«Es ist wichtig, achtsam und flexibel zu bleiben, um reagieren zu können.»

Die Schweizer Luxushotels und ihre Leistungen sind ein ­wichtiges Exportgut der Schweiz. Michael Smithuis, Präsident der Vereinigung Swiss Deluxe Hotels, sieht seine Mitglieder-Hotels in gutem Zustand. «Störfälle» gehörten seit 150 Jahren zum Erfahrungsschatz der Hotels.


Was bedeutet Luxus (heute)?

Michael Smithuis: Heutzutage ist es ein Luxus, Zeit zu finden, um seinen Hobbys nachzugehen, sich etwas gönnen oder etwas zu erleben.


Ist Luxus noch zeitgemäss beziehungsweise welcher Luxus ist zeitgemäss?

Früher war Luxus klar definiert. So galten beispielsweise Markenartikel, teure Autos sowie Uhren und Champagner als Luxus. Heute geht es weniger um das Materielle, vielmehr geht es um das Empfinden dabei. So kann auch eine lang ersehnte Reise als Luxus empfunden werden. Die Werte haben sich grundsätzlich geändert, und fast jeder kann zu einem Luxuskonsu­menten werden.

Welchen Luxus gönnen Sie sich ­persönlich?

Für mich ist es Luxus, ein schönes Reise-ziel auszusuchen und dieses mit meiner Fa­­milie zu erkunden. Es ist überaus bereichernd, gemeinsam andere Mentalitäten und Kulturen zu erleben und zu entdecken.

Die Luxus- und Spitzenhotellerie ist eines der wichtigste Exportgüter der Schweiz. Wie sehen sie die ­Chancen, dass dieser Sektor seine Bedeutung behalten kann?

Die Bedürfnisse unserer Gäste ändern sich stetig – die Anforderungen werden komplexer und umfangreicher. Deswegen ist es wichtig, reaktiv und anpassungsfähig zu bleiben, um auf individuelle Wünsche eingehen zu können. Ein Hotel ist nur dann erfolgreich, wenn die Gäste bei ihrer Abreise Glück und Zufriedenheit empfinden.

Der Verband Schweiz Tourismus zieht generell eine positive Bilanz zum ­Sommer 2022. Wie sieht das für die Swiss Deluxe Hotels aus?

Die Sommersaison 2022 verlief für unsere Berg- wie auch die Stadthotels sehr erfolgreich. Die erneut hohe Anzahl Logiernächte ist einerseits der Rückkehr von internationalen Gästen als auch dem Gruppengeschäft zu ver­danken. Gegenüber dem Sommer 2021 hat sich die Anzahl ausländischer Gäste fast verdoppelt, während die Übernachtungen von Schweizer Gästen wieder leicht zu­­rückgingen. Alleine im Juli verzeichneten wir alles in allem rund 25 Prozent mehr Gäste als im Vorjahr.

Schweiz-Tourismus-Direktor Martin Nydegger erwartet über das ganze Jahr 2022 ein Wachstum von 3 bis 5 Prozent bei den Übernachtungen. Wären Sie in ihrem Segment damit zufrieden?

Ich wäre sehr zufrieden mit einem solchen Wachstum im Vergleich zu 2019, das ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr war noch von einer Krise verschont war.


Wie schätzen Sie die kurzfristige ­Entwicklung für den Herbst 2022 und Winter 2022/2023 ein? Schweiz ­Tourismus zeigt sich für den Herbst «zurückhaltend gestimmt».

Alle Indikatoren weisen auf eine positive Entwicklung hin. Wir haben bereits sehr viele Individual- und Gruppenanfragen für die kommenden Monate. Die Tendenz liegt im Moment bei kurzfristigen Anfragen, was ebenfalls auf unvorhergesehenes Business hoffen lässt und mich durchaus zuversichtlich stimmt.


Schweiz Tourismus sieht die Branche weiterhin im «Krisenmodus». Trifft das für die Swiss Deluxe Hotels auch zu?

Aus der Krise sind wir, meiner Ansicht nach, so gut wie rausgekommen. Es ist aber wichtig, achtsam und flexibel zu bleiben, um auf politische, wie wirtschaftliche Einflüsse von aussen reagieren zu können. In einer Zeit, in der Reisen nicht möglich war, konnten Fünf-Sterne-Hotels mit ihren Wellnessangeboten punkten. Die Anfrage hierfür war insbesondere in den Berg­-hotels sehr hoch, da hier der gewünschte Tapetenwechsel garantiert war.


Die Lust zu reisen, ist bei den ­Schweizern insgesamt wieder zu ­spüren. Registrieren Sie, dass weniger Schweizer in den Swiss Deluxe Hotels einkehren?

Seit die Grenzen wieder offen sind, zieht es die Schweizer Gäste wieder vermehrt ins Ausland. Trotzdem haben wir immer noch mehr Anfragen von Schweizer Gästen als vor der Covid-Krise. Die Reisebedingungen mögen sich zwar verbessert haben, aber einem Teil der Kundschaft ist die Lust ins Ausland zu verreisen dennoch vergangen. Wir freuen uns jedenfalls sehr, auch ­internationale Gäste wieder begrüssen zu dürfen.

Wie beurteilen Sie die Situation der ausländischen Gäste, die für den Erfolg des Deluxe Hotelsegments eine wichtige Rolle spielen?

Es zieht vor allem wieder Europäer, Amerikaner, Gäste aus dem mittleren Osten und aus Indien in die Schweiz.

Für den Sommer 2022 zeigen Erhe­bungen des Bundeamts für Statistik, dass gegenüber der Vor-Corona-Zeit rund 15 Prozent weniger Gäste aus dem ­Ausland in die Schweiz reisten. Ist der «Krieg in Europa» (Ukraine) dafür ­verantwortlich, dass weniger Gäste aus Übersee und Asien in die Schweiz kommen?

Der Kriegsausbruch hat unweigerlich für eine zusätzliche Unsicherheit und den Wegfall der russischen Gäste gesorgt. Ansonsten hat sich diese Tendenz aber sehr schnell wieder gelegt. Wir hatten nur vom asiatischen und chinesischen Markt weniger Anfragen, was aber mit den verschärften Sicherheitsmassnahmen im Rahmen der zunehmenden Covid-Fälle zu erklären ist. Die Zahlen für die ­ersten sieben Monate des Jahres zeigen für die Gesamthotellerie in der Schweiz ein Wachstum der Logiernächte von plus 41,5 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die ausländischen Gäste sind dabei für 175 Prozent Wachstum verantwortlich, die inländischen Gäste immerhin auch für 4,4 Prozent.

Die Krisen dürften zu einem permanenten Phänomen werden – Krieg, Energie-/Versorgungskrise, Inflation/Stagflation, Frankenstärke/Euroschwäche, Pandemie, etc. Wie will sich die Deluxe Hotellerie in dieser ­Situation verhalten beziehungsweise positionieren?

Wichtig ist das Lobbying mit Hotellerie­Suisse, um eine Interaktion mit den poli­tischen Parteien zu gewährleisten und die Stimme der Hoteliers geltend zu machen. Wobei, unsere Branche ist sich Krisen gewohnt. Auch die letzten 150 Jahre waren nicht frei von äusseren oder wirtschaft­lichen Störfaktoren. Gerade die Hotels im obersten Segment haben es immer ge­­schafft, sich an eine neue Situation und neue Herausforderungen anzupassen. Das wird auch in Zukunft so sein.

In der Hotel-Branche, aber eigentlich generell in der Wirtschaft, ist der ­Personal- und Fachkräftemangel ein primäres Thema. Welche Lösungen sehen Sie? Was haben Sie von Swiss Deluxe Hotels bereits angepackt, um als Problem zu reduzieren?

Ziel ist, das Hotellerie-Gewerbe attraktiver zu gestalten. Dazu ist eine Überarbeitung der aktuellen Konditionen nötig. Wichtig ist nicht nur eine Verbesserung im finanziellen Bereich, sondern auch mehr Flexi­bilität bei den Arbeitszeitmodellen anzubieten. Zudem sind die Aus- und Weiter­bildungsmöglichkeiten sowie die Karriereplanung aktiv zu fördern. Mitarbeitenden im administrativen Bereich soll ebenfalls die Möglichkeit gegeben werden, von Zeit zu Zeit Homeoffice machen zu können. Der stetige Kontakt zu Hotelfachschulen ist ebenfalls unumgänglich.

Wie wollen sie beim Verband Swiss Deluxe Hotels diese Ziele erreichen?

Swiss Deluxe Hotels hat diese Entwicklung zum Glück bereits vor einiger Zeit anti­zipiert und erarbeitet mit verschiedenen Partnern neue Formen und Modelle, wie sich die Hotellerie-Berufe entwickeln ­können. Zusammen mit den renommiertesten Hotelfachschulen wird schon auf der Ebene der Ausbildung nach neuen Lösungen und Ansätzen gesucht, während zum Beispiel das Stichwort «Performance Recruiting» in der Personalsuche an Be­­deutung gewinnt. Dabei geht es darum, über Anzeigen in Social-Media-Kanälen, wie Facebook, Instagram und Co, sowie durch ein zielgenaues Targeting auf die exakte Zielgruppe potenzieller Kandi­daten genau die Leute zu erreichen, die perfekt auf eine offene Position passen könnten.


Lassen Sie uns zum Schluss noch das Thema Nachhaltigkeit ansprechen.

Nachhaltigkeit und der Umgang mit un­­seren Ressourcen sind bei uns nach wie vor wichtige Themen. Da sind alle Hotels bemüht, einen verantwortungsvollen An­­satz der Bewirtschaftung und Führung eines Hotels zu gewährleisten. Als Verei­nigung der führenden und exklusivsten Luxushotels in der Schweiz setzen die Swiss Deluxe Hotels nicht nur auf die ­neusten Technologien und Prozesse, sondern profitieren auch vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch und Networking innerhalb der Gruppe. Traditionen leben heisst eben auch in diesen Feldern die Zukunft mitgestalten.




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