Ein Haus für alle

Ein neues «Waldhaus» für alle – unter diesem Motto realisierten ARS Architektur AG Münchenstein für die Eigentümerin, die Bürgergemeinde der Stadt Basel, die umfassende Sanierung des Restaurants und Hotels im Hardwald Birsfelden. 


Als vor mehr als hundert Jahren die Dampfschiffe auf dem Rhein sonntäglich gekleidete Familien und Ausflügler rheinaufwärts aus Basel und dem Dreiländereck zum «Waldhaus» brachten, war der Ort ein be­­liebtes Ausflugsziel. Das blieb sehr lange so, wenn auch der nagende Zahn der Zeit am Gebäude und der Einrichtung deutlich sichtbar wurde. Nachdem der langjährige Pächter nach über 40 Jahren in den Ruhestand gegangen war, entschloss man sich zur um­­fassenden Sanierung der historischen Häusergruppe. Das neue «Waldhaus» wird von der Basler Wyniger-Gruppe und dem Gastgeber Lukie Wyniger geführt. Auch für sie ist die Tradition des «Hauses für alle» Herausforderung und Verpflichtung. 

ARS zeichnet neben Renovation und Um­­bauten auch für die Innenarchitektur verantwortlich, die in Form- und Farb­gebung raffiniert mit Elementen aus der Gründungszeit des «Waldhaus»zu Beginn des letzten Jahrhunderts spielt. Esther Angulo, leitende Innenarchitektin bei ARS Architektur, gestaltete mit ihrem Team ein architektonisches Kleinod, bestehend aus Restaurant mit gedeckter Veranda, grosser offener Sommerterrasse, Buvette, Bar-Lounge sowie Boutiquehotel mit zwanzig individuellen Zimmern. Die Architekten näherten sich dem Projekt subtil und verantwortungsvoll an. Gemeinsam entstanden Analysen, Studien und mehrere Varianten, immer im Wissen um das grosse Potenzial des Ensembles. Die Geschichte des Traditionshauses sollte behutsam weitergeführt werden. Dazu Esther Angulo: «Mich faszinierte der Reichtum an Ge­­schichten dieses Hauses, vom Leben, das dort über ein Jahrhundert lang stattge­funden hat und künftig stattfinden wird.»

Hohen Ansprüchen ohne Schwellenangst gerecht werden
Den Gästen stehen heute auf verschiedene Bedürfnisse ausgerichtete, grosszügige, mo­­derne Innen- und Aussenräume zur Ver­­­fügung: Mittelpunkt des Hauses ist der Bar- und Lounge-Bereich. Die Restauranträume können flexibel unterteilt oder mit dem Bankettsaal «Salon Hardwald» verbunden werden. Eine attraktive wettergeschützte Veranda erweitert das Restaurant. Die hoch über dem Rhein gelegene Sommerterrasse wurde vergrössert. Eine neue Buvette bietet Spaziergängern, Joggern und Bikern einen unkomplizierten Besuch im «Waldhaus». Die kleinen Gäste können sich auf dem neuen Spielplatz vergnügen. Spaziergängerinnen und Aus­flügler werden genauso herzlich willkommen geheissen wie feiernde Familien, Abend­­gesellschaften und Geschäftsleute. Das renovierte «Waldhaus» mit den neuen Hotelzimmern bietet sich explizit auch als Hochzeits- und Seminarhotel an. Dies be­­währte sich schon im ersten Jahr nach der Eröffnung, 2023 lag die Auslastung des Hotels über den Erwartungen, und bereits sind rund 60 Termine für Hochzeitsanläs­se oder Familienfeiern in diesem Jahr ge­­bucht.

Das Haupthaus kennt neu zwei Gastro­konzep­te: mit Bedienung und Self Service. Be­­dienung im grossen Innenraum mit ­an­­schliessender Veranda und Terrasse, Selbst­bedienung draussen bei der Buvette und dem Spielplatz, mit Glacéstand, entsprechend den Bedürfnissen des Zielpub­likums. So kann mit hohen Ansprüchen gleich­zeitig gefeiert oder getagt werden und für die Velofahrer und Spa­ziergänger steht das «Waldhaus» trotzdem offen.


Chancen und Herausforderungen
Die Herausforderungen an Haustechnik, Statik, Akustik, behördliche und Brandschutz-Auflagen, von KIGA, Procap, Naturschutz sowie die Überraschungen eines alten Hauses mit maroden Holzbalken, rostenden Stützen etc. waren anspruchsvoll. Nicht zuletzt auch die Budgetfrage während und nach Corona oder die Kriterien der Hotellerie Suisse.

Man arbeitete mit möglichst wenigen­ ­Eingriffen in die historische Architektur. Rückbau ja, aber nicht Abbruch; Räume wurden geöffnet, Fenster freigelegt. Der bisher geschlossene Festsaal mit nur einem Fenster am Ende des Raumes, ohne Aussicht auf den Rhein und das gegenüber­liegende Ufer und nur wenig Bezug zum Garten und zum Wald, ist nun mit dem Restaurant verbunden und mit direktem Zugang zum Garten ergänzt worden. Ein grosses Thema war die neue Abfolge der Räume. Dies beginnt schon beim Haupteingang: Man kam durch die Türe in den Windfang, durch eine weitere in den Vorraum, durch die dritte dann endlich ins Restaurant. Jetzt werden die Gäste direkt in die Bar und zum Restaurant oder die Veranda und den Garten geführt. Die heutige gemütliche Lobby war ein geschlossener Raum und diente als Büro, das schöne Bogenfenster war für den Gast nicht sichtbar. Erst mit dem Umbau wurde das Fenster wieder freigelegt, genauso wie die repräsentative Aussentreppe an der Vorderfront.

Wichtig war, Küche und Gastronomie effizienter und flexibler zu machen. Die neue Gastroküche trägt dazu bei, lange Wege wurden eliminiert und die Öffnung der Räume schafft Flexibilität und Durchlässigkeit. Dank der Öffnung des Innenraums erhalten die Räume nicht nur mehr Licht und Aussicht ins Grüne, man gelangt von der Küche direkt in den Festsaal und die anderen Räume, eine grosse Erleichterung für den Service.

Architektonisch neu und erweitert wurde nur die Veranda. Sie war jedoch ein wichtiges architektonisches Element für ARS Architektur, das bereits in der Vergangenheit Teil des «Waldhaus» war, dann aber über die Jahre verschwand. Heute ­verschafft sie dem «Waldhaus» neue Ausstrahlung, vermittelt dem Gast ein Feriengefühl und bietet einen geschützten Ort, wo man die umliegende Natur geniessen und die Waldluft auch bei Nieselregen geniessen kann. Viele Besucher kamen und kommen der Natur wegen, schätzen die Abkühlung im Wald so nahe am Stadtrand und möchten draussen sitzen. Eine Tendenz, die mittlerweile fast überall Einzug gehalten hat.


Ornamentik und mutige Farb­gestaltung
Im Haupt- sowie im kleineren Nebenhaus, der «Lodge», sind die Hotelzimmer untergebracht, insgesamt zwanzig. Die Zimmer im Haupthaus weisen ein einheitliches Farbkonzept auf, bestehend aus schwarz/weiss – den Basler Farben, rot, in Anlehnung an den ortstypischen roten Sandstein, und einem dezenten Blauton.

Die Lodge, früher mit einer kleinen Wohnung und einigen dauervermieteten Zimmern ausgestattet, strahlt Garten­feeling aus und erhielt ein barrierefreies und behindertengerechtes Zimmer mit direktem Ausgang zum Garten. 

Aus Kostengründen mussten die Innen­architekten ein cleveres modulares Möbel entwickeln, das je nach Raumgrösse und Kategorie anders eingesetzt und zusammengestellt werden kann, etwa als Gar­derobenmöbel mit Minibar und Safe, als Lavabo mit Waschtisch, Beistellmöbel im Schlafzimmer.

Auf den Hoteletagen im Haupthaus fällt die mutige Gestaltung mit ihrer Orna­mentik auf. Funktionalität habe auch mit Atmosphäre und Inspiration zu tun, er­­klärt die Innenarchitektin, und schliesslich dürfe ein Hotelaufenthalt den Gästen auch ein neues starkes Erlebnis bieten. Die Basler Farben habe sie als Erbe gern übernommen. Schwieriger in die heutige Zeit umzusetzen waren die bestehenden kleinen Nasszellen, die nun ein mutiges, attraktives Eigenleben ausstrahlen.

Manchmal habe man auch erst für neue Ideen «werben» müssen. Dazu etwa, auch die Decken in die mutige Farbgestaltung miteinzubeziehen. Oder Wandfarben nicht bis unter die Decke zu ziehen, um die Räume grösser erscheinen zu lassen. Mit einer effizienten Bemusterung konnte das Gesamtkonzept jedoch schlüssig erklärt werden und die Bauherrschaft sowie die zukünftigen Pächter wurden in gestal­­te­rische Entscheidungen miteinbezogen. Ein Aufwand, der sich bezahlt macht; ­Mö­­bel, Textilien, Teppiche, Fliesen, Farben, Leuchten, vieles davon Eigendesign, wurden or­­ganisiert und ausprobiert. Viele Gespräche und natürlich die Stilsicherheit der Innenarchitektin waren wichtig auf dem Weg zur allseitig gelobten, erfolgreichen Ausführung. Die Bedürfnisse und Wünsche aller Parteien zu vereinen, ohne das Konzept zu schwächen, gehöre ganz natürlich zu den gestalterischen Aufgaben. Das ­Steuern und Durchlaufen dieser Pro­zesse führe schliesslich zu einem er­­folg­reichen Projekt, so das Schlusswort der Innen­architektin.

Facts
Gesamtkosten: 11,6 Mio.
Projektdauer: 2 Jahre ­Planung, 1 Jahr Umbau

waldhausbeiderbasel.ch
ars-architektur.ch

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