Der Tourismussektor ist gefordert, die Krisen als Chance zu nutzen. Nachhaltigkeit, Digitalisierung und unideologische Politikarbeit sind Voraussetzungen, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu erhalten. Die Erfolgsaussichten sind gut, denn es entwickelt sich eine neue Reisekultur.
Die Coronapandemie hat den Tourismussektor in seinen Grundfesten erschüttert und bestehende Realitäten verschoben. Die Coronakrise ist noch nicht ganz ausgestanden, da warten bereits weitere Herausforderungen auf den Sektor, wie die drohende Energiemangellage. Dazu kommt eine fragile geopolitische Lage, die die Zukunftsaussichten der Weltwirtschaft dämpft. So schmerzlich die Pandemie und die sich überlagernden Krisen für die Weltwirtschaft sind, so sind sie doch auch eine Chance für Neues. Die Krisen ebenen den Weg, um die Konzeption des Tourismus neu zu denken, bestehende Geschäftsmodelle zu hinterfragen und den Tourismussektor zukunftsfähiger zu gestalten.
Chancen des Klimawandels
Es ist klar absehbar, dass die Schweiz dank ihrer alpinen Lage von steigenden Durchschnittstemperaturen wird profitieren können. Am Mittelmeer wird es künftig vielleicht zu heiss sein für Sommerferien, in unseren Bergen und an unseren Seen aber nicht.
In vielen Bereichen des Tourismus zeichnet sich bereits ab, dass es zu tiefgreifenden Veränderungen kam und kommen wird. Es wird in vielerlei Hinsicht kein Zurück in alte Verhaltensmuster geben. Die Bedürfnisse haben sich bei Reisenden sowie Bereisten verändert. Es hat sich eine neue Reisekultur entwickelt. Reiseziele werden bewusster und achtsamer gewählt. Dies auch mit einem stärkeren Fokus auf Qualität, Sicherheit und die Umwelt.
Tourismus-Transformation ohne Ideologie
Der Tourismus profitierte über Jahre von gesellschaftlichen Entwicklungen, die aus heutiger Sicht kritisch zu betrachten sind. Trotzdem darf man sich bei der Transformation des Tourismus nicht von Ideologien leiten lassen. Den Menschen zu verbieten, zu reisen, wäre falsch. Die Lust an der Mobilität, am Reisen und Entdecken liegt in der Natur des Menschen. Reisen bildet und sensibilisiert die Menschen dafür, ihre Umwelt zu schätzen und zu schonen. Das Reisen fördert auch den kulturellen Austausch, trägt zur Völkerverständigung bei und öffnet neue Horizonte.
Zudem hat der Tourismussektor aus ökonomischer Sicht einen gewichtigen Platz. Weltweit hängt jeder zehnte Arbeitsplatz vom Tourismussektor ab. In vielen Regionen der Welt bietet er die einzige Einkommensmöglichkeit für breite Schichten der Bevölkerung.
Nachhaltiges Reisen lässt sich nur über alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit verwirklichen. Der Umweltschutz muss begleitet sein von existenzsichernden Geschäftsmodellen und einem passenden sozialen Umfeld. Der Tourismus ist in diesem Sinne eben nicht das Problem, sondern vielmehr ein entscheidender Teil der Lösung. Und genau deshalb ist es umso wichtiger, dass der Sektor seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt. Dafür benötigt es Mut, den Strukturwandel zuzulassen und auf nachhaltige Angebote zu setzen. Nur so kann der Tourismus seinen wichtigen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft leisten.
Wettbewerbsvorteile durch Digitalisierung
Mut braucht es auch im Umgang mit der Digitalisierung. Die geschickte Nutzung der vorhandenen Technologien ist heute ein zentraler Wettbewerbsvorteil. Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle werden nur konkurrenzfähig bleiben, wenn die touristischen Unternehmen die Möglichkeiten der digitalen Welt nutzen. Dies trifft auf die Inspirations- und Planungsphase der Reisenden in gleichem Masse zu wie auf den Aufenthalt und die Nachbereitung. Zudem werden die Unternehmen, die sich der Digitalisierung verschliessen, im sehr angespannten Fachkräftemarkt kein geeignetes Personal mehr finden.
Erfolgreiche Kooperation der Verbände
In dieser für den Tourismus herausfordernden Zeit bieten starke Verbände den Unternehmen echten Mehrwert. In der Bewältigung der Pandemie hat sich auf pragmatische Art und Weise die Zusammenarbeit der Verbände verstärkt. So konnten die touristischen Verbände und Organisationen noch während der Coronapandemie ein gemeinsames Commitment zum nachhaltigen Tourismus verabschieden und dieses in handfeste Projekte ummünzen. Mit dem Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit, unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbandes, haben wir dafür beste Voraussetzungen geschaffen.
Weniger, einfacher, sachlicher
Tourismus ist auch auf eine vorausschauende Gesetzgebung angewiesen und steht deshalb in engem Kontakt mit den politischen Entscheidungsträgern. Hier setzt sich der Schweizer Tourismus-Verband für den Abbau von bürokratischen Hürden und gegen komplizierte administrative Verfahren ein. Damit Innovation gefördert und Investitionen getätigt werden können, muss die Weiterentwicklung der touristischen Förderinstrumente vorangetrieben werden.
Bei Projekten mit grosser nationaler Bedeutung sollen die Förderinstrumente so ausgestaltet werden, dass eine längerfristige Finanzierung möglich ist. In Bereichen wie der Energieversorgung oder der Raumplanung braucht es ein sachliches Abwägen von Schutz- und Nutzinteressen. Dafür benötigen wir Massnahmen, die zu einer wirklichen Lösung beitragen und nicht nur die Bürokratie aufblähen.