Fairtrade-Wein: nicht nur fair, sondern auch eine Win-win-Situation

In meinen Adern fliesst mütterlicherseits südafrikanisches Blut. Als Kind verbrachte ich deswegen die Ferien oft am südafrikanischen Meer. Auf der Atlantik-Seite fror ich jeweils bis auf die Knochen. Auf der Seite des indischen Ozeans fürchtete ich, dass sich ein Hai um meine Knochen kümmern würde. Es gibt aber auch schöne Erinnerungen. Besonders ab meinem 18. Lebensjahr …



Südafrika ist eines der bekanntesten Weinbauländer der südlichen Hemisphäre. Mit einer über 300-jährigen Weinbaugeschichte wird es häufig als die Brücke zwischen der neuen und der alten Weinwelt beschrieben. Holländische Siedler pflanzten in den 1650er-Jahren die ersten Reben. Die Weinproduktion nahm aber erst mit der Ankunft der weinerfahrenen französischen Hugenotten in den 1680er-Jahren Fahrt auf. 

Obwohl das Land also auf eine lange Weinbautradition zurückblickt, ist südafrikanischer Wein erst seit den 1980er-Jahren international bekannt. Das Land fiel mit dem Beginn der Apartheid-Ära 1948 weltweit in Ungnade und es wurde wegen der daraus resultierenden Handelssanktionen weitgehend isoliert. 

Südafrika-Wein beim Friedensnobelpreis für Mandela
1993 wurde in Oslo bei der Zeremonie des Friedens­nobelpreises für Nelson Mandela südafrikanischer Wein serviert. Das hat sicherlich sehr geholfen. Die Südafrikaner nennen sich Rainbow Nation, die Regenbogen-Nation. Südafrikas Landschaft ist ebenso vielfältig und mannigfaltig wie seine Bewohner. 

Die Erfolgsgeschichte der Weinwirtschaft Südafrikas ist unter anderem durch die vielfältige Anbieterstruktur geprägt. Neben etablierten grossen Marken, die sich in nationalen Weinregalen bewähren, findet man ein vielfältiges Angebot an individuellen Weinstilen aus zahlreichen kleineren Weingütern. 

Seit dem Ende der Apartheid wurden grosse Anstrengungen unternommen, die bisher benachteiligten Be­völkerungsschichten stärker an Grundbesitz und Fachwissen zu beteiligen. Ferner werden für den fairen Handel Mindestpreise festgesetzt, die in Absprache mit den Produzentenorganisationen zu bezahlen sind, unabhängig von Preisschwankungen. Sie decken so­­wohl die Produktionskosten, die unter menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen entstehen, als auch die alltäglichen Lebenshaltungskosten. 

Schon 1958 wurde im südafrikanischen Citrusdal die Winzerkooperative Groue Vallei gegründet. Seitdem setzen sich rund 115 Mitgliedsbetriebe für die Ver­besserung der Lebensbedingungen der Arbeiter ein. Wohnungen, Elektrizität und Kindertagesstätten werden zur Verfügung gestellt. Die Angestellten bekommen feste Löhne, haben geregelte Arbeitszeiten, An­­spruch auf Urlaub und sind grösstenteils gewerkschaftlich or­­ganisiert. Dinge, die uns selbstverständlich erscheinen. 

Innovation, Differenzierung, Mut 
Der Weinmarkt ist gesättigt und stagniert. Wein ist ein differenzierungs- und innovationsarmes Gut. ­Sei­­ne Merkmale: Preis, Qualität, Prestige, Modetrends und Etikettendesign. In einem solchen Marktumfeld werden Marktanteile nur durch Innovation, Differenzierung und Mut gewonnen. Zudem ist mancher Weinkäufer durch das breite Angebot an eigenschafts­ähnlichen Weinen überfordert – und auch übersättigt. 

Fairtrade-Wein – ein Statement
Die Kaufentscheidung fällt aufgrund von Differenzierungsmerkmalen. Restaurants und Weinhandlungen müssen sich also von den Mitbewerbern abheben. Es bietet sich deshalb an, die Geschichte und den Hintergrund eines Weines als Differenzierungsmerkmal zu nutzen. Besonders heute, wo der Diskurs zu nachhaltiger Entwicklung zugenommen hat und verschiedene gesellschaftliche Organisationen von Unternehmen fordern, mehr Verantwortung für ihre soziale Umwelt zu übernehmen. Eine der Folgen dieser Entwicklung ist die Herausbildung von Konzepten zur Corporate Social Responsibility CSR. Zudem werden diese CSR-Forderungen durch Banken und Investmentgesellschaften vorangetrieben, die der wachsenden Nachfrage nach ethischen Investments und nach nachhaltigen Fonds nachkommen wollen. 

Fairtrade-Kaffee, Fairtrade-Schokolade, Fairtrade-Bananen … all diese Produkte sind sehr präsent. ­Fairtrade-Wein allerdings noch nicht. Das muss sich ändern – sei es auch nur aus dem Grund, dass Kun-den, die einfach nicht wissen, was ihnen schmeckt, durch den Konsum von Fairtrade-Wein zumindest ihr Gewissen beruhigen können und so einen gewissen Seelenfrieden erfahren. Eine Win-win-Situation auf der ganzen Linie.

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