Erfahrungen mit nachhaltigem Bauen und Sanieren in historischen Gemäuern

Nachhaltiges Bauen und Sanieren in denkmalgeschützten Hotelgebäuden ist eine Heraus­forderung. Es gilt, eine Balance zwischen dem Erhalt des historischen Erbes sowie den ­ökologischen und ökonomischen Anforderungen von heute zu ­erreichen. Wie kann das gelingen? Der VDH sprach mit ­Hoteliers und Gastrofachplanern zu ihren Perspektiven und Erfahrungen im Umgang mit historischen Hotels und gibt ihnen eine Plattform, dies darzustellen. 

In der Umfrage zur Aufgabe beim Bauen und Sanieren die Aspekte Geschichte, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut zu bringen, haben wir folgende drei Fragen an Hoteliers und Baufachleute gestellt: 

  • Welche Erfahrungen und Erkenntnisse haben die beteiligten Parteien aus den Umbauprojekten gewonnen?
  • Welche ökologischen und ökonomischen Aspekte haben eine entscheidende Rolle gespielt?
  • Welche Aspekte und Erfahrungen wurden in Bezug auf die Kommunikation von Nachhaltigkeit gemacht?


Murat Baki, Hoteldirektor, Kloster Fischingen, NDS 42
Es war eine besondere Ehre, die Hotelerweiterung des Klosters Fischingen von Beginn an begleiten zu dürfen. Als Vorzeigeobjekt im malerischen Kanton Thurgau und unter Denkmalschutz seit 1964, war es eine herausfordern­de, jedoch stolze Leistung, dieses einzig­artige Juwel in seiner ganzen Pracht zu erhalten und zu erweitern. Unser Haupt­augenmerk lag darauf, durch die Erweiterung des Hotels das historische Erbe zu bewahren und gleichzeitig ökologische und ökonomische Aspekte zu integrieren. 

Ein entscheidendes Learning für das ge­­samte Team war die Notwendigkeit, ausreichend Zeit für die Planung und Abstimmung des Projekts einzuplanen. Unter der Leitung eines erfahrenen Projektleiters wurde die Kommunikation zwischen allen beteiligten Parteien gewährleistet, um die Einhaltung der Denkmalschutzbestimmungen sicherzustellen und das Projekt erfolgreich abzuschliessen.

Die Integration ökologischer Praktiken war von zentraler Bedeutung. Die Nutzung der eigenen Quellwasserquelle beispielsweise wurde maximiert, um die Wasserversorgung sicherzustellen und den Verbrauch von abgefülltem Fremdwasser zu reduzieren. Zusätzlich wurde eine CO₂-neutrale Holzschnitzelheizung installiert, um die Energieeffizienz zu verbessern und CO₂-Emissionen zu reduzieren.

Transparenz und Offenheit gegenüber den Gästen und Interessengruppen spielten eine entscheidende Rolle für die Kommunikation von Nachhaltigkeit. Durch ge­­ziel­­te Kommunikation konnte das Bewusstsein für die ökologischen Bemühungen ge­­schärft und das Verständnis für nachhaltiges Handeln gefördert werden. Insgesamt war die Hotelerweiterung des Klosters Fischingen eine lohnende Erfahrung, die nicht nur das historische Erbe bewahrt, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft geleistet hat.


«Je besser die ­Ab­­stimmung, desto erfolg­reicher das ­Projekt»
Murat Baki


Samuel Bichsel, Direktor und Gast­geber, Mürren Palace, NDS Lehrgang 49
Das Hotel Mürren Palace gilt mit Jahrgang 1874 als ältestes Palace der Schweiz. Nach diversen Bränden ergänzte man das Haus im Jahr 1911 mit einem Ballsaal, welcher bis heute noch Bestand hat. Der restliche Teil vom Gebäude stammt, nach einem wei­­teren Brand, aus dem Jahr 1928/29. Ak­­tuell wird das bestehende Haus kernsaniert und mit einem Neubau ergänzt. Im Ballsaal befindet sich auf 325 m2 zukünftig das gastronomische Zentrum inklusive neuer Fertigungsküche. Der Jugendstil-Saal und die Gebäudefassade sind denkmalgeschützt und als erhaltenswert eingestuft. Der Baubewilligungsprozess löste man mittels Work­­shopverfahren und holte die verschiedenen Anspruchsgruppen an den Tisch. Dies er­­möglichte eine gute Aufarbeitung der histo­rischen Eckwerte für das Gebäude. Beim Saal waren aber spärliche Informationen vorhanden und die Denkmalpflege musste sich auf wenige Bilder stützen. Mit einer zu­­sätzlichen Farbanalyse im Saal stellte man fest, dass die ursprünglichen, dekorativen Malereien mehrfach übermalt wurden. 

Den Austausch mit dem Denkmalschutz suchten wir im weiteren Verlauf vom Projekt mehrfach. Dabei involvierten wir die verschiedenen Parteien wie Innenarchitek­tur, Architektur und Bauherrenvertretung gleichzeitig. Die Herausforderungen im noch laufenden Bauprojekt sind vielseitig. In Be­­zug auf die Themen des Denkmalschutzes gilt es, ihre Anliegen herauszufiltern. Beim Farbkonzept spüren wir sogar eine gewisse Freiheit – wir sind guten Mutes, dass diese auch bei der Umsetzung noch gilt. 


«Das frühe Herausfiltern der wesentlichen ­denkmalpflegerischen Anliegen hilft im Prozess.»
Samuel Bichsel


Raymond Zürcher, Gschwend AG ­Gastrobau, Partner VDH
Beim nachhaltigen Bauen oder Sanieren historischer Gebäude steht zunächst die sorgfältige Abwägung zwischen dem Er­­halt des historischen Erbes und dem Streben nach Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz im Vordergrund. Dabei ist es eminent wichtig, die wirtschaftliche und be­­­triebliche Nutzung sowie die nötige Flexi­bilität des eigenen Gastronomiebetriebs nicht aus den Augen zu verlieren. Der sanier­te oder erweiterte Betrieb muss schnell an die volatilen Gästebedürfnisse angepasst werden können. Diese Phase ist sehr herausfordernd und benötigt ausreichend Zeit, um anschliessend eine gründliche und zügige Planung einzuleiten.

Bei der baulichen Umsetzung von Bau- oder Sanierungsarbeiten an historischen Gebäuden ist es wichtig, den Erhalt und die Wiederherstellung des charakterlichen Er­­scheinungsbildes und der architektonischen Details zu priorisieren. Dabei sollten möglichst traditionelle Bauteile wie Fenster, Türen, Wandverkleidungen, Böden und Deckenverkleidungen freigelegt oder restauriert werden. Bei der Auswahl von Baumaterialien sollte darauf geachtet werden, dass diese in den Kontext des Gebäudes oder des Innenraums passen Her­kömm­liche Materialien wie Natursteine, Massivhölzer und kalkhaltige Putze oder auch moderne Materialien, die dem historischen Erscheinungsbild ähneln, können dafür verwendet werden. 

Oft ist es sinnvoll, historische Gebäude oder Innenräume mit modernen Anbauten oder Erweiterungen zu kombinieren. So wird man den Anforderungen an eine zeitgemässe Funktionalität gerecht, ohne den historischen Charakter zu beeinträchtigen. Trotz des Erhalts des historischen Erscheinungsbildes können energieeffiziente Massnahmen implementiert werden, wie die Verbesserung der Gebäudedämmung, der Austausch von Fenstern und Türen gegen moderne, energieeffiziente Varianten. Die Installation von Heizungs- und Kühlsystemen mit niedrigem Energieverbrauch können so langfristig zur posi­tiven Wirtschaftlichkeit beitragen. 

Das Gleiche gilt für erneuerbare Energiequellen wie Solar- oder Geothermie, die auch in historischen Gebäuden integriert werden können. Dabei ist auf die diskrete Platzierung von Solarmodulen auf dem Dach oder die Nutzung von Geothermie für Heizung und Kühlung zu achten. 

Die Information der Gäste über die getätigten nachhaltigen, umweltverträglichen und energieeffizienten Investitionen wird vom künftigen Gast sehr geschätzt. Wir sind überzeugt, dass diese Themen zu einem neuen und sehr wichtigen Buchungskriterium werden.


«Es müssen ­Prioritäten gesetzt werden»
Raymond Zürcher


Jürg Luginbühl, Flückiger Food ­Systems GmbH, NDS 20
Als Gastronomie-Fachplaner stellt sich uns immer die Frage, welche Nachhaltigkeit denn eigentlich gemeint ist. Bautechnisch ist der Eingriff in ein altes Mauerwerk be­­reits durch den Architekten und seine Ab­­stimmung mit der Bauherrschaft gemacht. Insofern bewegt sich der Gastronomie-Fachplaner in der Regel in einem überschaubaren, begrenzten Raum. 

Das stilvolle, denkmalgeschützte Vier-Sterne-Hotel in einer Schweizer Grossstadt, wunderschön in der Altstadt gelegen, soll eine neue A-la-carte-Küche für das Gourmet Restaurant in der vierten Etage erhalten. Die alte Küche bietet zu wenig Platz fürs Arbeiten, ist belastet von Geruchsemissionen und es fehlt an Lagerkapazität in den Kühlräumen. Die Grundstrukturen innerhalb des Perimeters weisen Niveauunterschiede auf, die für Servicemitarbeitende umständlich sind.

Die grösste Herausforderung liegt, wie meistens, in der Fläche selbst. Die Haustechnik nimmt heute mehr Platz ein als früher. Um den klimatischen Anforderungen der Räume zu genügen, weisen Lüftungskanäle grössere Querschnitte auf. Durchbrüche in Wände können nicht gemacht werden. Für den benötigten Platz fehlt es an Raumhöhe. Auch mit effizientester Kochtechnologie und präzis definierten Arbeitsprozessen gibt es für den Betreiber eine nur bedingt gute Lösung. 

Im Rahmen der Machbarkeitsstudie zeigen wir auf, dass Planungslayout und die Er­­folgsrechnung für den Restaurantbetrieb nicht befriedigend ausfallen werden und ein eingeschränkter Gastrobetrieb sehr viele Kompromisse beinhaltet. Dies führt zu einer neuen Lösung. Gemeinsam mit der Bauherrschaft konnte ein alternativer Standort für die Gastronomie gefunden werden, der für eine Küche und Gastraum besser genutzt werden kann. Auch eine attraktive Terrasse lässt sich realisieren. In der ehemaligen Küche und im Restaurant wurden zwei luxuriöse Suiten eingeplant. Eine Win-win-Situation. Damit könnten Investitionskosten optimiert und die Wirtschaftlichkeit verbessert werden.

Für die nächste Planungsphase liegt der Ball
wieder bei der Bauherrschaft. Nachhaltig ist ein Projekt dann, wenn auch in zehn Jahren mit der neuen Infrastruktur ein wirtschaft­licher Erfolg erzielt werden kann.


«Manchmal kommt es anders, als man denkt»
Jürg Luginbühl, US-Lehrgang 20, Präsident FCSI Schweiz


Der FCSI – Foodservice Consultants So­cie­­ty International (Schweiz) unterstützt uns dabei, innovative und nachhaltige Lösungen für solche Projekte zu finden. Er bietet Zugang zu einem globalen Netzwerk, erstklassigen Weiterbildungsangeboten und regelmässigem internationalen Austausch. Die Mitglieder profitieren von Best Practices und innovativen Ansätzen aus aller Welt.

FCSI ist der weltweite Fachverband für professionelle und unabhängige Berater und Planer in der Hospitality-Industrie. Er setzt sich für hohe Standards in der Be­­ratung und Planung von Systemgastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und F&B-Bereichen bei Neu-, Umbau- und Sanierungsprojekten ein. 

Weitere Informationen unter www.fcsi.ch

 

Jetzt anmelden: VDH StadtFinden 25./26. August 2024 in Baden

«Für den Beruf brennen, ohne auszubrennen», so lautet das Motto vom StadtFinden in Baden. Organisiert wird das Treffen von Jessica ­Schmiederer, NDS-Lehrgang 45, Resident Managerin Limmathof Baden Hotel & Spa. Es wird bestimmt ein un­vergessliches Erlebnis. Dafür garantieren das Motto, das die Leidenschaft unserer Branche widerspielt und die einzigartige Atmosphäre von Baden.

Exkursionen und Exklusives 
Die Besucher erwartet ein fesselndes Programm, das mit Führungen zu den be­­rühmten Thermalquellen Badens, Einblicken in die pulsierende Turbo-Industrie und einer Zeitreise durch 2000 Jahre Baden beginnt. Gesellige exklusive ­Apéros, Nightlife, ein Casinobesuch sowie ein Ex­­klusiv-Eintritt in den Spa-Bereich, nur für VDH-Mitglieder, runden das Angebot ab. 

Fachliches und Historisches
Hochkarätige Redner und Vorträge zu ­Themen wie Quereinstieg, Eventpricing, Digitalisierung und Resilienzförderung geben neue fachliche In­spirationen. Eine Podiumsdiskussion zur Balance zwischen Unternehmensgeschichte und Familienleben bietet zusätzliche Denkanstösse.

Mit einer Mischung aus Wissensvermittlung, ­Networking und Erholung verspricht das StadtFinden 2024 sowohl belebend als auch bereichernd zu sein. Seid dabei, um Neues zu entdecken und alte Freundschaften zu pflegen.

Anmeldung und weitere Informationen unter www.events.vdh.swiss

Jessica Schmiederer, Resident ­Managerin des Limmathof Baden
Hotel & Spa, NDS-Lehrgang 45

 

Präsidial-Editorial

Wenn historische und denkmalgeschützte Hotelgebäude aufwendig saniert, renoviert und umgebaut in neuem Glanz strahlend wiedereröffnet werden, dann ist meist sehr viel Geld im Spiel. Das hat hauptsächlich mit dem Erhalt und der Wiederherstellung des charakteristischen Erscheinungsbildes zu tun, mit der Restauration von traditionellen Bauteilen, sowie den Bau-Reglementen und Vorschriften des Dankmalschutzes.

Es stellt sich die Frage, warum jemand einen namhaften zwei­stelligen Millionenbetrag in ein Hotel-Projekt investiert. Es ist doch mehr als bekannt, dass der Gast kaum bereit ist für den Return on Investment des Investors entsprechende Preiserhöhungen im Logement und F&B zu akzeptieren? Wer also in sanierungs- und renovationsbedürftige historische Hotelprojekte investiert, muss ein anderes, stärkeres Motiv haben.

Mit Genugtuung darf festgestellt werden, dass es Investorinnen und Investoren und/oder Investorengruppen gibt, denen es ein Anliegen ist, den Erhalt des historischen Erbes der Hotellerie zu sichern. Als typisches Beispiel sei hier das Jugendstil-Hotel ­Paxmontana erwähnt, das 2011 für 27 Mio. Franken saniert, renoviert und umgebaut wurde.

Es ist zu hoffen, dass sich auch in Zukunft Investorinnen und ­Investoren für den Erhalt von historischen Hotelgebäuden einsetzen werden. Diese Betriebe sind Leuchttürme der Schweizer Hotellerie. Sie sind die Aushängeschilder für den Schweizer Tourismus und stehen für Tradition und Fortschritt gleichermassen. Sie bereichern durch ihren dominanten Auftritt das Landschaftsbild der Schweiz und sollten gerade aus diesem Grund, so wie die Landwirtschaft, mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung durch den Bund erhalten.


Roland Gasche, Präsident VDH
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