Neuenburger Weintradition

Neuenburger Weintradition

Château Auvernier befindet sich am Neuenburgersee und ist seit über 400 Jahren im Familienbesitz. Henry Grosjean repräsentiert die 15. Generation dieser traditionsbewussten Schlossfamilie, deren Weine zu den besten der Region zählen. Etwas über 60 Hektaren Reben werden verarbeitet, wobei Chasselas und Pinot Noir die önologische DNA des Gutes sind.

Château d’Auvernier wurde 1603 erbaut und befindet sich unweit des Ufers des Neuenburgersees im gleichnamigen Ort Auvernier. Fischerei und Weinbau waren hier früher Hauptaktivitäten, inzwischen ist der Weinbau dominant. Über 400 Jahre später entdeckt man auf dem Anwesen zahlreiche Zeugnisse dieser langen Ge­­schichte und wäre da nicht der moderne Degustationsraum, könnte man meinen, sich gerade in einer Zeitzone der Vergangenheit zu befinden.


Château Auvernier ist ein Bijou schweizerischer Weinkultur, das uns auch vor Au­­gen führt, wie weit unsere önologische Ge­­schichte zurückgeht und dass die wichtigsten Reben und Terroirs historisch be­dingt oftmals neben Klöstern oder Schlössern angelegt worden sind. In der Weinregion Neuenburg gibt es zahlreiche Schlösser und Klöster zu entdecken, wobei der Ursprung auf das Jahr 998 zurückgeht, als die Cluniazenser Mönche der Abtei von Bevaix die Erlaubnis erhielten, den ersten Weinberg der Region anzupflanzen.

Inzwischen ist Neuenburg Teil der Weinbauregion Drei-Seen und macht mit ihren rund 600 Hektaren Rebfläche zwei Drittel der Gesamtfläche aus. Die Weinberge er­­strecken sich entlang dem See von Vaumarcus im Westen über Auvernier bis nach Neuenburg und Cressier im Osten. Hauptsorten sind Chasselas mit etwas über 160 Hektaren für Weissweine und Pinot Noir mit über 330 Hektaren für Rotweine. Die Pinot-Dominanz liegt auf der Hand, zumal Burgund und Neuenburg nur durch das Jura-Massiv getrennt sind. Die Nähe zum Burgund hat natürlich ihren Einfluss, wobei die Region eine eigenständige Interpretation von Pinot Noir vinifiziert. Die Pinots Neuenburgs sind von Frische, Finesse, Parfüm, delikater Struktur und einer selbstsicheren Präsenz gezeichnet. Dass sich Pinot Noir hier wohl fühlt, hat mit den kalkhaltigen Böden des Jurasüdfusses, dem gemässigten Klima und der Höhe der Rebberge auf 430 bis 600 Meter über Meer, wie auch mit den markanten Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht zu tun. Im Unterschied zum Burgund sind die Böden viel jünger und die Regenmenge ist auch nicht vergleichbar. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum es falsch wäre, Neuenburg als «das kleine Burgund» zu bezeichnen – und dass sind die bodenständigen Neuenburger, die wohl Französisch sprechen, aber auch Deutsch, und historisch eine Affinität zu den Preussen hegten, bis sie schliesslich 1814 der Schweiz beitraten.


Henry Grosjean ist nicht nur stolzer Schweizer und Schlossherr von Château Auvernier, er ist auch ein stolzer Neuenburger, der die Arbeit seiner Winzerkollegen schätzt. Dass erlebt man bei einem Besuch des Winzerstädtchens Auvernier, wo Weinbau omnipräsent ist und sich zahlreiche jahrhundertalte Winzerhäuser unweit von oder direkt an der Grand-Rue befinden. Zu ihnen gehören unter anderem die Domaine de Montmollin, La Maison Carrée oder Domaine Bouvet-Jabloir.


Spricht man von Neuenburg, spricht man auch von zwei regionalen Signaturweinen – dem trüben Non-Filtré (100 % Chasselas) und dem pinken Œil de Perdrix (100 % Pinot Noir). In Neuenburg geht letzterer auf das Jahr 1861 zurück und wird ­«leider» inzwischen im ganzen Land abgefüllt, da man im Gegensatz zum Non-Filtré vergessen hatte, den Namen zu schützen. Wie auch immer – das Original stammt aus Neuenburg und die Abfüllung von Château d’Auvernier ist eine der besten überhaupt. Es ist ein weiniger Rosé, den man zu Fisch wie auch zu Fleisch geniessen kann und der sogar etwas Reifezeit im Keller verträgt. Er macht rund 40 % des Absatzes der Kellerei aus, was für die Wichtigkeit dieser bernsteinfarbenen Spezialität spricht. Seinen Namen verdankt er nicht dem Zufall ode­r gar ­dichterischer Freiheit. Seine unverkennbare braun-rötliche Farbe entspricht vielmehr genau jener, die das sonst kastanienbraune Auge eines sterbenden Rebhuhns annimmt. Ältere Weinetiketten von Œil-de-Perdrix-Weinen zeigen oft auch den Blick des waidwunden Flügeltiers, mitunter sogar zusammen mit einem Blutstropfen. Doch diese Kenntnisse scheinen sich verloren zu haben: Auf den heutigen Flaschen ist – wenn überhaupt – meist ein springlebendiges Rebhuhn zu sehen. Die Abfüllung von Auvernier zeigt kein Rebhuhn, sondern das stolze Schloss, das auch auf dem Non-Filtré zu erkennen ist.


www.chateau-auvernier.ch


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