Der Gedanke an Ferien löst meist ein gutes Gefühl aus. Im Regelfall verläuft der Ferienbezug unproblematisch und verursacht keine Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Beim Thema Ferien, insbesondere in der Hotellerie und Gastronomie mit vielen Teilzeitangestellten, bewegt man sich quasi gewohnheitsmässig im Graubereich. Das kann teuer zu stehen kommen.
Wer kennt die Anstellungsform nicht, wonach Teilzeitangestellte, die im Stundenlohn beschäftigt sind und jeweilen auf der Lohnabrechnung, die den Bruttolohn mit 10,65 Prozent Zuschlag für Ferien und 2,27 Prozent für die Feiertage ausweist, ausbezahlt bekommen? Daraus schliessen viele, dass damit alles seine Richtigkeit hat, wäre ein Kurzschluss.
Das Problem dabei liegt in Art. 329d Abs. 2 OR: «Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden.» Zwar hat das Bundesgericht diese zwingende Norm etwas entschärft, weil es in Ausnahmefällen eine Ferienentschädigung in Geld zulässt. Aber es sind Ausnahme- und nicht Standardfälle, wie in der Branche üblich.
Hohes Risiko bei Angestellten im Stundenlohn
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dürfen Ferien mit einen Lohnzuschlag abgegolten werden, wenn es sich entweder um ein sehr unregelmässiges Anstellungsverhältnis handelt oder aber um ein sehr kurzes. Logisch ist, dass bei einem einmaligen Einsatz, beispielsweise an einem Samstagabend, die anspruchsmässigen Ferien nicht real bezogen werden können.
Eine Abgeltung des Ferienanspruches über den Lohn macht Sinn. Auch wenn eine Aushilfskraft immer wieder und mehr oder weniger auf Abruf beschäftigt wird, ist die Abgeltung der Ferien mit einen Lohnanteil unproblematisch. Wenn Angestellte im Stundenlohn jedoch in die Personalplanung einbezogen und regelmässig eingesetzt werden, dann wird das Risiko für den Arbeitgeber sehr hoch.
Arbeitgeber muss Mitarbeiter-Ferien nachweisen
Klar ist, solange niemand klagt, interessiert die Ferienabgeltung den Staat bzw. die Gerichte nicht. Aber wenn es zum Streit kommt – es muss sich dabei nicht um die Ferienthematik handeln –, werden arbeitsrechtlich geschulte Anwälte sofort erkennen, welches «finanzielle Potenzial» bei regelmässig beschäftigten Stundenlohn-Angestellten existiert.
Gemäss geltender Rechtsprechung muss der Arbeitgeber nachweisen, dass erstens der Mitarbeiter in den Ferien war und zweitens, er den Ferienlohn bekommen hat. Folglich muss auch bei Teilzeitmitarbeitenden arbeitgeberseits aufgrund der bestehenden Fürsorgepflicht eine Ferienkontrolle geführt werden. Es muss nachgewiesen werden können, dass der Ferienlohn während der Ferien bezahlt wurde oder aber dass ein Ausnahmefall im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vorliegt. Gelingt der Nachweis nicht, muss der Ferienlohn nochmals bezahlt werden. Dies auch, wenn vorher die 10,65 Prozent Ferienzuschlag bezahlt wurden. Faktisch bezahlt man die Ferien dann doppelt.
Rückbehalt der Ferienentschädigung
In der Praxis besteht das Bedürfnis, bei ständig, aber unregelmässig beschäftigten Angestellten im Stundenlohn den Ferienlohn nicht kompliziert ausrechnen zu müssen. Sie sind ja häufig während einer längeren Periode (Zwischensaison) nicht im Betrieb, machen Ferien oder gehen einer anderen Beschäftigung nach. Rechtlich korrekt ist vermutlich – aber das ist von der Beurteilung eines allfällig angerufenen Richters abhängig –, wenn der Ferienlohn prozentual zum Stundenlohn regelmässig definiert wird, aber erst ausbezahlt wird, wenn die Ferien auch tatsächlich bezogen werden. Zu vermeiden oder zu minimieren ist das Klagerisiko bzw. ein entsprechender Richterspruch, wenn die betroffenen Mitarbeitenden fix in einem tiefen Pensum angestellt werden.
Krank in den Ferien – Ferienunfähigkeit
Zu Diskussionen Anlass gibt manchmal der Umstand, dass Mitarbeitende nach ihrer Rückkehr behaupten, während der Ferien krank gewesen zu sein. Die Lehre und Rechtsprechung ist in diesem Fall klar: Krankheit oder Unfall während der Ferien führt im Regelfall dazu, dass die Ferien nicht genossen werden konnten, weshalb die verpassten Ferientage nachbezogen werden dürfen. Allerdings braucht es als Beweis ein Arztzeugnis, dass nicht die Arbeitsunfähigkeit, sondern die Ferienunfähigkeit bezeugt. Hat man beispielsweise den Finger verstaucht, kann man zwar im Büro arbeitsunfähig sein, aber die Ferien am Stand vielleicht trotzdem geniessen. Die Beweislast für die Ferienunfähigkeit liegt beim Arbeitnehmer.