Marc Almert – Sommelier­könig aus Zürich

Bruno-Thomas Eltschinger im Gespräch mit dem Sommelier-Weltmeister Mit 27 Jahren wurde Marc Almert 2019 in Antwerpen zum 16. Sommelier-Weltmeister ASI, dem renommiertesten ­Sommelier-Wettbewerb der Welt, gekürt. Der junge Sommelier verkörperte schon damals eine neue Generation. Sie verbindet Ehrgeiz mit Bescheidenheit, Dienstbereitschaft mit Anstand und Demut.

Es war ein beruflicher Generationenwechsel, als der Titel des «Sommelier-Weltmeisters» an Marc Almert vergeben wur­de. Sein Sieg hatte eindrücklich gezeigt, dass ein moderner zeitgemässer Sommelier nicht mehr allein durch gelerntes Wein­wissen überzeugt und punktet. Er verkörpert eine Generation, die Ehrgeiz mit Bescheidenheit, Dienstbereitschaft mit Anstand sowie Demut mit Bodenständigkeit verbindet. Almert repräsentiert eine Berufs­jugend, die unaufgeregt, pragmatisch, strukturiert und zielgerichtet an eine Prüfung geht und nicht verbissen den Sieg mit angelerntem, lexikalischem Fachwissen sucht oder bei seinen Gästen arrogant auftritt.

Genussmanager ohne Stress

Dieser junge Sommelier wirkt nie gestresst, verbissen, nervös oder übermotiviert. Seine Auftritte sind stets sympathisch, humorvoll, professionell und höflich. Die Herzlichkeit gegenüber seinen Gästen bleibt in jeder Situation nicht angelernt, sondern glaubwürdig, ruhig, empathisch und unaufgeregt. «Ein Sommelier ist nicht nur ein Weinkenner, er ist vielmehr ein Ge­­nussmanager», so Almert. Er muss in der Lage sein, den Gast während seines kompletten Restaurantbesuchs zu beraten. Hin­­zu kommt ein geschultes Auge für menschliche Interaktion, eine breite soziale Intelligenz und das Wissen um wirtschaftliche Kriterien wie effizientes Management.

Marc Almert ist in Köln aufgewachsen. Nach seiner Ausbildung zum Hotelfachmann und Barmixer im Jahr 2011 absolvierte er ein Trainee im F&B-Mana­gement. Während seiner Ausbildung im Kölner Excelsior Hotel Ernst fand im historischen Weinkeller eine Probe mit Egon Müller sowie Dominic Symington von der gleichnamigen Portwein-Gruppe statt. Dabei wurden diverse reife Weine ausgeschenkt, die er mit verkosten durfte. Es überraschte und faszinierte ihn be­­sonders, wie lebendig und spannend diese «alten» Weine wa­ren – die meisten waren schliesslich mehr als doppelt so alt wie er selbst und in seinen damali­-gen Augen «nur vergorener Traubensaft», der ihn ob dieser Langlebigkeit völlig verblüffte. Die Frage, warum ihm gewisse Rebsorten schmecken und andere nicht, sollte schliesslich seinen beruflichen Werdegang bestimmen.


Gespannt auf das nächste Glas Wein

In den darauffolgenden Stationen in Lu­­xus­hotels in ganz Deutschland entschied er sich endgültig für den Beruf des Somme­liers und entdeckte seine Leidenschaft als Gastgeber. Die Grundlagen erlernte er im Restaurant Ente in Wiesbaden. 2014 folg­te der Wechsel ins Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten nach Hamburg, wo er mit 22 Jahren seine erste Festanstellung als Sommelier begann. Seit Januar 2017 ist er für das 2-Sterne-Restaurant Pavillon des Zürcher Traditionshotels Baur au Lac als Chef-Sommelier tätig und übt den Beruf mit Leidenschaft und Demut aus. Almert ist ansteckend neu­­gierig und stets auf das nächste Glas Wein ge­spannt. Genau das ist eine der wichtigsten Eigenschaften, um in diesem Beruf erfolgreich zu sein.


Erfolg folgt Erfolg

Marc Almert hat eine ausgeprägte Affinität für kulturhistorische Themen. Zudem ist ein hohes Mass an Disziplin ein weiteres Attribut, das zu seinem beruflichen Erfolg beiträgt. Marc Almert nahm während seiner Laufbahn an zahlreichen Wettbewerben teil. 2015 gewann er den Concours National des Jeunes Sommeliers der Chaîne des Rôtisseurs Allemagne und 2016 den Gaggenau International Sommelier Award sowie den Wines of South Africa International Sommelier Cup.


Der grösste Erfolg seiner Karriere ist der Gewinn des «ASI Best Sommelier of the World 2019» im belgischen Antwerpen. Zwei Jahre zuvor sicherte es sich bereits die Auszeichnung «Bester Sommelier Deutschlands». 2020 zeichnete der Michelin Guide Switzerland ihn mit dem «Sommelier Award» aus. Nur wenige Wochen später wurde Almert vom Schweizer Fal­staff zum «Sommelier des Jahres» gekürt. Im Jahr 2021 erkor ihn eine Publikumswahl auch noch zum «Sommelier des Jahres SVS 2021». Eine wahrhaft märchenhafte Karriere.


Sind Sie ein Gefühls- oder Kopfmensch?

Bei Entscheidungen Kopfmensch, beim Wein eher Gefühlsmensch. Wein ist Leiden­schaft.


Was ist das Beste an Ihrem Beruf?

Der tägliche Kontakt mit Menschen aus vielen Ländern, sowohl als Gäste als auch im Team.


Welchen Geschmack verbinden Sie mit Ihrer Kindheit?

Baumkuchen und Zitroneneistee.


Was wollten Sie als Kind nie essen?

Grünes. Wenn beispielsweise die Pasta zu viele Kräuter drauf hatte, wurde ich bockig.


Welcher Wein hat ursprünglich Ihre Liebe zum Wein geweckt?

Ein gereifter Riesling von der Saar.


Welchen Wein haben Sie zu Hause immer vorrätig?

Champagner, Bordeaux Cru Bourgeois, ge­­reiften Pinot Noir, und auch eine gekühlte Flasche feinherber Riesling fehlt nie.


Welche Weinpersönlichkeiten haben Sie am meisten beeindruckt?

Jancis Robinson MW, Gerard Basset MS MW OBE, Serge Dubs, Markus del Monego MW.


Wie wichtig sind Köche für die Arbeit der Sommeliers?

Essenziell. Ohne ein spannendes Speise­angebot hätten wir keine Gäste, denen ich Wein einschenken könnte. Die gesamte Gastronomie lebt vom Teamwork und vom Austausch untereinander.


Was erwarten Sie von einem guten Sommelier?

Ein gutes Gespür für Gäste, Demut, Leiden­schaft und Neugier.


Welches Erlebnis mit einem Winzer vergessen Sie nie?

Auf Kloster Eberbach Riesling aus dem Jahr 1945 zu kosten. Dabei noch vorgelesen zu bekommen, was die Kellermeister in diesem Jahr, als der Zweite Weltkrieg ende­te, in ihre Annalen schrieben, bleibt mir im­­mer in Erinnerung.

Was ist Ihre letzte Weinentdeckung?

Cinsault aus Südafrika – ein Muss nicht nur für Beaujolais-Fans.


Welches war der beste Wein Ihres Lebens und wo haben Sie ihn getrunken?

Ich bin kein Freund von Superlativen. Es gibt viele besondere Momente mit spannenden Weinen, inspirierenden Menschen, genussvollen Speisen und tollen Orten.


Welches Erlebnis mit einem anderen Sommelier vergessen Sie nie?

Bei Sonnenaufgang am östlichsten Teil der Weinwelt Gisborne in Neuseeland im Pazifik schwimmen zu gehen und dabei mit diversen Kolleginnen und Kollegen einen leichten lokalen Muscat zu geniessen.


Bei was unterscheiden sich Küchenchef und ­Sommelier?

Wir suchen Produkte eher anhand des Gas­tes aus. Ein Küchenchef sucht Produkte eher auf Grund der eigenen Handschrift und Stilistik aus.

Was fällt Ihnen an anderen Menschen als Erstes auf?

Die Augen und die Körperspannung.


Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Think positive.

Was war die mutigste Entscheidung in Ihrem Leben?

Mit 22 Jahren die Stelle als alleiniger Sommelier im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg anzunehmen.

Wer sind Ihre Vorbilder?

Aurélien Blanc, Gerard Basset, Serge Dubs, Markus del Monego und meine Eltern.


Was ist der beste Rat, den Sie je erhalten haben?

Kants kategorischer Imperativ: «Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.»


Was darf in Ihrem Kühlschrank ­niemals fehlen?

Hartkäse, Dauerwurst, frische Früchte und je eine Flasche Champagner und eben feinherber Riesling.


Welche Haushaltsarbeit machen Sie am liebsten?

Den Weinkeller aufräumen.


Was war Ihr schönstes Ferienerlebnis?

Immer wieder mit einem Glas Wein in der Hand in malerischen Weinregionen zu sein.


Auf welcher Website verbringen Sie online am meisten Zeit?

Bei GuildSomm, auf dem Wine-Blog Terroirist und der NZZ.


Welches ist das beste Buch, das Sie gelesen haben?

Zum Entspannen lese ich meist historische oder politische Thriller.


Wie verbringen Sie am liebsten Ihre Freizeit?

Im Gespräch mit inspirierenden Menschen, am liebsten am Tisch mit spannenden Speisen und vielschichtigen Weinen.


Was bedeutet Ihnen Zürich und die Schweiz?

Es ist nun seit fünf Jahren meine geliebte Wahlheimat. Ich hoffe, es werden noch viele weitere Jahre.


Was hat Sie in letzter Zeit emotional sehr berührt?

Das Wiedersehen mit unseren Stammgästen nach den Lockdowns. Wir haben uns gegenseitig sehr vermisst.


Gibt es etwas, was Sie unbedingt noch erleben wollen?

Mein Ziel ist es, alle Weinregionen dieser Welt zu bereisen. Da fehlen noch etliche, so war ich noch nie in Südamerika.

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