Sommelier – eine Zukunftsvision

Sommelier – eine Zukunftsvision

Gesellschaftliche Veränderungen bringen grosse Herausforderungen. Megatrends sind die grössten Kräfte des Wandels. Wie gehen die Sommeliers mit diesen Herausforderungen um? Was sind mögliche Zukunftsszenarien für unseren Beruf und wo geht die Entwicklung hin? Gefragt sind Offenheit für Neues, gutes Gespür für Trends und überdurchschnittliche Kommunikationsfähigkeiten. Konnten früher Sommeliers mit lexikalischem Wissen und guten Weinkenntnissen ihre Gäste beeindrucken, sind in Zukunft andere Fähigkeiten gefragt. Dank Onlinediensten, Apps, Google und unzähligen Weinblogs sind alle Weine der Welt sofort abrufbar, wovon viele Gäste regen Gebrauch machen. Der Mensch ist zwar nicht durch Maschinen ersetzbar, aber neue Technologien entlasten ihn trotzdem. Aufgrund dieser freigewordenen Kapazitäten können sie sich auf Neues konzentrieren. Kein Roboter oder Onlinedienst kann einen kompetenten Gastgeber ersetzen.

Wo der Sommelier noch eine Chance hat und sich in Zukunft behaupten kann, ist in der Rolle des ­liebe­vollen, einfühlsamen Gastgebers. Wein lässt sich zukünftig kaum noch über trockene fachliche Analyse und Sachlichkeit vermitteln. Gefragt sind vielmehr Gefühle, Hedonismus mit gut darin verpackten Argumenten, die für den Gast nachvollziehbar sind und seine Emotionen und Vorlieben zu spiegeln vermögen. In Zukunft liegt die Stärke eines Somme­liers in den soft skills. Und Führungskräfte spielen dabei eine bedeutende Rolle. Schnell und kontinuierlich zu lernen ist ein unbedingtes Muss, um wettbewerbsfähig zu sein. Dafür sind das growth mindset, das Wachstumsdenken, sowie der dynamische Selbstwert unumgänglich. Gemeinsam mit der emotionalen Intelligenz sind sie die wichtigsten Aspekte, um in Zukunft gefühlvolle Kompetenzen zu entwickeln und zu erreichen.

War früher dieser Beruf nur für Leute in gewissem Alter und mit Lebenserfahrung zugänglich, werden heute in der Mehrheit junge Fachleute mit gutem theoretischem Rüstzeug eingestellt. Junge Berufsleute und Sommeliers wollen Neues, Freches, Unkonven­tionelles und Cooles erleben. Welche Kompetenzen können uns jetzt erfolgreich in die Zukunft führen? Neben den soft skills sind die sogenannten digital skills unentbehrlich. Dazu gehören Selbstbewusstsein, Kommunikation, kritisches und lösungsorientiertes Denken, aber auch die Bereitschaft, Heraus­forderungen anzunehmen, und Durchhaltevermögen. Die Bereitschaft eines Menschen für Veränderung und lebenslanges Lernen ist eine Maxime für die Entwicklung von solchen Fähigkeiten, die zur persönlichen Agilität führt.


Revolution auf dem «Menüpla

Jetzt schon und in absehbarer Zukunft steht im ­Gastgewerbe und auch für den Beruf des Sommeliers eine ganz andere Revolution auf dem «Menüplan». Der Megatrend signalisiert das Ende der rationalen, nur auf Arbeit fokussierten Leistungsgesellschaft. Arbeit muss Spass und Freude bereiten und darf nicht nur Broterwerb sein. Gesundheit ist einer der wichtigs­ten Megatrends, der sich tief ins Bewusstsein der Ge­­sellschaft und besonders der Generation Z eingeprägt hat und sämtliche Lebensbereiche betrifft. ­Frische und gesunde Ausgangsprodukte, Protein-Powerfood, Superfoods, kleinere Portionen sowie eine neue Qualitätsorientierung zeugen vom erhöhten Bewusstsein dafür. Essen ist nicht mehr vorwiegend Genussmittel, sondern dient als Antrieb für den Körper. Dadurch sind auch die Trinkgewohnheiten im Wandel, was insbesondere den Sommelier massgeblich betrifft. Das individuelle Getränkeangebot muss sich diesem Trend anpassen, mit weniger Alkohol, kleineren Einheiten und mehr Vielfalt in Bezug auf frische, gesunde Ge­­tränke. Von der traditionellen Gastronomie erfordert dies ein gewaltiges Umdenken. Die Generation Z und Millennials sind sehr an Gesundheit und Wohl­befinden interessiert. Das wird auch Eingang in das Getränkeangebot finden. Es soll gesund sein, Öko­bilanz und Nachhaltigkeit müssen stimmen, bio oder organic sind normal. Vermehrt wird Nichtalkoholisches verlangt, inklusive Wein und Cocktails.

Ein Sommelier muss die nonverbalen Wünsche und Erwartungen seiner Gäste reflektieren, erkennen und lesen können, noch bevor diese es selbst artikulieren. Solche Fähigkeiten zu fördern und zu trainieren kann motivieren, sensibilisieren und schliesslich die Begeisterung für diesen Beruf neu entfachen. Wir brauchen im Service und in der Sommellerie heute einen neuen Typus von Mitarbeitenden – Menschen mit emotionalen Gastgeberqualitäten und empathischer Fachkompetenz. Man erhält immer nur so viel, wie man gibt, das gilt für Gast wie Gastgeber. Die ­Zauberwörter sind Empathie und Resilienz, sowohl für die Führungsebene als auch für die Mitarbeitenden an der Front. Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun und welche Kompetenzen unsere Sommeliers zukünftig erlangen.

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