoleranzen zu finden – Fehlanzeige. Im Hotel Hornberg, einem Pionierhotel für gesundheitliche Sensi­bilitäten beim Essen, ist das besondere Angebot seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit.

«Glutenfrei oder laktosefrei, das ist kein Big Deal, keine grosse Sache», erklärt Manfred Spengler, als Stellvertreter der Inhaber des Hornberg Hotels in ­Saanenmöser. Die gluten- oder laktosefreie Küche für Personen, die Lebensmittel mit diesen oder anderen Elementen (z.B. auch Sellerie- oder Histaminintoleranz) nicht vertragen, «läuft bei uns sozusagen nebenher». Es sei eine Zusatzaufgabe, die «voll in den Alltag des Hotels integriert» sei, erklärt der gelernte Koch und Absolvent der Hotelfachschule Thun. Man tue alles, damit sich die Gäste mit Lebensmittel-Intoleranzen wohlfühlten, nach dem Motto «glutenfrei, ­laktosefrei, sorgenfrei». Letztlich gehe es ja darum, die Gäste-Bedürfnisse so optimal wie möglich zu erfüllen.


Vom USP zur Selbstverständlichkeit

Sensibel geworden für das Thema Unverträglichkeiten und Allergien ist man aufgrund der persönlichen Be­­troffenheit von Senior-Chefin Elisabeth von Siebenthal-Wild. Daraus entstand der Anspruch, eine «perfekte Kulinarik anzubieten, die lecker und verträglich zugleich ist – auch wenn Gäste in irgendeiner Weise empfindlich auf bestimmte Allergene reagieren». Es wurde eine Auswahl an Speisen entwickelt, die fein und vielfältig ist. Anfänglich war dieses Angebot im Markt ein Alleinstellungsmerkmal (USP).

Inzwischen ist es im Hotel Hornberg eine Selbstverständlichkeit und die Auswahl für die betroffenen Gäste gross. Dazu Manfred Spengler: «Wir haben Stammgäste mit Unverträglichkeiten, solche die uns wegen des besonderen Angebots finden und solche, die uns zufällig finden.» Ein höheres Bewusstsein für Intoleranzen stellt er heute aber auch in anderen Gastbetrieben fest. Er geht noch einen Schritt weiter und postuliert gluten- und laktosefreie Gerichte als «ein Must». Denn es sei die «wesentliche Aufgabe von Gastgebern, ihren Kunden einen schönen, angenehmen Aufenthalt in allen kulinarischen und atmosphärischen Belangen zu bereiten».


Geschulte und informierte Mitarbeitende

Damit alle Gäste «komplett sorgenfrei ihr Essen geniessen können, dass es verhebt», braucht es gut ge­schulte und informierte Mitarbeitende in allen relevanten Bereichen: Service, Einkauf, Küche, Direktion. Eine zentrale Aufgabe kommt dabei dem Empfang, der Rezeption zu, wenn die Gäste einen Aufenthalt buchen, einen Tisch reservieren oder zum Essen ein­­­­treffen. «Da gilt es, aufmerksam hinzuhören und die Informationen vor allem auch bezüglich Unverträglichkeiten aufzunehmen», sagt Manfred Spengler. Zu­dem müssten die internen Abläufe «stabil und ­verlässlich funktionieren», damit diese wichtigen Informationen schnell an die richtigen Stellen weitergegeben werden. So könne die Sicherheit für den be­­troffenen Gast und das Wohlfühlerlebnis gewährleistet werden.


Romantik-Hotel keine Klinik

«Diese Selbstverständlichkeit haben wir uns durch die jahrelange Erfahrung und eine grosse Stabilität bei den Mitarbeitenden erarbeitet», sagt Manfred Spengler, der seit bald 12 Jahren die Unternehmung mit­gestaltet. Neue Mitarbeitende würden persönlich und sorgfältig in das Thema eingeführt, auch mit Unter­lagen der IG Zöliakie. Und in der Anfangszeit habe man ja sowieso «ein Auge» auf die neuen Mit­arbeitenden. Zudem stelle man fest, dass die neuen Team-Mitglieder das Know-how rund um Unverträglichkeiten häufig als «job enrichement» sehen.

Einen Diätkoch gibt es im Hotel Hornberg nicht. Man verzichtet auch auf die Verwendung von Symbolen oder Labels auf der Menükarte, welche die Unbedenklichkeit bezüglich Gluten oder Laktose signalisieren. Man wolle vermeiden, dass man sich im Ferien- und Romantik-Hotel wie «in einer Klinik» vorkomme, kommentiert Spengler.

«Unschlagbares Brotsortiment»

Für die Kommunikation auf der Menükarte habe man einen anderen Weg gewählt. Für à-la-Carte-Menüs gäbe es eine separate Karte und einen schriftlichen Hinweis, welche kulinarischen Anpassungen die Küche bei Unverträglichkeiten vornimmt. So würde man lesen können, dass die Spätzli beim Hackbraten glutenfrei produziert und zubereitet seien. Kommt hinzu, dass alle Suppen und Saucen im Hause Hornberg grundsätzlich glutenfrei sind. Bei Halbpension würden immer Menü-Alternativen angeboten.


«Unschlagbar ist das Brotsortiment beim Frühstück», schwärmt Manfred Spengler. Kernen- und Kastanienbrot, Zöpfli, aber auch Schoggi-Kuchen oder Guetzli. Einige der glutenfreien Köstlichkeiten werden von ­Elisabeth von Siebenthal übrigens selbst gebacken. Dabei macht sie kein Geheimnis aus ihren Rezepten. Als Betroffene gab und gibt sie die Anleitungen gerne weiter, früher auch in Kursen. Sie möchte so dazu ­beitragen, das Leben von Leuten, die mit Unverträglichkeiten leben müssen, zu erleichtern.

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