Wie junge Talente an die Hotelbranche gebunden werden können, erfuhr Philipp Wettstein im Gespräch mit drei VDH-Mitgliedern. Drei Managerinnen zeigen auf, welche Strategien und Massnahmen sie in ihren Hotels entwickelt und ergriffen haben. Der Führungsstil, flexible Arbeitszeitmodelle und individuelle Möglichkeiten zur Weiterbildung sind zentral, um junge Menschen langfristig für die Branche zu begeistern.
Philipp Wettstein, VDH-Vorstand, Lehrgang 47
Ruby Mimi Hotel & Bar, Hotelmanager
In den Gesprächen wurden verschiedene Ansätze und Herausforderungen der Hotellerie im Umgang mit der nächsten Generation von Mitarbeitenden beleuchtet. Ein zentrales Thema war, wie die Branche ihre Attraktivität steigern kann, um für junge Talente attraktiv zu bleiben. Dabei kamen verschiedene innovative Konzepte zur Sprache, die den jungen Talenten Raum für persönliche und berufliche Entfaltung bieten sollen. So wurde über neue Führungsstile und flexible Arbeitsmodelle diskutiert, die nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeitenden fördern, sondern auch die Identifikation mit dem Unternehmen stärken.
Weitere wichtige Elemente sind die Möglichkeit zur Weiterbildung und die Etablierung einer Unternehmenskultur, die durch Offenheit und Vertrauen geprägt ist. Die drei VDH-Mitglieder Stephanie Ambros, Juliane Oehler und Arlette Scheidegger betonen, wie entscheidend es ist, den Mitarbeitenden echte berufliche Perspektiven zu bieten und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu gewährleisten. Vorbilder im Betrieb, transparente Kommunikation und eine gelebte Fehlerkultur spielen dabei eine zentrale Rolle. Zudem wurde aufgezeigt, wie sich die Hotellerie als Arbeitgeberin neu positionieren kann, um jungen Mitarbeitenden nicht nur eine interessante, sondern auch langfristig erfüllende Karriereperspektive zu bieten.
Arlette Scheidegger, VDH-Mitglied, Lehrgang 48
Hotel Continental Park Luzern, Guest Relations Manager, Talent Coach
Die Hotellerie steht weiterhin vor der grossen Herausforderung, junge Talente langfristig in der Branche zu halten. Dieses Thema ha-be ich letztes Jahr in meiner Diplomarbeit im Rahmen des NDS unter dem Titel «Entscheidende Faktoren für den Verbleib von Lernenden in der Hotellerie» ausführlich beleuchtet.
Authentizität und Wertschätzung
Die nächste Generation erwartet mehr als blosse Anweisungen. Sie legt grossen Wert auf Authentizität, Vertrauen und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Führungskräfte sollten daher die Rolle eines Coaches einnehmen und ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem Wertschätzung und regelmässiges Feedback selbstverständlich sind. Essenziell ist dabei eine transparente Kommunikation. Während viele Betriebe dies bereits verstanden haben und umsetzen, hinken andere leider noch hinterher.
Engagement und Einblicke
Im Hotel Continental Park beginnt alles bei der Rekrutierung von Lernenden. Ohne Ausbildung wird sich der Fachkräftemangel nicht lösen lassen. Wir engagieren uns in verschiedenen Projekten wie dem Berufswahlparcours, Kitchen Ninjas, Please Disturb, dem Zukunftstag und auf der Zentralschweizer Bildungsmesse ZEBI. Darüber hinaus nehmen wir an Programmen wie «Rent a Stift» teil, bei denen unsere Lernenden als Berufsbotschafter in Schulklassen tätig sind. Die Rekrutierung umfasst Praktika für Schnupperlernende, die von Dienstag bis Samstag bei uns Einblick in den Alltag gewinnen. So haben sie bereits von Beginn an die unregelmässigen Arbeitszeiten im Blick. Ein Bewerbungsgespräch mit den Eltern rundet den Prozess ab und stellt sicher, dass diese eingebunden sind, bevor wir uns für eine Kandidatin oder einen Kandidaten entscheiden.
Die Ausbildung startet mit zwei Onboarding-Tagen. Unser Ziel ist es, die Lernenden nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern und dabei unsere Versprechen konsequent einzuhalten. Eine enge Begleitung durch erfahrene Mitarbeitende im Rahmen eines Patensystems stärkt die Bindung und fördert die Leidenschaft für unsere coole Branche. Neu haben wir eine junge Vertrauensperson unter 25 Jahren, die den Lernenden und den anderen jungen Mitarbeitenden als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Ausflüge zu Lieferanten oder anderen Hotelbetrieben bieten gute Gelegenheiten, neues Wissen zu erlangen und den Horizont innerhalb der Branche zu erweitern. In der Hotellerie, wo die Arbeitszeiten oft unflexibel sind, kann vorausschauende Planung zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen. Unsere Dienstpläne werden daher einen Monat im Voraus erstellt.
Verantwortung und Weiterentwicklung
Die NextGen hat bei uns vielfältige Möglichkeiten zur Weiterentwicklung. Es gibt interne Schulungen, das Programm «Trainees train Trainees» und Schulungen, die von Luzern Hotels organisiert werden. Zudem übernehmen sie Projekte, wie etwa die Organisation von Veranstaltungen zur Nachwuchsförderung. Sie nehmen an verschiedenen Anlässen teil, wie dem NextGen Camp von HotellerieSuisse, oder arbeiten beim Greenfield Openair mit. Die Teilnahme von Lernenden oder jungen Mitarbeitenden an den Swiss Skills kann ich ebenfalls wärmstens empfehlen.
Für viele junge Mitarbeitende ist die Möglichkeit zur Weiterentwicklung ein wesentlicher Faktor, um langfristig in der Branche zu bleiben. Viele Weiterbildungen werden durch den L-GAV subventioniert und bieten sowohl den Mitarbeitenden als auch den Arbeitgebern wertvolle Qualifikationschancen. Dennoch wird dieses Angebot nicht ausreichend genutzt.
Welcome-Back-Ticket
Auch nach dem Austritt sollten die Kontakte zu ehemaligen Lernenden oder Mitarbeitenden gepflegt werden, beispielsweise durch einen Alumni-Club, um die Bindung zu erhalten. Im Hotel Continental Park stellen wir «Welcome Back»-Tickets aus, um Mitarbeitende, die wir gerne wieder im Team hätten, zurückzugewinnen.
Es ist entscheidend, den Fokus auf die Menschen zu legen, denn glückliche Mitarbeitende bedeuten auch zufriedene Gäste.
Fazit
Die Hotellerie muss sich den gesellschaftlichen Trends anpassen, um Fachkräfte langfristig zu binden. Unsere Branche hinkt in dieser Hinsicht oft hinterher. Eine Kombination aus authentischer Führung, modernen Rekrutierungsprozessen, nachhaltigen Weiterbildungsmöglichkeiten und der spürbaren Passion für den Beruf, die durch Vorbilder im Betrieb verkörpert wird, kann die nächste Generation langfristig begeistern. Dabei fehlt es den Ausbildungsverantwortlichen oder Abteilungsleitern oft an Zeit. Dieser Faktor muss in der Jobbeschreibung nicht nur erwähnt, sondern tatsächlich berücksichtigt werden. Kleine, wirkungsvolle Massnahmen und eine wertschätzende Unternehmenskultur machen den entscheidenden Unterschied. Der erste Schritt gegen den Fachkräftemangel ist die Ausbildung, mit dem Ziel, die Talente langfristig im Unternehmen oder in der Branche zu halten. Es wird viel über die Generation Z gesprochen, aber
die Generation Alpha bewirbt sich bereits für Lehrstellen ab Sommer 2025.
Juliane Oehler, VDH-Mitglied, Lehrgang 47
Park Hotel Winterthur, Chef de Réception, Stv. Direktorin
Der Hotel- und Gastgewerbesektor steht vor der Herausforderung, die nächste Generation von Mitarbeitenden, die Next Gen, langfristig in der Branche zu halten. Ihre Erwartungen an Flexibilität, Förderung und Work-Life-Balance erfordern einen Wandel der Unternehmenskultur. Entscheidend sind dabei die Führungs-, die Rekrutierungs- und die Weiterbildungskultur.
Partizipatives Arbeiten fördern
Bei uns im Park Hotel Winterthur haben wir eine sehr flache Hierarchie. Dies begünstigt, dass wir Veränderungen schnell umsetzen können und unsere Mitarbeitenden stärker in Entscheidungen einbinden können. Als beispielsweise im Jahr 2020 die Corona-Situation aufkam, haben wir innerhalb weniger Tage den Betrieb so umgestellt, dass unsere Lernenden ihn «übernehmen» konnten. Sie haben unsere Strukturen völlig auf den Kopf gestellt und entschieden, ihre Dienste in Tätigkeitsfelder der Zeit nach aufzuteilen, anstelle von Abteilungen. Der Frühdienst hat zuerst das Frühstück gemacht, dann Gäste an der Rezeption ausgecheckt und später Zimmer gereinigt. Wir haben daraus Themen aufgenommen, welche wir heute noch so umsetzen. Mein Team wirkt aktiv an Prozessänderungen mit. Diese Form der Führung schafft Vertrauen, stärkt die Motivation und fördert die Identifikation mit dem Unternehmen.
Flexible Arbeitsmodelle anbieten
Die Next Gen schätzt Flexibilität und individuell angepasste Arbeitsmodelle. Im Park Hotel Winterthur haben wir in der Küche die Vier-Tage-Woche eingeführt und verzichten im ganzen Haus weitgehend auf die klassische Zimmerstunde. Ausserdem bieten wir Teilzeitmodelle an. So können Mitarbeitende berufsbegleitend ihre Berufsmatur abschliessen, studieren oder andere Weiterbildungen verfolgen. Wir versuchen bestmöglich auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu fördern.
Wissen teilen und fördern
Abwechslung, stetiges Lernen und Weiterentwickeln sind meiner Meinung nach für die Next Gen zentral. In unserem Betrieb erarbeiten Mitarbeitende Schulungen für Mitarbeitende, was den Wissensaustausch und das Verständnis fördert. Ich versuche, so oft es geht, kleine Schulungen einzubauen und die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Aufgabe zu vermitteln. Zudem unterstützen wir die Teilnahme an externen Weiterbildungen. Dadurch bieten wir ein Umfeld, das persönliche und berufliche Weiterentwicklung unterstützt und die Motivation stärkt. Im Dienstplan werden Wünsche und Weiterbildungen frühzeitig berücksichtigt. Darüber hinaus dürfen in meinem Team die Mitarbeitenden abwechselnd den Dienstplan schreiben.
Fazit
Um die Next Gen zu halten, muss der Job des Hotelmanagers neu gestaltet werden. Partizipative Führung, flexible Arbeitsmodelle und eine gelebte Weiterbildungskultur sind in meinen Augen die Schlüssel, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden und die Zukunft der Hotellerie erfolgreich zu gestalten.
Stephanie Ambros, VDH-Mitglied, Lehrgang 47
25hours Hotel Zürich West, Operations Manager
Als Operations Manager des 25hours Hotels Zürich West erlebe ich täglich Herausforderungen und Chancen, die den heutigen Arbeitsmarkt prägen. Dabei wird eines immer klarer: Es ist an der Zeit, dass wir uns in der Hotellerie weiterentwickeln.
Die Anforderungen des Arbeitsmarktes haben sich verändert. Das gilt auch für die Erwartungen unserer Talente – vor allem der Generation Z. Wenn wir diese Mitarbeitenden langfristig binden und begeistern wollen, sollten wir neue Wege gehen und frische Impulse setzen, denn die Generation Z bringt einen neuen Geist in unsere Branche. Die jungen Menschen sind digital versiert und fordern Flexibilität, Sinnhaftigkeit und ein Arbeitsumfeld, das Raum für persönliche Entwicklung bietet.
Verantwortung und Freiraum
Für mich bedeutet das, den Mitarbeitenden echte Perspektiven zu bieten, sie zu fördern und wertzuschätzen, ihnen Verantwortung und Freiraum zu geben, aber auch eine klare Orientierung zu bieten. Starre Hierarchien sind fehl am Platz, denn dadurch geht das Vertrauen verloren, das die jungen Menschen spüren möchten. Sie suchen nach einem kooperativen Führungsstil, der sie nicht nur einbezieht, sondern ihnen Raum gibt, um ihre eigenen Ideen zu verwirklichen.
Ebenfalls sollten wir uns fragen, welche strukturellen Veränderungen nötig sind, um diese neuen Wege zu beschreiten. Junge Menschen sind heute nicht mehr bereit, ihre persönlichen Interessen und ihr Privatleben zugunsten der Karriere zu opfern. Die Einführung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, wie der Vier-Tage-Woche, bieten Benefits, die überzeugen. Diese sind aber nur ein Anfang. Unsere Unternehmenskultur sollte geprägt sein von einer offenen Kommunikation und einer Feedback- und Fehlerkultur, die neue Ideen und Innovation fördert.
Arbeitsumfeld ein Schlüsselelement
Ein weiteres Schlüsselelement ist es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das ethisch und ökologisch nachhaltig agiert. Nachhaltigkeit verleiht unserem Handeln eine tiefere Sinnhaftigkeit, da sie nicht nur ökologische Verantwortung zeigt, sondern auch einen positiven Beitrag für die Gesell-schaft leistet. Dies umfasst sowohl kleine-re Massnahmen wie die Vermeidung von Einwegplastik als auch die Umweltzertifizierung des Betriebes, womit dieser umfassende Kriterien für Umweltschutz und Nachhaltigkeit erfüllt.
Fazit
Die Rekrutierung und Führung der Generation Z erfordert somit mehr Flexibilität, Offenheit und ein echtes Verständnis für ihre Werte. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese Herausforderungen als Chance sehen sollten – sowohl für uns als Führungskräfte als auch für die Hotellerie insgesamt. So gelingt es, die Talente von Morgen zu erreichen und unsere wunderbare Branche für sie attraktiv zu gestalten.