Mit weingeschwängerter Zunge reden

Um einen Wein zu beschreiben, greifen Weinexperten – und ganz besonders Weinkritiker – oft und gerne auf eine äusserst bildreiche Sprache zurück.
Nicht selten sind manche dieser Wendungen einzigartiger als der Wein selbst. Vermutlich geht diese Kreativität darauf zurück, dass wir uns beim Beschreiben von Wein nicht selbst langweilen wollen. Denn schliesslich ist die Anzahl der Deskriptoren, um Weiss-, Rot- oder Roséwein zu beschreiben, nicht unbegrenzt. 



Die meisten Weine schmecken nach Wein. Dieser Weingeschmack besteht jedoch aus einem Strauss von Aromen: primär, sekundär, tertiär.

Die primären Noten stammen von den Trauben selbst. Diese Aromen sind meist fruchtig, blumig, krautig, erdig oder würzig. Je nach Rebsorte. Auch das Terroir, also der Boden und das Klima, haben einen Einfluss auf die Primär-Aromatik. Die sekundären Aromen, wie beispielsweise Nuss- oder Butternoten, stammen aus dem Prozess der Weinbereitung. Das heisst, wie der Winzer den Wein keltert. Die tertiären Aromen, wie getrocknete Früchte, Petrol oder Kamillentee, entstehen durch die Alterung in der Flasche.

Wein lässt Raum für Fantasie und Interpretation
Kürzlich hat ein Kollege von mir einen Wein als «intellektuell befriedigend» beschrieben. Was das genau bedeutet? Ich habe keine Ahnung – und Ihre Spekulation kann genauso richtig sein, wie meine. 

Hier finden Sie eine nicht vollständige Liste mit wunderlichen Weinbegriffen und was diese bedeuten.

Ungeschickt
Experten bezeichnen einen Wein als ungeschickt oder sperrig, wenn er keine Struktur hat oder seine Komponenten (Körper, Säure, Frucht, Alkohol) nicht ausgewogen sind.

Pferdestall
Dieses wilde Aroma wird – zumindest von Weinkennern – als eine gute Sache angesehen. Es duftet nach Leder, Heu, Speck und Mist. Dieser Geruch stammt meistens von einer wilden Hefe, die manchmal auf den Traubenschalen oder in den Eichenfässern vorkommt.

Katzenpipi
Dieser Duft, der dem Katzenurin auf unheimliche Weise ähnelt, kann dem Weintrinker sagen, dass er einen besonders guten Sauvignon Blanc trinkt. Verrückt, aber wahr.

Langweilig
Ein langweiliger Wein hat im Laufe seiner Alterung an Komplexität verloren. Er ist noch nicht tot, aber eben langweilig. Gelegentlich wird solcher Wein auch dumm genannt.

Extravagant
Das Gegenteil eines langweiligen Weines. Der Wein zeigt eine Vielfalt von Aromen. Der Trinker könnte fast denken, dass der Wein versucht, anzugeben. Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes.

Fleischig
Die Bezeichnung «fleischig» bezieht sich weniger auf den Geschmack als vielmehr auf die Textur des Weins. Ein fleischiger Wein fühlt sich auf der Zunge schwer an. Man hat das Gefühl, den Wein fast kauen zu können. 

Benzin
Im deutschen Riesling findet sich manchmal eine ­Benzin- oder Petroleumnote. Daran können Kenner erkennen, dass die Trauben ein bisschen zu viel Sonne erwischt haben.

Rustikal
Rustikal kann gut oder schlecht sein. Wenn das Wort dafür verwendet wird, um einen gereiften Wein oder einen Wein, der nach altmodischer Methode hergestellt wurde, zu beschreiben, dann ist es eine gute Sache. Wenn ein Wein, der eigentlich frisch und fruchtig schmecken soll, als rustikal beschrieben wird, ist die Bezeichnung weniger schmeichelhaft.

Vegetal
Auch dieser Begriff kann positiv oder negativ gemeint sein. Er wird verwendet, wenn das Aroma an Pflanzen oder Gemüse erinnert. Bei einem Cabernet Sauvignon gilt eine leichte, vegetabile Note als positiv. Erscheint diese Note jedoch in einem Wein, der diese nicht haben soll, gilt der Wein als fehlerhaft.

Alkoholisch
Ernsthaft. Aber Obacht: Natürlich sagt man das, aber nicht zu jedem Wein. Auch wenn jeder richtige Wein alkoholisch ist. Sie sehen, es ist kompliziert. Als alkoholisch wird ein Wein mit hohen Alkoholdämpfen bezeichnet. Diese Dämpfe sind so stark, dass es sich anfühlt, als würden sie einem die Nasenhöhlen verbrennen.

SVS-Interna: Mit rotem und weissem Hauswein «Sélection Sommeliers»

Der Sommelierverband Deutschschweiz hat sich zwei Hausweine ausgesucht. Die Weine stammen aus dem Familienweingut Bachmann in Stäfa, welches seit dem Jahr 2020 von dem Ehepaar Theres und Jonathan Bachmann geführt wird. Das Ehepaar hat den Betrieb seither völlig umgekrempelt und richtete ihn konsequent nach einer Qualitäts-Philosophie aus.

Das Gut umfasst eine Rebfläche von knapp zehn Hektaren und es wird so viel Handarbeit wie möglich geleistet. Der Schwerpunkt der Sorten liegt, wie am Zürichsee üblich, beim Riesling-Silvaner, Räuschling und dem Pinot Noir. Aber auch Sauvignon Blanc, Chardonnay, Regent und Cabernet Dorsa gedeihen dort am Zürichsee. 



Der Weisse
Der Weisse der «Sélection Sommeliers» ist eine Assemblage aus Sauvignon Blanc, Räuschling und Chardonnay. Diese extravagante Mischung ergibt einen sehr trinkanimierenden Wein: Am Gaumen zeigt sich eine schmelzige Fülle, die dennoch knackig, fruchtig und belebend ist. 

Der Rote
Der Rote der «Sélection Sommeliers» wurde aus ­Ca­bernet Dorsa, Pinot Noir und Regent gekeltert. Ein ­eleganter, facettenreicher, dennoch aber unaufdringlicher Wein, bei dem besonders die ausgeprägte Strukturiertheit auffällt. 

Wenn Sie möchten, können Sie auf der Website des Sommelierverbands Deutschschweiz www.svs-­sommeliers.ch die Weine bestellen und probieren. So können Sie sich Ihr eigenes Geschmacksbild machen und es in Ihrer eigenen Weinsprache be­­schreiben. Und wie sagt man so schön: Die Geschmäcker sind verschieden. Und das ist gut so.

Shirley Amberg

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