Schweizer Fleisch macht den feinen Unterschied. Davon ist Marco Böhler, Küchenchef im angesehenen «Stucki» in Basel, überzeugt. Fleisch ist in der Küche keine Selbstverständlichkeit mehr, aber weiterhin unverzichtbar. Hotelière sprach mit Marco Böhler über sein Verhältnis zu Fleisch – auch zum Cervelat.
Als Küchenchef ist Marco Böhler ein Kopf, der sich explizit für Schweizer Fleisch in Schweizer Küchen einsetzt. Sein Engagement brachte ihm eine unerwartete Aufmerksamkeit, die er gerne zur Kenntnis nimmt. «Ich habe Reaktionen auf WhatsApp erhalten. Die Leute freuen sich. Das ist toll», meinte der wichtige Mann in der Küche des Spitzenrestaurants «Stucki» von Tanja Grandits. Sie wurde 2014 und 2020 als «Koch des Jahres» GaultMillau» ausgezeichnet. Mit 19 Punkten und zwei Michelin Sternen zeichnen sie und ihr Team die beiden wichtigsten Guides aus.
Warum muss man für Fleisch werben? Es scheint auf dem Speiseplan keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein.
Marco Böhler: Momentan ist generell vegetarisches oder veganes Essen gefragt. Die Erwartungshaltung unserer Gäste ist jedoch, dass zum Hauptgang Fleisch serviert wird. Alternativ bieten wir immer Fisch und vegane oder vegetarische Speisen an. Beim Business-Lunch stehen drei verschiedene Hauptgänge zur Auswahl: Fleisch, vegan, vegetarisch. Das Wichtigste ist, dass der Gast zufrieden ist und die Produktqualität stimmt; egal was wir servieren.
Wie sehen Sie das Verhältnis von Fleisch zu veganen und vegetarischen Angeboten? Vermutlich entspannt?
Wahrscheinlich wird der Fleischkonsum abnehmen. Vegetarisches und veganes Essen werden zunehmen. Weniger Fleisch zu essen, dafür qualitativ einwandfreies – vom Stall bis auf den Teller – ist ein guter Trend. Jeden Tag Fleisch ist nicht nötig.
Was fasziniert Sie als Küchenchef an Fleisch besonders?
Mein Opa war Metzger und Fleisch spielte in unserer Familie immer eine grosse Rolle. Mir ist es wichtig, die regionale Landwirtschaft, die kleinen Betriebe zu unterstützen, wo ein sehr guter Umgang mit den Tieren gepflegt wird. Ein gutes Produkt kann man nur erzielen, wenn die Tiere tiergerecht gehalten werden. Zudem bin ich davon überzeugt, dass wer die Arbeit und den Aufwand hat, auch direkt das Geld dafür bekommen soll – ohne Zwischenhandel.
Das ist ein Bekenntnis zur regionalen Küche. Ist es da nicht ein Widerspruch, wenn Sie ins Berner Oberland fahren, um Fleisch einzukaufen?
Unser Hausmetzger ist die basellandschaftliche Metzgerei Jenzer in Arlesheim. Ins Berner Oberland fahre ich einmal im Monat, um Lammfleisch – Berglamm – bei Metzgermeister Hans Boss in Grindelwald abzuholen. Von Januar bis März hat er alle Lämmer für mich reserviert. Er schlachtet und lagert sie für mich fünf Wochen. Im vollen Kühltransporter kommen sie dann nach Basel. Auch mit der Buure-Metzg von Robert Bratschi und Rolf von Siebenthal in Gstaad sowie der Metzgerei Klemens Somm in Kreuzlingen arbeiten wir zusammen; mit allen drei Partnern seit über 15 Jahren. Umfassend betrachtet, ist das eine sehr verantwortliche Zusammenarbeit.
Welches Fleisch mögen Sie am liebsten?
Ganz interessant finde ich als Koch alles, was geschmort wird. Mein Favorit ist geschmorter Kalbsschulterspitz. Als Geniesser liegt meine Präferenz ebenfalls bei Schmorstücken. Aber auch Innereien, beispielsweise Kalbsmilke, mag ich sehr. Es ist ein tolles Produkt, das in Frankreich eine grosse Nachfrage kennt. In der Schweiz gibt es auch einen Aufwind. Die Gäste in unserem Restaurant finden Kalbsmilken-Perlen interessant.
Wie ist Ihr Verhältnis zum Cervelat?
Ein sehr gutes. Allerdings servieren wir Cervelat nicht unseren Gästen. Ab und zu machen wir Cervelatsalat mit Bratkartoffeln für unser Personal. Es ist ein tolles Abendessen und kommt sehr gut an.
Was essen Sie am liebsten, wenn es nicht Fleisch sein soll?
Rüeblisalat, leichte Sachen und Pasta.