«Es tut mir leid, dass Sie wieder da sind»

«Es tut mir leid, dass Sie wieder da sind»

So werden «Stammgäste» von den Mitarbeitenden der ­Hotellerie auf den Stationen des Uni-Spitals Basel begrüsst. Ganz anders tönt es im Hotel, wenn bekannte Gäste eintreffen: «Schön, dass Sie wieder da sind». Was haben die Hotellerie im Spital und jene im «klassischen Hotel» ­gemeinsam, wo unterscheiden sie sich?

Im Hotel wird alles dafür getan, dass ein Gast möglichst lange bleibt und wieder kommt. Im Spital ist es umgekehrt. «Wir hoffen und tun alles dafür, dass der Gast das Haus möglichst bald wieder verlassen kann.» So beschreibt Petra Sprey einen grundlegenden Unterschied der beiden Beherbergungsbetriebe. Kommt hinzu: Im Spital sind die Leute nicht freiwillig. Für diese Situation sind die Mitarbeitenden in der Spital-Hotellerie zu sensibilisieren.

Leiden verursacht auch Aggression

Eine weitere Differenz ist auch bei der Betreuung vieler Patienten, die in Basel in der Spital-Hotellerie als Gäste verstanden werden, auszumachen. Viele müssen beim Essen unterstützt werden. Besonders ist auch, dass viele Spital-Gäste in ihrer Situation leiden. Nicht selten erwachsen daraus Aggressionen. Damit müssen die Spital-Mitarbeitenden umgehen können. Schikanen, Forderungen, Wichtigtuerei werden gelegentlich so heftig, dass der Sicherheitsdienst herbeigerufenen werden muss. Mit umfangreicher Schulung und Übung werden Personen im Service dafür trainiert.



«Man muss die Menschen möge

Schmerz, sei es wegen eines Unfalls, sei es wegen des bevorstehenden Abschieds vom Leben, ist eine weitere Realität, mit der die Hotellerie im Spital umgehen muss. «Es ist von Vorteil, wenn die Mitarbeitenden eine gewisse Lebenserfahrung mitbringen», sagt Petra Sprey. «Demut und das Wissen um die Endlichkeit des Lebens» sind ebenfalls wichtig in der Arbeit als Leiterin Hotellerie Service im Spital. «Und», fügt sie bei, «wir müssen die Menschen mögen. Wir wollen ihnen in ihrer Situation den Aufenthalt angenehmer machen.» In dieser Ambition treffen sich Hotel und Spital-Hotellerie.

Die Mittel, den Aufenthalt in der Spital-Hotellerie jenen zu versüssen, denen es schlecht geht, und die deshalb reklamieren, sind jedoch beschränkt. «Zückerli, wie sie in einem Hotel zur Verfügung stehen, ein Upgrade, ein Kaffee ein Dessert, dürfen wir oft nicht ermöglichen, wegen Diäten oder anderen medizinischen Vorgaben für die Kost», sagt Sprey. «Wir können nur mit Verständnis arbeiten.»

Petra Sprey ist es wichtig, dass die Gäste im «Spital-Hotel», die häufig nicht viel zu lachen haben, «wenigsten ab und zu schmunzeln können». Ihr herzhaftes, ­lautes Lachen trägt dazu bei. Allerdings wurde sie an einem ihrer ersten Arbeitstage in dieser Hinsicht vom Chef sensi­bilisiert: «Dein lautes Lachen musst du dir auf den Stationen noch abgewöhnen». Inzwischen lassen sich viele von ihrem Lachen anstecken und niemand ist davon krank geworden. Hilfreich ist auch, dass die Mitarbeitenden vom Hotellerie Service mit den Patienten nicht über deren Krankheiten reden. Da wird gerne mal über die Haustiere geredet oder ein Foto oder eine Zeichnung vom Enkel gezeigt.


Improvisation geht nicht

Was in der Spital-Hotellerie überhaupt nicht gehe, sei Improvisation. Standards und Prozesse müssten zwingend und mit grösster Disziplin eingehalten werden. «Hygiene» und «Desinfektion» sind denn auch Begriffe, denen Sprey selbstverständlich einen äusserst hohen Wert beimisst. «Alle Ideen, die wir umsetzen möchten, müssen wir zuerst mit der zuständigen Stelle für Spitalhygiene absprechen.» So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Kleidervorschriften für das Personal in der Spital-Hotellerie noch strenger sind als jene für Pflegekräfte, erläutert die Hotel­lerie-Leiterin. Zur Uniform gehören beispielsweise geschlossene schwarze Schuhe, zusammengebundene Haare, kein Schmuck oder keine künstlichen Fingernägel.

Zwei Hotellerie-Herzen

Es ist der professionelle Anspruch mit dem Service, gerade unter den herausfordernden Bedingungen, ein gutes Ambiente zu erzeugen. «Wir servieren auf allen Stationen das Essen mit silbernen Clochen. Für die Privatpatienten gibt es auch ein gediegenes Table top mit Stoffservietten, den klassischen Afternoon Tea, Zeitungen oder Netflix-Angebote», verdrängt die Hotelière kurzzeitig die Leiterin Hotellerie Service. Erlauben es die medizinischen Vorgaben, wird versucht, Sonderwünsche möglich zu machen, wie Pedicure oder Massage. Die Mitarbeitenden seien «stolz», auch diese Teile der Hotellerie-Arbeit leisten zu können. In Petra Spreys Brust schlagen immer beide Hotellerie-Herzen.

Die Hotellerie Service-Leiterin freut sich sehr darüber, mit einem sehr guten und motivierten Team zusammenarbeiten zu können. Allerdings sei es auch für sie seit dem Ende des Lockdowns anspruchsvoller geworden, Mitarbeitende zu finden, die bereit sind, zeitlich äusserst flexibel zu arbeiten und dennoch lange im Betrieb zu bleiben. Derzeit sind es 210 Personen, welche die Gäste der Spital-Hotellerie in mehr als 550 Betten betreuen. Im Hotellerie-Team sind Dreiviertel Frauen, sehr viele in Teilzeitarbeit und es werden 22 Sprachen gesprochen.

«Kleine Welt»

«Die Hotellerie im Spital ist ein Neben­geschäft, wichtiger sind die Ärzte, die Pflege – einfach alles, was zur Gesundung der Patienten beiträgt», sortiert Sprey den Beitrag ihres Teams bescheiden ins Ge­­samte ein. Ihr Bereich ist kein Profitcenter. Aber es ist ein Budget einzuhalten. So ist das Kostenmanagement eine zentrale ­Aufgabe. «An den Einnahmen lässt sich nicht schrauben. Marketing können wir nicht machen. Wir müssen alle nehmen», be­­schreibt die Betriebsökonomin ihre Ge­­schäftsrealität.


Diese «kleine Welt» im Spitaluniversum, «unbeachtet und unbeobachtet», ermög­liche es ihr, «den Fokus voll auf die Sache zu legen», sagt Sprey. Das sei auch ein Unterschied zu Hotels. Dort würde sich viel um den Hotelier, die Hotelière, den General Manager und ihre Bedeutung und Wichtigkeit drehen. Ihr passt es in der «kleinen Welt».


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