Swisstainable – erfüllt das Label die Erwartungen?

Über 200 Nachhaltigkeitslabels existieren in der Tourismusbranche – ein unüber­­sichtlicher Dschungel. Vor drei Jahren hat Schweiz Tourismus mit «Swisstainable» sein eigenes Label herausgebracht. Ein nötiger Schritt?



Nachhaltigkeit ist zu einem globalen Imperativ geworden. Ein bewusster Le­bens­stil ist das Gebot der Stun­­de. Das betrifft insbesondere auch den weltweiten Tourismus, der – je nach Rechnung – für etwa acht Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Die Tourismusbranche steht in der Verantwortung, ihren Teil für eine kohlendioxidneutrale Wirtschaft zu leisten. Dies betrifft nicht nur den Transportsektor, sondern auch die nachhaltige Unternehmensführung von Hotels, Veranstaltern und Co. Grundlage sind die «17 Ziele für nachhaltige Entwicklung», die die Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und ökologische Sektoren ausgegeben haben und die bis zum Jahr 2030 erfüllt werden sollten. 

200 Nachhaltigkeitslabels
Um Verbrauchern eine Entscheidungshilfe beim Konsum von Waren, Dienstleistungen oder beim Transport zu geben, sind in den letzten Jahren verschiedene Labels zur Nachhaltigkeit wie Pilze aus dem Bo­­den geschossen. Was gut gemeint war, hat sich mittlerweile zum undurchsichtigen Chaos entwickelt. Ähnlich wie bei den Zertifizierungen für Bio-Lebensmittel überblickt der Verbraucher die Bedeutung verschiedener Labels nicht mehr. Das trifft auch auf den Tourismus zu. Laut der Or­­ganisation Fairunterwegs gibt es allein im Tourismus 200 unterschiedliche Labels. Diese reichen von eigenen Zertifizierungen einzelner Hotelketten über nationale bis hin zu internationalen Labels. Um den Touristen in der Schweiz eine einheitliche Entscheidungsgrundlage für die Wahl nachhaltiger Unternehmen zu bieten, hat Schweiz Tourismus bekannterweise vor drei Jahren das Label Swisstainable ins Leben gerufen. Bei der pfiffigen Wortschöpfung aus «Swiss» und «Sustainable» handelt es sich allerdings nicht um eine eigene Zertifizierung, sondern um eine Zusammenfassung der bestehenden Be­­mühungen zur Nachhaltigkeit. «Das Nachhaltigkeitsprogramm Swisstainable möch­­te dem Engagement des Tourismussektors Sichtbarkeit verleihen und die touristischen Leistungsträger in ihren Bestrebungen in Richtung einer umfassenden nachhaltigen Entwicklung des Schweizer Tourismus unterstützen. So werden bestehen­de Zertifizierungen, Initiativen und Programme integriert und anerkannt, sofern sie gewisse Standards erfüllen», so die offizielle Beschreibung. Das Engagement der jeweiligen Unternehmen, seien das Hotels, Restaurants, Museen und weitere, wird in drei Kategorien unterteilt: committed, engaged und leading. 

Swisstainable bietet Sichtbarkeit
Touristische Anbieter erhoffen sich da­­durch eine grössere Sichtbarkeit für ihre nachhaltigen Bestrebungen, die für eine steigende Anzahl von Gästen zur Entscheidungsgrundlage für das Buchen von Ho­­tels, Erlebnissen und Co. werden. Einen ­solchen Trend sieht auch Patrick Jäger, Besitzer des Vier-Sterne-Superior-Hauses Hotel Eden Spiez: «Wir beobachten eine Zunahme an Gästen, die sensibilisiert sind, dies ist aber noch der kleinste Teil unserer Gäste. Bei den Entscheidungs­kriterien ist Nachhaltigkeit sicher bei ­vielen schon unter den Top 10. Noch deutlicher wird dies im Bereich MICE. Wir sehen, dass immer mehr Unternehmen in der Schweiz ihre Anforderungen an nachhaltige Events erhöhen und Zertifikate fordern, welche die Massnahmen verifizieren. Als einheitliches Signet hilft Swisstainable dabei, schneller sichtbar zu sein, und schafft Vertrauen.»



Jäger, dessen Hotel Eden Spiez durch jahrelangen Fokus auf Nachhaltigkeit (zertifiziert durch das Ibex fairstay im Jahr 2023) die höchste Stufe «leading» erreicht hat, sieht denn auch die Visibilität nachhaltiger Bemühungen als grosses Plus des neuen Labels: «Nachhaltigkeit sichtbar zu ma­­chen, bevor der Gast uns kennt, ist sicher einer der grössten Mehrwerte. Seit der Lancierung vor zwei Jahren hat das Signet bei vielen Gästen eine Bedeutung erhalten. Sie wissen, dass sie in der Schweiz darauf achten können, und tun dies auch.» So wie in der Mehrheit der Tourismusbranche ist Jägers Beurteilung des Swisstainable Labels durchaus positiv: «Ich bin sehr überzeugt von Swisstainable. Um als nachhaltiges Tourismusland wahrgenommen zu werden, braucht es eine einheitliche und verständliche Kommunikation. Als Verbesserung würde ich allerdings anbringen, dass die Unterscheidung der drei Stufen im Signet nicht sehr deutlich ist. Ob ein Hotel Level I oder Level III ist und was das eigentlich für einen enormen Unterschied macht, ist meiner Meinung nach aus der jetzigen Präsenz nicht deutlich genug ersichtlich.» Jäger erhofft sich durch das Swisstainable-Label auch eine Signalwirkung für die Tourismuswelt hin zu einer Transformation zum nachhaltigen Wirtschaften: «Zudem hilft das Label auch der Branche, sich schneller zu transformieren oder bereits bestehende Massnahmen sichtbar zu ma­­chen. Wer mit Level I angefangen hat, will höher kommen und wird folglich nachhaltiger im Unternehmen. Das hilft auch bei der Sensibilisierung der Mitarbeiter und fördert den Austausch der Branche über das Thema Nachhaltigkeit.»

www.eden-spiez.ch
www.madeinbern.com

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