Im zweiten Jahr der Corona-Pandemie schauen Hotelbetreiber und Investoren wieder optimistisch in die Zukunft – trotz anhaltender Einschränkungen durch die weiterhin hohen Corona-Infektionszahlen: 97 Prozent der von Engel & Völkers Hotel Consulting (EVHC) befragten Hotelbetreiber wollen ihr Portfolio weiter ausbauen. Dabei gewinnen einstige Nischenprodukte wie die Ferienhotellerie und Serviced-Apartment-Konzepte weiter an Bedeutung.
Auch auf Investorenseite bleibt die Mehrheit der Befragten der Betreiberimmobilie treu: Rund ein Viertel der Investoren wollen in alternative Segmente wie Longstay- oder Senior-Living-Konzepte investieren, 15 Prozent ihr Hotelportfolio ausbauen, weitere 14 Prozent suchen ihr Glück im Ausland oder in kleineren Märkten. Dem gegenüber stehen 19 Prozent der Investoren, die sich auf andere Assetklassen konzentrieren wollen. Der Sentiment Report 2021/22 von EVHC untersuchte die Stimmungslage auf dem deutschsprachigen Hotelmarkt (Deutschland, Schweiz, Österreich). An der anonymen Befragung nahmen Investoren, Projektentwickler und Hotelbetreiber teil.
M&A-Aktivitäten werden zunehmen
Potenzielle Insolvenzen spielen in der diesjährigen Umfrage eine deutlich geringere Rolle als noch im Vorjahr: Nur noch 9 Prozent der befragten Betreiber (minus 16 Prozent) und 14 Prozent der befragten Investoren (minus 11 Prozent) sehen in Insolvenzen einen wesentlichen, marktbeeinflussenden Faktor. Dagegen werden M&As nach Meinung der Umfrageteilnehmer den Markt zukünftig stärker beeinflussen. Für Investoren stellt zudem die restriktive Finanzierungsvergabe eine große Herausforderung im Marktumfeld dar.
Renditeerwartung auf Vorkrisenniveau
Andreas Ewald, Geschäftsführender Gesellschafter der Engel & Völkers Hotel Consulting GmbH: «Die große Mehrheit der Investoren rechnet mit einem Transaktionsvolumen auf Vorkrisenniveau in zwei bis drei Jahren. Momentan sind alternative Konzepte wie Serviced Apartments im Kommen, der Markt zeigt sich offen für neue Ideen und Marken. Das bietet auch in der Krise zahlreiche Chancen.»
Investoren preisen die Markterholung bereits in ihre Renditeerwartung ein. Bei durchschnittlich 3,9 Prozent liegt die Renditeerwartung für Hotels in A-Städten – und damit auf Vorkrisenniveau. Die Renditeerwartung für Hotels in B-Städten sinkt von 5,1 Prozent im Jahr 2020 auf 4,5 Prozent. Im Leisure-Segment liegt sie bei durchschnittlich 4,8 Prozent. «Hotelinvestments bieten im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Wohn- oder Büroimmobilien noch immer attraktive Renditeniveaus – insbesondere im anhaltenden Niedrigzinsumfeld», so Ewald.
Unterstützungsleistungen verhindern großen Preisrutsch
Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 ging der Wert von Hotelimmobilien um durchschnittlich 11 Prozent zurück. Größere Werteinbrüche sind noch nicht zu verzeichnen, entsprechend stabil blieben die Immobilienpreise. Folglich zeigen sich Unterschiede in den Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern mit einem Delta von durchschnittlich 13 Prozent – ein Grund für das geringe Transaktionsvolumen im Jahr 2021. Opportunisten stehen immer noch bereit und warten auf Notverkäufe oder die Gelegenheit für Schnäppchen. Doch diese blieben insbesondere aufgrund der erneut verlängerten staatlichen Hilfen weiter aus.
Insgesamt geht Engel & Völkers Hotel Consulting von einem Transaktionsvolumen von rund 2,2 Mrd. Euro in diesem Jahr aus – weniger als die Hälfe des Volumens von 2019. Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird für das Jahr 2024 erwartet.
Lage bleibt das wichtigste Kriterium
Der Standort spielt bei Hotelinvestments noch immer die größte Rolle, gefolgt von der Betreiber-Bonität. Neue innovative Konzepte und Ideen stoßen bei Investoren auf ein offenes Ohr. Ebenso entwickelt sich die Ferienhotellerie zum Produkt für institutionelle Investoren. Auch wenn A- und B-Städte aufgrund ihrer Stabilität als Zieldestinationen interessant bleiben, suchen sowohl Investoren als auch Betreiber in den nächsten 12 Monaten vermehrt nach Chancen außerhalb des DACH-Raums.
ESG- und Nachhaltigkeits-Standards werden zum «Must-have» für Investoren und Betreiber. Bei der Umsetzung liegt der Fokus nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Attraktivität auf der Reduzierung des Energie- und Ressourceneinsatzes sowie der Auswahl alternativer Energiequellen und Materialien. Aber auch die Digitalisierung von Prozessen spielt eine große Rolle. Die Krise hat bei den Betreibern einen großen Digitalisierungsschub ausgelöst.
Schlüsselfaktor Mitarbeitende
Zudem beschäftigt die Betreiber derzeit vor allem ein weiteres Problem: der akute Personalmangel. «Zahlreiche Mitarbeitende haben während der Pandemie aufgrund von Kurzarbeit und hoher Unsicherheit der Hotellerie den Rücken gekehrt und ihr Glück in anderen Branchen gefunden. Konzepte zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung werden jetzt zum strategischen Erfolgsfaktor», so Andreas Ewald.
Die Engel & Völkers Hotel Consulting GmbH (EVHC) wurde Anfang 2017 als eine Dachgesellschaft im Engel & Völkers-Netzwerk gegründet. Sie unterstützt mit ihrem Beratungsansatz Eigentümer, Investoren und Betreiber im gesamten Lebenszyklus des Hotels. Das Dienstleistungsspektrum umfasst die Beratung in den Bereichen Entwicklung, Strategie und Asset Management sowie die käufer- und verkäuferseitige Transaktionsberatung.
Kernaussagen des Reports
- Personalmangel, Digitalisierung und ESG sind die zentralen strategischen Herausforderungen
- Renditeerwartungen für Hotels in A-Städten sinken von 4,5 Prozent im Jahr 2020 auf 3,9 Prozent in 2021
- Unterschiedliche Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern bremsen derzeit noch den Transaktionsmarkt
- Rückkehr auf Vorkrisenniveau im Jahr 2024 erwartet