Das kleine Hotel am «Ende der Schweiz»

Unique-Hotel Fusio im Maggiatal (Tessin) – Das Unique-Hotel Fusio war fast 50 Jahre verwaist und ­geschlossen. Ein Investor hatte den Mut, das Hotel im hintersten Maggiatal zu erwerben und wieder zum Leben zu erwecken. Nach einer Gesamtsanierung von 2012 bis 2016 wurde das Haus mit 12 Zimmern und einem Ristorante im Mai 2017 neu eröffnet. Ein Gespräch mit dem Hotelbetreiber Urs Hofer (66).



Urs Hofer, wie sind Sie als Nicht-­Hotelier eigentlich auf die Idee gekommen, im hintersten Maggiatal ein Hotel mit nur zwölf Zimmern zu betreiben?


Ganz einfach: Die Besitzer haben ­jemanden gesucht, der das Hotel Fusio nach der Gesamtsanierung wieder ­aufbaut und an den Markt bringt. Gefragt war am Anfang ein Gesamtkonzept für das Hotel und das Restaurant. Als das Konzept und das Interieur Design vorlagen, kam die Frage: Können Sie das auch umsetzen? Als Quereinsteiger, der bis zu diesem Zeitpunkt als Szenograph und im Marketing gearbeitet und seine Erfahrungen gesammelt hatte, war das für mich eine interessante ­Herausforderung. Hinzu kommt, dass ich als Dozent und Studiengangsleiter am SAWI und an der HWZ den Studierenden vermittelte, wie man ein Produkt, eine Marke oder ein Unternehmen am Markt positioniert.


Das Hotel war ja fast 50 Jahre lang geschlossen. 2017 haben Sie es wieder eröffnet. Wer hat in dieses Haus investiert – und wie sehen Sie Ihre Rolle dort?


Die Investition für das Haupthaus und die dazugehörende Dependance stammt von einer Privatperson. Meine Rolle war von Anfang an klar definiert. Einerseits sehe ich mich als Projektentwickler, ­andererseits als Gastgeber. Es macht mir ausserordentlich Spass, mit all den ­Gästen in Kontakt zu kommen und ihnen ein gutes Gesamterlebnis zu bieten.


Es gibt mir auch eine grosse Befriedigung, wenn die Gäste zufrieden und mit einem Lächeln unser Haus wieder verlassen und später wieder kommen. Eine weitere Rolle sehe ich darin, meine Mitarbeitenden zu motivieren und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie der wichtigste Teil des Gesamtkonzeptes sind. Doch über allem steht natürlich das Ziel, das Projekt auch wirtschaftlich erfolgreich zu führen.



Bevor wir über die wirtschaftliche Seite des Hotels sprechen: Was ist das Besondere im Hotel Fusio?


Ich hatte bei der Erarbeitung des Konzeptes klare Vorstellungen über die angestrebte Positionierung des Hauses. Mir war klar, dass diese Positionierung aufgrund der Lage im hintersten Maggiatal und der langen Schliessungsphase die entscheidenden Punkte waren über Erfolg oder Misserfolg des Projektes. Unser Claim lautet: «Erholung von Gestern für Energie von Morgen». Es ist ein Versprechen, das wir abgeben und auch leben.



Was also bieten Sie Ihren Gästen konkret im Hotel Fusio?


Die Architektur ist typisch für die Region und stammt aus dem 19. Jahrhundert. Das Interieur ist so gestaltet, dass dem Gast urbaner Komfort geboten wird. Die Gestaltung ist klar und reduziert, und die Materialisierung bildet die Verbindung zur traditionellen Architektur. Die Verbindung von Tradition und Moderne ist eines der Merkmale und bildet das räumliche Umfeld für Kommunikation und Wohlfühlatmosphäre. Grosse Detailtreue und Dekorationselemente unterstützen das Gesamtbild. Ein weiteres ­Element ist die Neuinterpretation der ­Tessiner Küche mit lokalen Produkten. Und ein wichtiges Positionierungsmerkmal sind die Mitarbeitenden. Wir ver­folgen die Philosophie: hohe Profession­alität im Handwerk, lockerer Umgang mit den Gästen. Damit ist es uns gelungen, die Labels Unique, Wanderhotel und «typically swiss hotels» zu erhalten.



Sprechen wir nun über Geld: Kann man mit so einem Kleinsthotel an dieser Lage am Ende der Schweiz wirklich Geld verdienen? Oder ist das eher ein schönes Hobby?


Das Unique Hotel Fusio ist ein Saison­betrieb, der sechs Monate betrieben werden kann. Es ist somit klar, dass grosse Ge­­winne kaum zu erwirtschaften sind. Es ist aber durchaus möglich, den Betrieb wirtschaftlich erfolgreich zu führen. Wir sind in der Lage, den Mitarbeitenden zeitgemässe Löhne und Sozialleistungen und dem Inhaber eine angemessene Miete zu zahlen. Und das Pächterpaar erhält eine marktübliche Entschädigung. Unter dem Strich ist auch ein kleiner Gewinn möglich.



Wer sind Ihre Gäste?


Wir verfolgen eine möglichst individua­lisierte Ansprache. Die Zielgruppen sind äusserst heterogen, zum Beispiel die Gruppe der Wanderer. Hier steigen 20-Jährige genauso ab wie 80-Jährige. Eine weitere Zielgruppe sind Leute, die einen Ort der Ruhe und der Erholung suchen – und auch ein paar Tage buchen. Sie erwarten ein Hotel mit Komfort, ­Serviceleistungen und kulinarischer Abwechslung.



Erfüllen Sie sich mit dem Hotel Fusio so etwas wie einen Traum? Viele Menschen träumen ja vom kleinen Hotel oder von der kleinen Osteria im Tessin


Die romantische Verklärung … Nein, für mich war das nie ein Traum oder ein Wunsch. Aber was mich fasziniert hat, war der Umstand, ein Projekt in einer mir fremden Branche von Grund auf theo­retisch zu entwickeln und dies dann auch in der Praxis zu realisieren – auch um zu erfahren, ob das am Markt dann auch trägt.




Die Geschichte

Das um 1880 erbaute Haus in Fusio wurde immer als Herberge, Hotel, Restaurant oder Kaffeehaus geführt. Ein Treffpunkt für Touristen und ­Einheimische. Durch die positive ­touristische Entwicklung, vor allem um die Jahrhundertwende und in der Nachkriegszeit konnte das Haus überleben.


Die Investitionen in den Ausbau der Wasserkraft in den Tessiner Alpen, verbunden mit steigendem Tourismus in den 50er- und 60er-Jahren,­ ­brachten dem Tal und dem Hotel eine Blütezeit. In den 70er-Jahren gingen die Übernachtungen zurück und das Hotel wurde geschlossen.


Nach diesem Dornröschenschlaf von 46 Jahren wurde das Hotel Fusio im Jahr 2017 von neuen Eigentümern nach einer Gesamtsanierung wiedereröffnet. Das Hotel Fusio ist wieder ein Ort der Begegnungen, des Genusses und des Austausches für alle.



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