«Wir möchten Luxus demokratisieren, indem wir ihn bezahlbar machen»

«Wir möchten Luxus demokratisieren, indem wir ihn bezahlbar machen»

«Hotelier»-Gespräch mit Michael Struck, CEO und Gründer der Ruby Hotels

Mitten in Zürich, unmittelbar beim Hauptbahnhof, hat Michael Struck im Oktober vergangenen Jahres das erste Ruby Hotel in der Schweiz eröffnet. Ein Haus mit 208 Zimmern, einer Bar und eigenem Kino. Fest steht: Die Expansion der deutschen Hotelkette schreitet kräftig voran. Eröffnet Struck weitere Ruby Hotels in der Schweiz?

Der Hotelmarkt Zürich leidet unter Überkapazitäten – nicht nur ­während und nach der eigentlichen Pandemie. Es gibt momentan zu viele Hotels, das Hotelangebot ist grösser als die Nachfrage. Trotzdem haben Sie im Oktober das Ruby Hotel in Zürich mit 208 Zimmern eröffnet. Was gibt Ihnen die Zu­versicht, dass Ruby in Zürich erfolgreich sein wird?

Das Hotelangebot in Zürich mag grösser geworden sein, jedoch gibt es gerade in unserer Nische am derzeitigen Markt nur wenige Hotels, die Affordable Luxury an­­bieten. Wir sehen daher grosses Potenzial für uns. Die Nachfrage von Kunden, die eine bezahlbare Form von Luxus suchen, ist grösser als das aktuelle Angebot in Zürich, was wir klar als Vorteil für unser spezifisches Segment sehen.


Wie lautet – kurz gesagt – die Positionierung des «Ruby» in Zürich? Was macht das Hotel besonders attraktiv und einzigartig?

Gemäss unserer Lean-Luxury-Philosophie konzentrieren wir uns auf das Wesentliche: ein erstklassiges Schlaferlebnis, eine Zimmer- und Badausstattung auf höchstem Niveau sowie eine grossartige Bar, die 24/7 geöffnet ist. Alles schlank und effizient organisiert, sodass wir dem Gast ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten können, und all das im Herzen der Stadt. Zudem geht es um Erlebnisse, Individualität und Exklusivität. Jedes unserer Hotels hat seine eigene Persönlichkeit und seine Geschichte, die sehr stark den Ort reflektiert. Im Fall unserer «Ruby Mimi», die sich dort findet, wo sich einst eines der ersten Kinos Zürichs befand, nehmen wir die Gäste z. B. mit auf eine Reise zurück in die aufregende golde­ne Ära Hollywoods der 1910er- und 1920er-Jahre. Dazu setzen wir bewusst auf einen Stil-Mix mit Elementen aus Neuzeit und Industrial Vintage.

Betreiben Sie das Hotel in Zürich auf der Grundlage eines Pacht- oder Managementvertrages?

Die «Ruby Mimi», wie wir das Haus in Zürich nennen, wird auf der Grundlage eines Pachtvertrages mit der PSP Swiss Property betrieben.

Sie verzichten bewusst auf eine Gastronomie. Warum eigentlich?

Nein, wir verzichten nur auf die Teile der Gastronomie, auf die auch unsere Gäste verzichten können. Wir haben eine hervorragende Bar sowie ein ausgezeichnetes Frühstück im Angebot, wofür wir keine Vollküche benötigen. Auch nicht für die Snacks, die wir zusätzlich rund um die Uhr für den kleinen Hunger anbieten. Damit sparen wir Kosten, die wir an unsere Gäste als Preisersparnis weitergeben. Aber nicht nur das, denn wir senken zugleich auch das Betriebsrisiko, indem wir so auch die Fixkostenbelastung reduzieren. Wir bieten unseren Gästen ausserdem einen mindestens gleichwertigen Ersatz: Unsere Bar ist 24/7 geöffnet – und auf den einzelnen Stockwerken finden unsere Gäste kleine «Galleys», wo sie sich kostenlos Tee zubereiten oder Snacks an der Vending-Ma­chi­­ne kaufen können.


Sie führen Ihre Hotels, wie Sie bereits angetönt haben, auf der Grundlage der sogenannten «Lean-Luxury-Philosophie». Können Sie mir diese Philosophie kurz umschreiben?

Wie bereits erwähnt, sucht unsere Zielgruppe weniger nach Statusattributen wie goldenen Wasserhähnen, marmornen ­Lobbys oder unnötig grossen Zimmern, sondern Orte mit Seele und Charakter. Statt einem klassischen Concierge bieten wir ihnen unseren unkompliziertes Self-Check-in, und die Minibar ersetzen wir durch un­­sere Vending-Machine. Darüber hinaus gestalten wir unsere öffentlichen Bereiche multifunktional und lösen uns von konven­tionellen Bad- und Zimmer-Geometrien. Das funktioniert, weil wir, nach dem Vorbild moderner Luxusjachten, unseren Luxus auf relativ kleiner Fläche unterbringen und Unwesentliches einfach weglassen. Wir organisieren uns ausserdem mithilfe eigener technischer Lösungen, ganz anders als in der Branche üblich. Wir planen und bauen modularer, zentralisieren stärker und automatisieren hinter den Kulissen konsequent, was wiederum mehr Kostenflexibilität schafft.

Ist Ruby eine reine Betreiber-­Gesellschaft – oder besitzen Sie auch Immobilien?

Nein, wir sind eine reine Betreiber-Grup­pe.


Ruby ist – trotz Covid-19 – auf Wachstumskurs. Können Sie die aktuelle Wachstumsstrategie – nach der eigentlichen Pandemie – in wenigen Worten etwas umschreiben?

Bei der Expansion stehen zunächst weiterhin die europäischen Metropolen im Fo­­kus. Erst kürzlich haben wir den Markt­eintritt in Irland und Italien geschafft, in drei weiteren europäischen Ländern steht dieser Schritt kurz bevor. Zudem geht die Ex­­pansion in Asien zusammen mit der Betterwood Hotel Group weiter erfolgreich voran.


Existieren Pläne, in der Schweiz weitere Ruby Hotels zu eröffnen?

Wir werden mit der «Ruby Claire» im zweiten Quartal 2022 ein weiteres Hotel in der Schweiz, in Genf, eröffnen. Aber auch in Zürich könnten wir uns noch ein weiteres Ruby Hotel vorstellen, da wir dort im Be­­reich Affordable Luxury eine Nische sehen, die, wie bereits angesprochen, einiges an Potenzial bietet.


Wer ist der typische Ruby-Gast? Welche Zielgruppen peilen Sie mit Ihrem Hotelkonzept konkret an?

Wir segmentieren unsere Zielgruppe psychografisch, das heisst nach den Präfe­renzen, den Prioritäten und der Werteinstellung und sehen sie als eine Gruppe von Indi­viduen mit modernen bis postmodernen Werthaltungen und einem hohen so­­zialen Status. Marktforscher bezeichnen sie gerne als die «kosmopolitische Avantgar­de». Un­­sere Gäste sind sich vor allem darin ähnlich, dass sie Überzeugungen und Vorlieben haben wie wir: Sie suchen das Einzigartige und Originelle, schätzen Charakter und Kanten und wollen eine Seele spüren in dem, was sie in ihre Nähe und an sich heranlassen.


Ruby ist vor allem in Städten aktiv. Viele Hotelgruppen setzen derzeit vermehrt auf den Leisure- oder Resortmarkt. Wann eröffnen Sie, wenn überhaupt, das erste Ruby Hotel in den Bergen oder in einer Ferienregion?

Gute Frage! Tatsächlich bereiten wir ge­­rade den Markteintritt in Freizeitmärkten vor, da wir überzeugt sind, dass sich an bestimmten Standorten ein grosses Po­­tenzial für unsere Lean-Luxury-Philosophie bietet. Näheres berichten wir dann, wenn wir den ersten Vertrag unterschrieben ha­ben.

Ruby setzt stark auf digitale ­Infrastruktur und Angebote. Können Sie Ihre Digital-Strategie kurz umschreiben?

Ein grosses Thema, das zu wichtig ist, als es unzulässig zu verkürzen. Daher ­erlauben Sie mir bitte, an dieser Stelle eher schlaglichtartig ein paar Kernmerkmale unserer Digital-Strategie herauszugreifen: Die Prozesse im Back-End sind uns dabei genauso wichtig wie die im Front-End, um Effizienz und Zuverlässigkeit zu erhöhen. Im Front-End geht es neben Usability und Persona­lisierung auch darum, unsere Hosts zu entlasten und dadurch Freiraum zu schaffen: für die menschliche Begegnung in der physischen, nicht virtuellen Welt.


Wem gehört die Ruby-Hotelgruppe aktuell?

Ich habe kapitalstarke Mitgesellschafter an meiner Seite, unter anderem die österreichische Soravia-Gruppe, das Family-­Of­­fice der Familie Otto (u. a. Versandhandel) und Franger Investment, ein deutsches Family-Office.


Wann verkaufen Sie die Marke Ruby, so wie zum Beispiel 25hours, einem grossen Hotelkonzern wie Accor, Marriott oder Hyatt?

Meine Mitgesellschafter und ich verfolgen eine langfristige Vision, die wir sehr gut auch aus eigener Kraft realisieren können und wollen.


Schlussfrage: Welche Botschaft steht hinter dem Namen Ruby?

Wir möchten Luxus demokratisieren, indem wir ihn bezahlbar machen. Wir möchten Orte schaffen voller Individua­lität und Persönlichkeit, an denen man alte Freunde treffen und neue kennenlernen kann, an denen man zu sich und vor allem auch neues Inspirierendes finden kann.





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