Sonderbare Presseschau

Kochtopf-­Todsünden

Für die deutsche Küche hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (12.8.2022) sieben «Kochtopftodsünden» im Umgang mit Gemüse formuliert. Diese «Todsünden» aus dem grossen Kanton dürften grenzüberschreitend gelten. Die sieben Verfehlungen konkret:

  1. Die erste und für die gute Küche definitiv nicht lässliche Sünde ist die Missachtung des Frischgebots bei der Verwendung von Gemüse.
  2. Als zweite Sünde genannt wird, Gemüse zu früh zu ernten und zu verarbeiten. So habe es keine Chance, seine Aromen zu entwickeln.
  3. Wenn beim Gemüse zu viel abgerissen oder abgeschnitten und weggeworfen wird, ist die dritte Sünde. Statt im Kompost zu landen, könnten viele Schalen oder Abschnitte in Fonds, Saucen oder als Säften verarbeitet werden.
  4. Die Vielfalt der saisonalen und regionalen Gemüseangebote zu ignorieren, sei eine Verletzung der «obersten Prinzipien» im Umgang mit Gemüse. Somit ist es die vierte Sünde.
  5. Nicht bereit zu sein, beim Gemüsekauf, für «Geschmack Geld auszugeben», ist die fünfte Sünde.
  6. Lange bevor ein Gemüse in die Küche kommt, kann man die sechste Sünde begehen. Wenn man nicht rebelliere gegen amtliche «Zulassungsbedingungen für neue Sorten», die das Aroma vollständig ignorierten.
  7. Gemüse soll «prinzipiell à la minute» zubereitet werde. Wer es zu lange gart, macht sich der siebten Sünde schuldig.

Tschechien: Bier als Weltkulturerbe

Die Tschechen sind seit Jahren unangefochtene Weltmeister im Biertrinken: 142,6 Liter/Jahr (2019). Es folgen die Seychellen mit 116,6 Liter, was auf die vielen Urlauber zurückzuführen ist; Österreich (104,8 Liter) und Deutschland (104,7 Liter). Die Schweiz wurde in der Rangliste der Top-15-Biertinker nicht aufgeführt. Dennoch beklagt auch Tschechien in den letzten beiden Jahren ein Rückgang des Bierkonsums und will Gegensteuer geben. Neben neuen, modischen Bierprodukten strebt man an, das Bierbrauen der Region Pilsen in die tschechische UNCESCO-Schutzliste aufnehmen lassen. Das hat Belgien, das wohl bierreichste Land Europas (über 700 Brauereien), bereits 2016 geschafft. In Deutschland ist das «handwerkliche Bierbrauen» nur in der nationalen Liste des immateriellen Kulturerbes verzeichnet. (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.4.2022)


Wie sieht es hierzulande aus? Die lebendigen Traditionen des immateriellen kulturellen Erbes werden in einer Liste der nationalen UNESCO-Kommission erfasst und dokumentiert. Das Bier und das Bierbrauen gehören (vorerst) nicht dazu. Die Konsenskultur, Räbelichtliumzüge, das Vereinswesn oder das Winzerfest von Vevey (eine kleine Auswahl) hingegen schon. Mir scheint, dass die wirksamste Bier-Förderung nicht die Erfassung auf der UNESCO-Liste ist, sondern mehr Bier zu trinken. Proscht.


«Präsenz Schwei

«Präsenz Schweiz» hat weltweit in 18 verschiedenen Ländern erhoben, welche «Spontanassoziationen» das Bild der Schweiz prägen. Die Befragten wurden ohne Vorgaben oder Vorschläge gefragt, was ihnen spontan zur Schweiz einfällt. Welche Bilder und Vorstellungen sie mit unserem Land verbinden. Die Rangliste präsentiert sich nicht überraschend:

  1. Berge
  2. Schokolade
  3. schönes Land
  4. Uhren
  5. Banken
  6. Natur, Landschaft, Seen
  7. Wohlstand
  8. Neutralität
  9. Käse
  10. Lebensqualität (Renten, Krankenversicherung)
  11. Schnee
  12. Sauberkeit, saubere Umwelt
  13. Wintersport
  14. freundliche Menschen
  15. Tourismus, Ferien
  16. gut strukturiert und organisiert
  17. Kunst, Kultur, Musik, Ausstellungen, Museen
  18. teuer, Hohe Lebenshaltungskosten
  19. Industrie, Maschinen
  20. ruhig, Frieden
  21. bestimmter Ort oder Kanton
  22. Essen, Trinken
  23. Geld, Franken
  24. Generell gutes Gefühl
  25. pünktlich, genau, korrekt
  26. Erziehung, Bildung
  27. Verschiedene Sprachen, Dialekt
  28. Sehenswürdigkeiten
  29. Sicherheit, geringe Kriminalität

Die NZZ (Nicht jeder Film bring Touristen in die Schweiz, 4.5.2022) ihrerseits fragte sich im Vorfeld zur Abstimmung (15.5.2022) über eine Änderung des Filmgesetzes, ob Subventionen für die Filmindustrie sinnvoll seien. Nicht zuletzt darum, weil zur Rechtfertigung der nationalen Filmförderung immer wieder das Argument bemüht wird, sie trage dazu bei, den Tourismus und das Image des Landes zu fördern. Die NZZ schreibt, dass eine Wirkung von Filmen «am ehesten handfest» auf den Tourismus wirke. Hingewiesen wird auf die Schweizer Bergkulissen, die in Bollywood-Filmen gezeigt werden und indische Touristen ins Land locken. Erwähnt wird auch der James-Bond-Film «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» (1969). Mit seinen Schilthorn-Szenen, inklusive Drehrestaurant, das filmisch in die Luft gesprengt wird, erzielt er eine gewisse Langzeitwirkung. Die Dennoch kam die NZZ zum Schluss, dass die Förderung für attraktive Drehorte besser über Tourismusbudgets statt über die Filmförderung gemacht werde. Das Filmgesetz ist mit 58,4 Prozent angenommen worden.


Mir geht aber noch ein ganz anderer Gedanken durch den Kopf: Gerade in der heutigen Zeit, in der es nur noch Krisen zu geben scheint, könnten wir uns doch wenigstens einen Augenblick über das Image der Schweiz in der Welt freuen.


Zimmergeschichten im Schweizerhof

Bereits in der 11. Ausgabe (Herbst/Winter 2022/2023) erscheinen die «Best Times» des Hotels Schweizerhof in Luzern. Neben Vor- und Rückschauen, News, Tipps oder Porträts ist diesmal der Gesamtverantwortliche der Zeitung «Best Times», Clemens Hunziker, selbst ein Hauptthema. Nach 23 Jahren als Hoteldirektor des Luzerner Schweizerhofs verlässt er das Haus Ende 2022. Er berichtet im ganzseitigen Interview darüber, «wie er das Leben im Hotel wahrnimmt». Aus journalistisch, kommunikativer Sicht erscheint mit am interessantesten, wenn er davon erzählt, wann und warum man sich in einem Hotel oder Hotelzimmer wohl fühlt. «Der Unterschied bei Hotelzimmern liegt nebst der Sternekategorie meist nur in der Lage oder der Aussicht. In vielen Hotels weiss ich nicht, ‹wo› ich bin. Genau das war ein wichtiger Punkt für die Umsetzung unserer Zimmergeschichten. Ich will mich zuhause an ein Zimmer erinnern können. Wenn ich ehrlich bin, erinnere ich mich an die wenigsten.» Im Schweizerhof hat er es besser gemacht, 101 Zimmergeschichten zeugen davon. Ein wichtiger Teil der Zimmergeschichten ist für Clemens Hunziker, wie sie entstanden und was aus ihnen weiter entsteht. Und er hat ein paar Müsterchen parat: Die Saxofonistin Candy Dulfer überliess dem Schweizerhof ihr Saxofon (Junior Suite 44). Bluessänger Otis Clay vermachte dem Haus ein Bühnenoutfit und Schuhe. Popsängerin Kim Wild schickte eine goldene Schallplatte. – Wir sind, was wir erzählen. Geschichten erzählen das Leben. Und vielleicht erzählen wir Geschichten, um zu leben.

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